Zwischen genialer Musik und Wahnsinn: 200. Geburtstag von Bedřich Smetana
Er gilt als „Vater der tschechischen Musik“ und gehört zu den Komponisten von Weltrang: Vor 200 Jahren wurde Bedřich Smetana geboren. Doch sein Leben war geprägt von Tragödien, und sein Werk wurde von den Zeitgenossen nicht immer verstanden.
Smetana kam am 2. März 1824 in der Familie eines Braumeisters in Litomyšl / Leitomischl zur Welt. Aus Freude über den Nachwuchs spendierte sein Vater ein ganzes Fass Bier. Schon früh zeigte sich das musikalische Talent des Filius: Mit vier Jahren las der kleine Bedřich bereits Noten, mit sechs Jahren trat er erstmals am Klavier auf. Und er komponierte erste kleinere Stücke.
Sein Vater wünschte sich, dass der Sohn an einer Universität studieren möge. Davon wollte dieser aber nichts wissen. Er verschrieb sein Leben der Musik. Um sich zu ernähren, nahm Bedřich Smetana eine Anstellung als Musiklehrer bei der Familie von Graf Thun an. Zeitgleich studierte er in Prag Komposition. In den 1850er Jahren eröffnete er eine eigene Musikschule, die ihn weiterhin über Wasser hielt. Zu einem Vorbild und Freund wurde der zwölf Jahre ältere Komponist und Romantiker Franz Liszt.
Ehe wird zur Familientragödie
Bedřich Smetana heiratete das erste Mal mit 25 Jahren, und zwar seine Geliebte, Kateřina Otilie Kolářová. Vier Töchter kamen zur Welt, doch drei von ihnen starben als Kinder, und nur eine überlebte. Die anfangs glückliche Ehe wurde auf eine harte Probe gestellt und bekam erste Risse. Wegen der privaten Probleme und auch aufgrund der politischen Lage in der immer noch absolutistischen Donaumonarchie zog sich der Komponist für fünf Jahre nach Göteborg zurück. Dort gab er Klavierunterricht und leitete das Orchester der Stadt. Als er sich zur Rückkehr entschloss, starb seine seit Jahren an Tuberkulose leidende Frau plötzlich.
Smetana heiratete aber schon bald erneut. Obwohl das Paar zwei Töchter hatte, war auch diese Ehe unglücklich. Denn seine zweite Frau, Barbora Ferdinandiová, war 16 Jahre jünger. Die Eheleute entschieden sich, lieber getrennt voneinander zu leben.
Hinzu kam, dass der beruflichen Karriere des Komponisten auch bei seinem zweiten Aufenthalt in Prag zunächst die Politik im Wege stand. Smetana, der sich der tschechische Nationalbewegung anschloss, geriet zwischen die Fronten der sogenannten Jung- und Alttschechen – weswegen er weder die Stelle des Kapellmeisters beim Vorläufer des Nationaltheaters (tschechisches Interimstheater) erhielt, noch den Leiterposten am Prager Konservatorium. Umso mehr Musik schrieb er.
Erfolgreiche Opern und Ertaubung
Sein berufliches Pech durchbrach Smetana erst mit der historischen Oper „Braniboři v Čechách“ („Die Brandenburger in Böhmen“) sowie mit „Prodaná nevěsta“ („Die verkaufte Braut“). Diese Werke brachten ihm endlich auch die erhoffte Anstellung als Kapellmeister beim Interimstheater. Und zur Eröffnung des Nationaltheaters schrieb Smetana mit der „Libuše“ („Libussa“) eine weitere heute beliebte Oper.
Mit 50 Jahren traf den Komponisten jedoch ein gesundheitlicher Schicksalsschlag. Wohl aufgrund einer Syphilis-Erkrankung hatte er zuvor bereits unter starkem Tinnitus gelitten und verlor nun vollständig sein Gehör. Das schrille Pfeifen in den Ohren verschwand seinen Aussagen nach aber nicht und behinderte ihn beim Schreiben von Musik.
Kultwerk „Mein Vaterland“
Trotz der Taubheit und beginnender schwerer psychischer Probleme komponierte Bedřich Smetana das Werk, das ihm zu Weltruhm verhalf: „Má vlast“ („Mein Vaterland“). In dem Zyklus sinfonischer Dichtungen, den er im Herbst 1874 zu schreiben begann, vertonte er tschechische Sagen und Geschichte (Vyšehrad, Šárka, Tábor, Blaník) sowie die Schönheit und das Leben in seiner Heimat (Die Moldau, Aus Böhmens Hain und Flur).
„Mein Vaterland“ gilt als das Stück, das die Seele tschechischer Musik widerspiegelt. Und „Die Moldau“ ist davon der größte Publikumsknaller. Deswegen hat das Werk auch eine außergewöhnliche Stellung im heutigen Tschechien und wird zu feierlichen Anlässen gespielt. Zum Beispiel wählte Chefdirigent Václav Talich den Zyklus für die erste Radio-Live-Übertragung eines Konzerts der Tschechischen Philharmonie. Unter Rafael Kubelík erklang „Mein Vaterland“ zur Feier der ersten freien Wahlen nach dem Zweiten Weltkrieg – und Jahrzehnte später nach dem Fall des Eisernen Vorhangs als erstes Konzert Kubelíks in Prag nach 41 Jahren der Emigration.
Doch Bedřich Smetana erlebte den Triumphzug von „Mein Vaterland“ nach dessen Uraufführung im November 1882 nicht mehr. Seine psychischen Probleme nahmen überhand, und mit 60 Jahren kam er in eine psychiatrische Anstalt. Nur einen Monat später, am 12. Mai 1884, starb er.
Konzerte in ganz Tschechien
Vor allem wegen Smetana wurde 2024 zum „Jahr der tschechischen Musik“ ausgerufen. Natürlich wird auch in seiner Heimatstadt Litomyšl an ihn erinnert. In Plzeň / Pilsen, wo er aufs Gymnasium gegangen war, führt das Josef-Kajetán-Tyl-Theater alle seine Opern auf. Und auch das Nationaltheater in Prag steht dem in keiner Weise nach. Zudem schließt sich der Tschechische Rundfunk den Feierlichkeiten an, indem er an diesem Sonntag, 3. März, ab 20 Uhr, die Smetana-Oper „Dvě vdovy“ („Zwei Witwen“) über den Sender Vltava ausstrahlt. Mehr dazu auf Facebook:
Die tschechische Post hat zu Bedřich Smetanas 200. Geburtstag neue Briefmarken aufgelegt. Der Bogen aus drei Marken mit Motiven zu „Mein Vaterland“ ist seit Mitte Februar im Verkauf.