Zurück zur Normalität? Prager Karlsuniversität startet ins Sommersemester

Gebäude der Philosophischen Fakultät

Nach dem Amoklauf vom 21. Dezember mit 14 Todesopfern beginnt an der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität am Montag das Sommersemester. Am Freitag hatten Studierende und Lehrende bereits die Möglichkeit, das Gebäude zu betreten.

„Ich hatte Glück und war in dem Moment gerade nicht in dem Haus“, sagt Alexander in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Er studiert Musikwissenschaft an der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität. Sein Institut sitzt im vierten Stock des historischen Gebäudes am Jan-Palach-Platz. Und gerade dort fielen am 21. Dezember vergangenen Jahres die Schüsse, durch die bei einem Amoklauf eines Studenten 14 Menschen getötet und 25 verletzt wurden.

„Der vierte Stock soll noch eine Zeit geschlossen bleiben. Für mich ist es aber wirklich so etwas wie mein Zuhause“, meint Alexander.

Geöffnet werden soll dieses Stockwerk frühestens zu Beginn des Wintersemesters. Derzeit finden dort Sanierungsarbeiten statt, die nach dem Amoklauf und dem damit einhergehenden Polizeieinsatz nötig wurden.

Der Rest des Gebäudes hat nun am Freitag wieder seine Türen geöffnet. Dabei wurde auch psychologische Hilfe angeboten. Am Montag beginnt dann an der Philosophischen Fakultät das neue Semester, und es soll damit wieder so etwas wie Normalität einkehren. Michaela Slussareff ist Prodekanin der Fakultät:

Michaela Slussareff | Foto: Anna Kubišta,  Radio Prague International

„Die Aktion am Freitag findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, niemand Externes hat Zugang. Während des Sommersemesters ist das Gebäude dann ganz normal geöffnet.“

Auch Adéla will am Freitag ihr Universitätsgebäude wieder besuchen. Sie studiert Kunstgeschichte. Wie blickt sie auf die vergangenen Wochen zurück?

„Wir mussten das Ganze verarbeiten, irgendwie mit unseren Emotionen umgehen. Das mündete dann im Monat für die Fakultät, der mit einem Gedenkumzug begonnen hatte.“

Der Monat für die Fakultät war im Januar von Studierenden und Lehrenden organisiert worden. Eine von zahlreichen Begegnungsmöglichkeiten wurde auch am 21. Januar geschaffen – einen Monat nach dem Amoklauf. Dabei fand eine erste teilweise Öffnung des Fakultätsgebäudes statt.

„Durch die Vorbereitung der Veranstaltungen für diesen Termin konnten wir den Kopf ein wenig freibekommen und das Trauern beiseiteschieben“, meint Alexander.

Können die Studierenden mit dem zeitlichen Abstand den tragischen Ereignissen auch irgendetwas Positives abgewinnen? Auf die Frage der Reporterin antwortet Adéla negativ:

„Nein, der Tat an sich nicht. Dem, was danach folgte, zum Teil schon. Es wurden die Barrieren zwischen den Fachgebieten eingerissen, die Kommunikation hat sich verbessert, man weiß jetzt besser, wie die Fakultät funktioniert, und wir kommen besser miteinander aus. Wenn es also etwas Positives gibt, dann das – dass wir die Ereignisse gemeinsam hinter uns bringen.“

Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz
Autoren: Ferdinand Hauser , Iveta Vávrová
schlüsselwort:
abspielen