"Unsere Sozialsysteme - solidarisch? Subsidiär?" So lautete das Motto der XV. Marienbader Gespräche, die am vergangenen Wochenende im Prämostratenserstift Teplá (Tepl) in Westböhmen veranstaltet wurden. Diese traditionelle tschechisch-deutsche Konferenz wird alljährlich von der Tschechischen christlichen Akademie und der deutschen Ackermann-Gemeinde organisiert. An die 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus beiden Ländern, darunter Sozialwissenschaftler, Theologen und Pädagogen befassten sich mit den ethischen Fundamenten sozialer Sicherung und den verschiedenen Aspekten des tschechischen und deutschen Sozialsystems. In drei Arbeitskreisen versuchten sie die Frage zu beantworten, in wie weit die Sozialsysteme der christlichen Sozialethik entsprechen. Einen der Arbeitskreise leitete Herwig Steinitz. Nach der Diskussion im Arbeitskreis fragte ich ihn nach den Handlungsmöglichkeiten der Christen im Sozialbereich:
"Zunächst einmal gibt es die Möglichkeit für jeden einzelnen Christen, für jede einzelne Christin in ihrer Lebenssituation, in ihrer Familie, Nachbarschaft, Beruf, Freundeskreis entsprechend dem christlichen Glauben auch ethisch verantwortlich zu handeln. Das ist die individuelle Seite, man darf sich damit aber nicht zufrieden geben. Es hat keinen Sinn angesichts der gesellschaftlichen Schwierigkeiten soziale Gerechtigkeit zu gestalten, nur auf den einzelnen zu appellieren. Die Christen haben gemeinsam eine Verantwortung, sodass eine Pfarrei, eine Pfarrgemeinde, eine christliche Gruppe, ein Familienkreis auch Möglichkeiten hat, gemeinsam etwas zu tun. Und die Kirchen hatten auch Organisationen geschaffen, um im Bereich soziale Dienste tätig zu werden. Da kann dann professionell gearbeitet werden, weil bestimmte Probleme der sozialen Sicherung, der sozialen Gerechtigkeit eben heute auch viel Sachverstand erfordern. Da geht es nicht nur um die persönliche Motivation, sondern es geht auch um fachliche Qualifikation - hier muss man mit Profis zusammenarbeiten. Und das können Organisationen natürlich besser. Ich denke, die Kirche hat da gute Möglichkeiten, über Akademien, über Caritasverband, über Einrichtungen, Kindergärten auch in der Gesellschaft zu zeigen, wie christliche Verantwortung konkret werden kann."
Herwig Steinitz (Foto: Martina Schneibergova)
Im Arbeitskreis wurden bestimmte Differenzen zwischen den tschechischen und deutschen Erfahrungen mit dem Engagement im Sozialbereich deutlich. Herwig Steinitz dazu: