Wahlen in Tschechien: Große Parteien ODS und ČSSD wurden abgestraft

Václav Klaus und Petr Nečas (Foto: ČTK)

Die Tschechische Republik hat gewählt. Etwas mehr als 62 Prozent der Wahlberechtigten haben am vergangenen Freitag und Samstag ihre Stimme abgegeben, um über die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses zu entscheiden. Herausgekommen ist ein Wahlergebnis, das den Sieger zum Verlierer und die Dritt- und Fünftplazierten zu Gewinnern werden ließ.

Karel Schwarzenberg,  Petr Gazdík und Miroslav Kalousek  (alle von TOP 09). Foto: ČTK
Nach der Schließung der Wahllokale am Samstag um 14 Uhr gab es bei den hohen Favoriten, den Sozialdemokraten (ČSSD) nur lange Gesichter. Anstatt des erwarteten klaren Wahlsieges mit rund 30 Prozent der Stimmen, verhieß die Prognose nur einen knappen Ausgang – mit hohen Verlusten für die beiden großen Parteien ČSSD und ODS sowie mit aus dem Stand zweistelligen Werten für zwei Neueinsteiger in der politischen Szene des Landes: der neuen konservativen Partei TOP 09 und der zweiten Parteineugründung VV (Öffentliche Angelegenheiten). Das spätere Wahlergebnis bestätigte in etwa die Prognose. Dazu sagte der französische Politologe tschechischer Herkunft, Jacques Rupnik:

Václav Klaus und Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„In gewisser Weise hat mich die Schwächung der beiden großen Parteien überrascht. Nicht minder überrascht hat mich der Einstieg der neuen Parteien TOP 09 und Öffentliche Angelegenheiten. Ihnen wehte zwar der Wind in den Segeln, aber letztlich war es für sie ein über die Maßen unerwarteter Erfolg.“

Die Zahlen verdeutlichen das: Die bei der Wahl siegreichen Sozialdemokraten erhielten nur 22,1 Prozent und die zweitplazierten Bürgerdemokraten (ODS) 20,2 Prozent, TOP 09 und Öffentliche Angelegenheiten aber auf Anhieb 16,7 bzw. 10,9 Prozent der Stimmen. Zwischen ihnen reihten sich die Kommunisten (KSČM) mit 11,3 Prozent ein.

Nach diesem Ergebnis sprach Präsident Václav Klaus von einem politischen Erdbeben, das sich da vollzogen habe. Die beiden großen Parteien wurden dabei vom Wähler abgestraft. Zu den Gründen sagte Politologe Jacques Rupnik:

„Die Menschen hatten die ständigen Auseinandersetzungen der beiden großen Parteien schon satt. Politische Inhalte kamen da zu kurz. Die bisherigen Parteivorsitzenden von ODS und ČSSD galten als Symbol für den konfrontativen Stil, der aber nicht mehr erwünscht war.“

Cyril Svoboda  (Foto: ČTK)
Ex-ODS-Chef Mirek Topolánek musste für mehrere verbale Verfehlungen bereits vor zwei Monaten seinen Hut nehmen. Jetzt zog auch der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Jiří Paroubek, aus dem Wahlergebnis die Konsequenzen und trat zurück. Aber nicht nur er. Auch die Chefs der Christdemokraten (KDU-ČSL) und der Grünen (SZ), Cyril Svoboda und Ondřej Liška, gaben ihren Posten auf. Deren Parteien sind an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

Ondřej Liška  (Foto: ČTK)
Die Wähler sorgten in der Tat für einen klaren Schnitt. Neben den genannten Parteichefs wurden auch einige Spitzenpolitiker aus ihrem regionalen Umfeld hinweggefegt. Dem Prager Oberbürgermeister Pavel Bém, der als Prager ODS-Chef ebenfalls zurücktrat, bleibt wenigstens noch das Mandat im Parlament. Sein ODS-Parteikollege Ivan Langer, der einst Innenminister war, schaffte es dagegen nicht ins Abgeordnetenhaus. Die Wähler machten reichlich von der Möglichkeit Gebrauch, bei den Listenplätzen neue Präferenzen zu schaffen. Das Paradebeispiel ist ein ODS-Kandidat in Prag, der dadurch vom letzten Listenplatz auf die Spitzenposition gehievt wurde.