Wohnungsaffäre: Unerlaubter Weitschuss des Regierungschefs?
Der tschechische Premierminister Stanislav Gross steht zurzeit im Dauerfeuer der Kritik. Nicht nur, dass die Sozialdemokratische Partei, deren geschäftsführender Vorsitzender er ist, zuletzt relativ erfolglos war und von der Opposition von links und rechts in die Zange genommen wird - jetzt ist der Regierungschef auch noch einem schwerwiegenden Skandalverdacht ausgesetzt. Nämlich: Die Finanzierung seiner Luxuswohnung in Prag-Barrandov ist ungeklärt, die Opposition und auch manche Medien wittern den Geruch von Korruption. Radio Prag hat bereits gestern über die Anschuldigungen berichtet. Die neuen Entwicklungen fasst Gerald Schubert zusammen:
"Ich lasse diese Sicherheitsüberprüfung durchführen, und wenn ich dieses Versprechen nicht halte, dann trete ich zurück! Einige Zeit wird das sicher in Anspruch nehmen, aber bis zum Parteitag werde ich das wohl schaffen."
Der Parteitag, damit meint Gross den der Sozialdemokratischen Partei, der geht Ende März über die Bühne. Was Gross bis dahin schaffen will ist lediglich das offizielle Ansuchen um eine solche Überprüfung - wohl auch, um angesichts der Abstimmung über das Amt des Parteichefs in dieser Causa eine Aktivität seinerseits vorweisen zu können. Ein Ergebnis wird es aber bis dahin nicht geben.
Die so genannten Sicherheitsüberprüfungen dienen eigentlich dazu, den Zugang zu geheimen Dokumenten zu regeln, etwa im diplomatischen Dienst. Dass Gross diesen Mechanismus nun zur Rechtfertigung seiner Vermögensverhältnisse heranziehen will, stößt naturgemäß auf harsche Kritik der Opposition. Mirek Topolánek, Chef der Demokratischen Bürgerpartei (ODS):"Jeder, der über diese Sache etwas weiß, der weiß auch: Eine Sicherheitsüberprüfung für den Zugang zu streng geheimen Dokumenten dauert mindestens ein Jahr. Und für andere Geheimhaltungsstufen, wie etwa die Kategorie 'vertraulich', werden offen zugängliche Verzeichnisse herangezogen. Diese können keinesfalls die Herkunft von Vermögen aufklären. Das heißt, die ganze Sache ist nichts anderes als ein Schauspiel für die Zuseher."
Und Topoláneks Stellvertreter Petr Necas hakt nach mit einem Vergleich aus der Welt des Sports. Die Initiative von Gross erinnere ihn an einen unerlaubten Weitschuss im Eishockey:
"Das ist der Versuch, den Puck über alle Linien nach vorne zu schließen. Aber wenn so etwas beim Eishockey passiert, dann pfeift der Schiedsrichter ab, und der Puck wandert zurück. Also hoffen wir, dass das im Falle der so genannten Sicherheitsüberprüfung von Herrn Gross genauso ist."
Um noch kurz beim Eishockeyvergleich zu bleiben: Wann es im innenpolitischen Match eine Spielpause geben wird, das ist derzeit unklar. Vor dem Parteitag im März aber wohl kaum. Und kurz danach dürfte dann schon das Schlussdrittel beginnen. Denn spätestens 2006 stehen Parlamentswahlen vor der Tür.