Zwischen Analyse und privaten Attacken - Präsident Zeman spricht vor Abgeordneten

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Jeder neue tschechische Präsident stattet zum Beginn seiner Amtszeit den wichtigsten Institutionen des Staates seinen Besuch ab. Aus verschiedenen Gründen besuchte Miloš Zeman als Letztes die wichtigste gesetzgebende Kammer, das Abgeordnetenhaus. Am Dienstag hielt er dort eine Rede.

Miloš Zeman  (Foto: ČTK)
Last but not least – unter diesem Stichwort sprach Staatspräsident Miloš Zeman vor den Abgeordneten. Er versicherte den anwesenden Parlamentariern, dass sein später Auftritt keine Geringschätzung ihrer Tätigkeit sei. Im Mittelpunkt der 40-minütigen Rede stand eine Analyse der Probleme in Tschechien:

„Ich denke, dass die tschechische Gesellschaft derzeit mit drei vorrangigen Problemen zu kämpfen hat. Erstes Problem ist die Korruption und allgemein der Diebstahl am privaten und öffentlichen Eigentum. Das zweite Problem ist die wachsende Arbeitslosigkeit und das dritte das wachsende Misstrauen in die Institutionen des Staates, inklusive des Abgeordnetenhauses.“

Im Abgeordnetenhaus  (Foto: ČTK)
Präsident Zeman schlug auch konkrete Lösungen vor. So forderte er, eine Art allgemeine Eigentumserklärung einzuführen. Der schwachen Wirtschaft sei wiederum vor allem durch Investitionen in Bildung, Gesundheit und die Infrastruktur gedient. Und gegen die Politikmüdigkeit empfahl er, im Wahlrecht das Mehrheitsprinzip zu stärken und Elemente wie das Panaschieren einzuführen. In seinen Lösungsverschlägen verwies das Staatsoberhaupt auf Beispiele aus anderen Ländern, so auch aus der Schweiz, Deutschland und Österreich.

Für die Abgeordneten war das meiste indes nicht neu. Vieles hatte Zeman bereits in seiner Antrittsrede als Staatspräsident im März genannt oder bereits in seiner Zeit als Premierminister des Landes verfolgt. Erstmals sprach er aber auch die Außenpolitik an. Zeman sagte, er habe dazu mit den Vorsitzenden aller Fraktionen bereits fruchtbare Gespräche geführt. Danach griff er Außenminister Karel Schwarzenberg an, mit dem er sich derzeit um die Besetzung von Botschafterposten streitet:

Petr Gazdík  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die einzige Debatte, die sich als nicht konstruktiv erweist, ist die zwischen mir und dem Außenministerium. Es ist unsinnig, zwei oder drei Versionen der Außenpolitik zu haben. Es gibt nicht eine spezielle Außenpolitik des Staatspräsidenten, nicht eine der Regierung und schon gar nicht eine des Außenministers.“

Zu diesem Zeitpunkt verließen die Abgeordneten von Schwarzenbergs Partei Top 09 aus Protest den Saal. Petr Gazdík, Fraktionschef der Top 09:

„Ich kann die Argumente des Präsidenten zur Stärkung von Investitionen oder für Eigentumserklärungen verstehen. Kein Verständnis habe ich aber für die persönlichen Angriffe. Das ist eine Privatfehde, in die wir nicht hineingezogen werden wollen.“

Jeroným Tejc  (Foto: Archiv ČSSD)
Premier Nečas schien sogar ziemlich genervt:

„Es hat keine Bedeutung, diesen oder jenen Satz zu bewerten. Ich kann nur feststellen, dass Zeman außer an sich selbst an niemandem ein gutes Haar gelassen hat.“

Einigermaßen zufrieden zeigte sich hingegen die linksgerichtete Opposition.

„Präsident Zeman hat nicht enttäuscht. Seine Rede war sicher kein langweiliges oder alltägliches Erlebnis. Auf der anderen Seite sind die Grundthesen bereits aus seiner Antrittsrede bekannt. Zeman hat also seine Versprechen aus der Präsidentschaftskampagne und der Antrittsrede nicht vergessen“, so Jeroným Tejc, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten.