Wahlen in Tschechien: Große Parteien ODS und ČSSD wurden abgestraft
Die Tschechische Republik hat gewählt. Etwas mehr als 62 Prozent der Wahlberechtigten haben am vergangenen Freitag und Samstag ihre Stimme abgegeben, um über die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses zu entscheiden. Herausgekommen ist ein Wahlergebnis, das den Sieger zum Verlierer und die Dritt- und Fünftplazierten zu Gewinnern werden ließ.
Die Zahlen verdeutlichen das: Die bei der Wahl siegreichen Sozialdemokraten erhielten nur 22,1 Prozent und die zweitplazierten Bürgerdemokraten (ODS) 20,2 Prozent, TOP 09 und Öffentliche Angelegenheiten aber auf Anhieb 16,7 bzw. 10,9 Prozent der Stimmen. Zwischen ihnen reihten sich die Kommunisten (KSČM) mit 11,3 Prozent ein.
Nach diesem Ergebnis sprach Präsident Václav Klaus von einem politischen Erdbeben, das sich da vollzogen habe. Die beiden großen Parteien wurden dabei vom Wähler abgestraft. Zu den Gründen sagte Politologe Jacques Rupnik:
„Die Menschen hatten die ständigen Auseinandersetzungen der beiden großen Parteien schon satt. Politische Inhalte kamen da zu kurz. Die bisherigen Parteivorsitzenden von ODS und ČSSD galten als Symbol für den konfrontativen Stil, der aber nicht mehr erwünscht war.“
Ex-ODS-Chef Mirek Topolánek musste für mehrere verbale Verfehlungen bereits vor zwei Monaten seinen Hut nehmen. Jetzt zog auch der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Jiří Paroubek, aus dem Wahlergebnis die Konsequenzen und trat zurück. Aber nicht nur er. Auch die Chefs der Christdemokraten (KDU-ČSL) und der Grünen (SZ), Cyril Svoboda und Ondřej Liška, gaben ihren Posten auf. Deren Parteien sind an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Wähler sorgten in der Tat für einen klaren Schnitt. Neben den genannten Parteichefs wurden auch einige Spitzenpolitiker aus ihrem regionalen Umfeld hinweggefegt. Dem Prager Oberbürgermeister Pavel Bém, der als Prager ODS-Chef ebenfalls zurücktrat, bleibt wenigstens noch das Mandat im Parlament. Sein ODS-Parteikollege Ivan Langer, der einst Innenminister war, schaffte es dagegen nicht ins Abgeordnetenhaus. Die Wähler machten reichlich von der Möglichkeit Gebrauch, bei den Listenplätzen neue Präferenzen zu schaffen. Das Paradebeispiel ist ein ODS-Kandidat in Prag, der dadurch vom letzten Listenplatz auf die Spitzenposition gehievt wurde.