Zu viele Schadstoffe für die künstliche Lunge – Messreihe zur Luftverschmutzung in Tschechien
Mediziner von der Akademie der Wissenschaften messen derzeit die Luftverschmutzung in tschechischen Städten. Dazu nutzen sie ein Gerät, das die Folgen für die menschliche Lunge modelliert.
Ein Fahrzeug hinter dem anderen: Durch die autobahnähnliche Straße V Holešovičkách in Prag fahren täglich über 90.000 Autos. Wer sich hier aufhält, dessen Lungen schlucken so viel Feinstaub, dass sogar das neueste Messgerät tschechischer Wissenschaftler seinen Dienst aufgibt.
„Die Lungenzellen in dem Gerät haben dies nicht überlebt. Sie wurden in einem Ausmaß geschädigt, dass einige Analysen nur schwer durchzuführen waren. Die Luftverschmutzung war so enorm, dass die Zellen dies nicht bewältigen konnten“, sagt Pavel Rössner vom Institut für experimentelle Medizin an der tschechischen Akademie der Wissenschaften.
Dies ist eines der Zwischenergebnisse der Testreihe zur Luftverschmutzung in tschechischen Städten. Das Projekt läuft noch einige Wochen, die Ergebnisse sollen im Frühling kommenden Jahres veröffentlicht werden.
Für die Messzwecke haben die Technische Universität in Liberec / Reichenberg und die Technische Hochschule in Prag einen mobilen Inkubator zur Messung der Lungentoxizität entwickelt. In dem Gerät sind in einer Kultivierungskammer menschliche Lungenzellen untergebracht.
„Zwar ist der Inkubator nicht so leicht, dass ihn ein einzelner tragen kann, aber er lässt sich problemlos im Pkw irgendwohin transportieren“, so Rössner.
Das Gerät ist ungefähr so groß wie die Minibar in einem Hotelzimmer. Die Biologin Zuzana Nováková erläutert den Aufbau des Inkubators. Dafür öffnet sie die Tür, und dann sind die Messvorrichtung, die Schläuche und ein Luftbefeuchter zu sehen:
„Die Dose mit den Lungenzellen kommt in die Mitte und wird an einen Schlauch angeschlossen, über den die Außenluft hineinströmt. Diese Luft wird auf ihrem Weg befeuchtet, damit die Zellen ideale Bedingungen haben.“
Von der anderen Seite der Dose führt ein Schlauch zu den Messgeräten. Im Inneren des Inkubators ist es konstant 37 Grad warm, entsprechend der normalen Körpertemperatur eines Menschen. Deswegen ist der Inkubator auch abgedichtet. Insgesamt sieben Messgeräte sind angeschlossen, jedes für einen der Schadstoffe, auf die sich die Grenzwerte für die Luftverschmutzung beziehen. Also zum Beispiel Kohlenstoffmonoxid, Stickstoffmonoxid, Stickstoffdioxid oder Schwefeldioxid.
Um die Wirkung auf den Menschen zu verstehen, werden echte menschliche Lungenzellen genutzt. Pavel Rössner:
„Sie stammen aus einer Zellkultur, die wir gekauft haben. Es handelt sich um rekonstituierte menschliche Lungenzellen von zum Beispiel kranken oder gesunden Menschen unterschiedlichen Alters beider Geschlechter, darunter sowohl Raucher als auch Nichtraucher. Auf diese Weise können wir für jede Bevölkerungsgruppe, die untersucht werden soll, die Bedingungen modellieren.“
Bevor die Zellen in den Inkubator kommen, müssen sie noch hergerichtet werden. Zunächst träufelt Rössner ein Nährmedium in eine Petrischale. Dann legt er einen kleinen Trichter in die Schale, auf dessen Boden sich die Lungenzellen befinden. Der Wissenschaftler schaut sich dies im Mikroskop an…
„An sich ist es eine dünne Schicht mit etwa einer Million Zellen. Das klingt vielleicht viel, aber dies reicht gerade so für unsere Tests.“
Außer in Prag wurden auch schon die Luftwerte in der Gemeinde Kvasiny / Kwasin in Ostböhmen, wo der Autohersteller Škoda eine Fabrik betreibt, sowie in Košetice / Koschetitz auf der Böhmisch-Mährischen Höhe gemessen. Geplant ist noch die Bestandsaufnahme in der mährisch-schlesischen Industriemetropole Ostrava / Ostrau.