Wundermedikament gegen Alzheimer und Adipositas? Tschechische Wissenschaftler forschen zu neuem Wirkstoff

Alzheimer und gesundheitsgefährdendes Übergewicht mit nur einer Injektionsspritze bekämpfen – das verspricht ein neues Medikament, an dem tschechische Wissenschaftler gerade forschen.

Es scheint ein echtes Wundermittel zu sein, das die Wissenschaftler des Instituts für Organische Chemie und Biochemie der tschechischen Akademie der Wissenschaften da gerade entdeckt haben. Denn helfen soll das neue Medikament gegen Adipositas und Alzheimererkrankungen – und das mit nur einem einzigen Wirkstoff. Getestet wird dieser derzeit an Mäusen im Labor.

Lenka Maletínská | Foto: Institut für Organische Chemie und Biochemie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften

„Die Maus links hat einen normalen Fettwert, das ist die Kontrollmaus. Daneben haben wir ein übergewichtiges Exemplar. Sie ist kurz geraten, da sie weniger Wachstumshormone hat. Darum ist sie ein kleines Knäul und voll von Fett“, erläutert Lenka Maletínská, die Leiterin der Forschungsgruppe, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Und der Biochemiker Vilém Charvát ergänzt:

„Wir haben jenen Stoff ausgewählt, der in unseren Tests am erfolgreichsten war. Über einen Zeitraum von drei Wochen und mehr wurde das Mittel dann den Versuchsmäusen per Injektion verabreicht.“

Foto: Institut für Organische Chemie und Biochemie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften

Die Mäuse nahmen in der Folge deutlich weniger Nahrung zu sich und brachten auch weniger auf die Waage. Bei der anschließenden Obduktion seien die Wissenschaftler dann zu dem Schluss gekommen, dass der Wirkstoff zudem das Gehirn der Tiere positiv beeinflusst habe, so Charvát:

„Ich habe das unter dem Mikroskop erkannt. Auf diesen Bildern sehen wir den Hippocampus. Das ist jener Bereich des Gehirns, der für die Erinnerung und das Lernen verantwortlich ist. Hat jemand Alzheimer, ist dies eine der ersten Regionen, die von der Krankheit betroffen ist. Wir haben festgestellt, dass die Mäuse nach der Spritze mit dem Wirkstoff mehr neue Neuronen gebildet haben. Deshalb könnte der Wirkstoff bei der Behandlung entsprechender Hirnerkrankungen helfen.“

Vilém Charvát | Foto: Institut für Organische Chemie und Biochemie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften

Dass es zwischen Fettleibigkeit und Demenz einen Zusammenhang gibt, mag Laien auf den ersten Blick überraschen. Experten wissen aber schon lange von einer Verbindung. Denn die Wissenschaft konnte bereits feststellen, dass Insulin nicht nur für die Regulierung des Glukosewerts im Blut verantwortlich ist, sondern auch für ein funktionierendes Gedächtnis.

Mit dem neuen Wirkstoff gibt es aber ein entscheidendes Problem. Denn wie die Wissenschaftlerin Andrea Pačesová schildert, ist die genaue Wirkungsweise des Medikaments bisher unbekannt:

„Solange wir darüber nicht mehr wissen, gibt es keine Perspektive, mit dem Stoff Menschen zu behandeln. Denn dabei könnte es zu sehr vielen unvorhergesehenen Nebenwirkungen kommen.“

Andrea Pačesová | Foto: Institut für Organische Chemie und Biochemie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften

Bis die vermeintliche Wunderwaffe gegen Übergewicht und Alzheimer also an Menschen ausprobiert werden kann, wird es wohl noch lange dauern. Laut Lenka Maletínská wählen Wissenschaftler deshalb einen anderen Weg. So gebe es bereits erste Tests mit schon zugelassenen Medikamenten gegen Übergewicht an Menschen mit Alzheimererkrankung…

„Solche Studien müssen langfristig angelegt sein, denn wir sprechen hier über ein Phänomen, das über Jahre hinweg behandelt werden muss. Es gibt aber bereits diese ersten Studien und Anzeichen dafür, dass die Medikamente eine Wirkung haben könnten. Meiner Meinung nach wäre das eine umwerfende Nachricht für alle zukünftigen Alzheimerpatienten, aber auch für die gegenwärtigen. Denn durch die Injektionsspritzen, die bisher nur für Fettleibige vorgesehen waren, könnte man nun auch ihre Krankheit heilen.“

Vilém Charvát,  Andrea Pačesová,  Lenka Maletínská | Foto: Tomáš Beloň,  Institut für Organische Chemie und Biochemie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften