Spricht man über die Geschichte der tschechischen Nation, dann blickt man gewöhnlich weit in die Vergangenheit zurück, wo die Anfänge des ersten Staatsgebildes auf tschechischem Gebiet, verwoben mit dem Landespatron Wenzel, zu finden sind. Die Geschichte des neuzeitlichen tschechischen Staates ist wesentlich kürzer. Am 1. Januar 2003 begeht die Tschechische Republik das 10. Jubiläum ihres Bestehens.
Der Entstehung der selbständigen Tschechischen Republik ist, wie allgemein bekannt, die Teilung der ehemaligen Tschechoslowakei vorausgegangen. Dass diese nach 74 Jahren ihres Bestehens mit dem 1. Januar 1993 aufhören wird zu existieren, das erfuhren die Tschechen und die Slowaken erstmals am 26. August 1992. An diesem Tag traten kurz vor Mitternacht die Regierungschefs der beiden Teilrepubliken, Vaclav Klaus und Vladimir Meciar, gemeinsam vor die Fernsehkameras, um der hiesigen Bevölkerung das Resultat ihrer Verhandlungen über die weitere Zukunft der tschechoslowakischen Föderation zu verkünden. Zu diesem Zeitpunkt galt diese Nachricht eher als eine Bestätigung der damaligen Entwicklung nach der politischen Wende im November 1989, die unter dem später oft in Frage gestellten Namen Samtene Revolution" in die Geschichte eingegangen ist. Als Vorsitzende der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) bzw. der Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS), die kurz davor, im Juni desselben Jahres, Sieger der Parlamentswahl in der jeweiligen Teilrepublik geworden waren, führten Klaus und Meciar seinerzeit im südmährischen Brno/Brünn ihre Gespräche über die weitere Gestaltung des gemeinsamen Staates, genauer gesagt über dessen Teilung. Die slowakische Seite kam damals mit dem Vorschlag, die tschechisch-slowakische Föderation in eine freie Konföderation umzuwandeln, die auf einer gemeinsamen wirtschafts- und verteidigungspolitischen Basis existieren sollte. Dies hatte die tschechische Seite entschieden abgelehnt. Beide politischen Vertretungen haben sich dann auf die Teilung des Staates als die einzig mögliche Lösung der Situation geeinigt. Diese Entscheidung hatte in den beiden Teilrepubliken sowohl positive als auch negative Reaktionen ausgelöst. Sowohl Befürworter als auch Gegner der Teilung übertrumpften sich in ihren Prophezeiungen, wobei die einen eine rosige und die anderen eine düstere Zukunft an die Wand malten. Nach zehn Jahren der getrennten Existenz der Tschechen und der Slowaken steht fest, dass weder die einen noch die anderen in einem Paradies auf Erden leben, aber auch keine Katastrophe erlitten haben.
Ob sie in einem gemeinsamen Staat hätten besser leben können, ist wohl eine Frage für die Historiker. Immerhin, auf der Suche nach einer Antwort stößt man auch zehn Jahre nach der Trennung nach wie vor auf unterschiedliche Meinungen.
Soweit Jitka Mladkova. Über die nun schon historischen Zeitabläufe bezüglich der tschecho-slowakischen Trennung haben wir bereits in unserer Sendereihe Kapitel aus der tschechischen Geschichte am vergangenen Wochenende berichtet. Aus Anlass des 10-jährigen Bestehens der selbständigen Republiken der Tschechen und der Slowaken wollen wir in den kommenden Tagen ihr gegenwärtiges Verhältnis unter die Lupe nehmen. Ab Dienstag, dem 10.Dezember, befassen wir uns - jeweils im Tagesecho - mit einem konkreten Thema und gehen dabei auf verschiedene Fragen ein, wie z.B. die der Staatsbürgerschaft, der neuen Staatssymbole, aber auch der Beziehungen in den Bereichen Schulwesen, Kultur, Sport und anderen.