Von der Renaissanceresidenz zum Luxus-Mietshaus: Das Palais Platýz

Das Palais Platýz

Wenn man auf der Prager Straße Národní vom Jungmann-Platz in Richtung des Nationaltheaters geht, kann man nach ein paar Schritten auf der rechten Seite durch das Haus Nr. 37 den Hof des Palais Platýz erreichen.

Das tschechische Wort „platýs“, wie das Palais heißt, bedeutet „Scholle“. Das Gebäude hat jedoch nichts mit Fischen zu tun, sondern wurde nach einem der Besitzer, Johann Plateis von Plattenstein, benannt. Dieser habe die Residenz im Renaissancestil umbauen lassen, merkt Architekt Petr Kučera an. Er leitet das Nationaldenkmal Vyšehrad und interessiert sich für die Geschichte der Prager Paläste. Am meisten habe die Fassade dieses Palais seine Aufmerksamkeit gefesselt, sagt Kučera gegenüber Radio Prag International:

Petr Kučera | Foto: Michal Böhm

„Sie ist großartig und entspricht der Palastarchitektur. Auch wenn es derzeit ein Mietshaus ist, symbolisiert die prächtige Fassade die Ambition der Bürger im 19. Jahrhundert, mit dem Adel Schritt zu halten. Ich halte das Erdgeschoss für besonders schön, an dem es Arkaden gibt. Das Hauptportal hat dorische Säulen.“

Früher hatte das Palais nur einen Eingang vom Kohlemarkt (Uhelný trh), erst später kam ein zweiter von der Nationalstraße (Národní třída) hinzu. Wenn man das Gebäude von der Nationalstraße betritt und nach oben schaut, sieht man an der Fassade eine kleine Eule aus Eisen. Der Architekt:

Eule – Verkehrsschild | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

„Am Eingang sitzt auf einer eisernen Stange eine Eule, die früher teilweise beweglich war. Ursprünglich konnte sie ihren Kopf nach oben oder nach unten drehen. Kaum jemand weiß heute, dass es sich um eine Art Verkehrsschild handelte, vermutlich das erste in Prag überhaupt. Denn in dem Innenhof gab es auch Platz für Kutschen. Im dortigen Gasthaus wurden Gäste untergebracht. Die Kapazitäten des Palastes waren jedoch beschränkt. Wenn die Eule den Kopf nach oben hielt, bedeutete das, dass es im Areal noch Plätze für Kutschen gab. Wenn der Kopf der Eule nach unten zeigte, hieß das, dass es keinen freien Platz mehr gab. Inwieweit die Kapazitäten des Restaurants und der Garagen besetzt waren, auch dies zeigte die Eule.“

Konzession für Weinverkauf

Ein Palais stand an diesem Ort schon vor Hunderten von Jahren. Dieses ließ Fürst Friedrich von Burgund, der am Hof Karls IV. lebte, 1347 erbauen. 1586 kaufte Johann Plateis von Plattenstein die Residenz. Seinen Namen trägt das Palais bis heute. Petr Kučera dazu:

„Johann Plateis kaufte das Palais gemeinsam mit seiner Frau Dorothea. Er ließ das Gebäude im Renaissancestil umbauen. Neu gestaltet wurde damals vor allem die Fassade Richtung Kohlemarkt, wo ein Turm erbaut wurde. Es wurde zudem eine Arkaden-Loggia errichtet, die inzwischen eingemauert wurde, aber bis heute zu erkennen ist. Zudem ließ der Besitzer einen Garten gründen, der sich Richtung Altstadtbefestigung erstreckte. Das Palais wurde damit in eine Luxusresidenz umgewandelt. Der Sohn von Plateis, Johann Ernst Plateis von Plattenstein, der Bischof von Olomouc geworden ist, gewann für das Prager Palais die Lizenz, in dem Haus italienische, ungarische und andere ausländische Weine zu verkaufen und Gäste unterzubringen. Er gründete damit die Tradition der Gastfreundschaft, die das Palais bis heute bewahrt.“

Das Palais Platýz | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Man erzählte sich damals, dass Plateis die Konzession vom Kaiser als eine Entschädigung erhielt. Als 1611 die Truppen des Passauer Bischofs Leopold nach Prag einmarschierten, wurde das Palais nämlich geplündert.

Eine weitere interessante Persönlichkeit unter den früheren Platýz-Besitzern war Johann Leopold Graf Paar. 1715 heiratete er Maria Theresia Sternberg.

„Graf Paar stammte aus einer berühmten Adelsfamilie, die große Verdienste um das Postwesen in Österreich hatte. Zu seinen Lebzeiten spielten sich im Palais verschiedene Kulturveranstaltungen ab – Konzerte, Bälle und Treffen. In der Residenz befand sich damals natürlich auch ein Postamt. Und nicht zuletzt war auch eine Fechtschule in dem Gebäude untergebracht. Unter Graf Paar wurde das Palais Platýz zu einem Gesellschaftszentrum.“

Dank Armeeversorgung reich geworden: Wimmer und Daubek

1797 kaufte Jakub Wimmer das Palais. Er war Großgrundbesitzer, der durch die Versorgung der Armee sagenhaft reich geworden war.

Das Palais Platýz | Foto: Elena Horálková,  Radio Prague International

„Er lieferte Ziegel für den Bau der Militärfestung Terezín. Wimmer galt in Prag als ein großer Philanthrop und Mäzen und war sehr beliebt. Auf seine Kosten ließ er beispielsweise die heutige Nationalstraße in eine Stadtpromenade mit Alleen umwandeln. Das war die erste Promenade in Prag. Wimmer ließ zudem einen herrlichen Springbrunnen im Empire-Stil errichten. Den Springbrunnen schuf ein in Prag damals sehr beliebter Bildhauer, František Xaver Lederer. Der Brunnen steht auf dem Kohlemarkt.“

Auch ein weiterer Besitzer von Platýz ist dank der Versorgung der Armee zu Reichtum gelangt. František Ritter Daubek lieferte der Armee jedoch keine Ziegel, sondern Stoffe. Architekt Kučera:

Das Palais Platýz | Foto: Elena Horálková,  Radio Prague International

„Unter Daubek wurde das Palais nach dem Entwurf von Jindřich Hausknecht im klassizistischen Stil umgebaut. Der Umbau wurde 1847 beendet. Hausknecht schloss einige Gebäude in einen vierflügeligen Komplex zusammen. Die Hauptfassade orientierte er auf die Nationalstraße. Auf diese Weise entstand eines der ersten Mietshäuser in Prag. Es war jedoch ein Luxushaus, das nicht für die Mittelschicht bestimmt war.“

Derzeit befindet sich in dem Palais das Café Platýz, das der Architekt Jan Vlček gestaltete. Im Atrium des Gebäudekomplexes wurde 2012 die Galerie Platýz eröffnet.

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