80 Jahre Heydrich-Attentat: Junge Helferin der Widerstandskämpfer bekommt Denkmal

Genau 80 Jahre ist das Attentat auf Reinhard Heydrich her. Die beiden Fallschirmjäger Jan Kubiš und Jozef Gabčík beschossen am 27. Mai 1942 in Prag den offenen Wagen Heydrichs und verletzten den damals mächtigsten NS-Mann im sogenannten Protektorat Böhmen und Mähren so schwer, dass er wenige Tage später starb. Jetzt bekommt auch eine junge Helferin der Widerstandskämpfer ein Denkmal.

Jindřiška Nováková | Quelle: Wikimedia Commons,  public domain

Die Namen der beiden Attentäter sind vielen Tschechen immer noch ein Begriff. Weniger bekannt ist aber Jindřiška Nováková, ein damals 14-jähriges Mädchen, das das Fahrrad von Jan Kubiš vom Tatort wegschaffte. Vojtěch Kyncl vom Historischen Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften sagt dazu im Gespräch mit Radio Prag International:

„Die Geschichte von Jindřiška Nováková ist eine Ausnahme angesichts der Geschichten der erwachsenen Beteiligten am Heydrich-Attentat. Sie war noch keine 15 Jahre alt, als ihre Eltern dabei halfen, die beiden Fallschirmjäger Jan Kubiš und Jozef Gabčík zu verstecken.“

Jindřiškas Vater, Václav Novák, hatte sich einer Widerstandsgruppe bei der Sokol-Vereinigung angeschlossen. Laut Kyncl wuchsen das Mädchen und ihre drei Geschwister im moralischen Geist der Turnbewegung Sokol auf. Die Eltern unterstützten die Fallschirmjäger schon in den Monaten vor dem Attentat, das lange von der tschechoslowakischen Exilregierung in London geplant worden war.

Vojtěch Kyncl | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Als es am 27. Mai 1942 auf einer Kreuzung in Prag-Libeň umgesetzt wurde, erlitt nicht nur Reinhard Heydrich Verletzungen von umherfliegenden Explosionssplittern, sondern auch Jan Kubiš. Dessen Fahrrad blieb blutbeschmiert bei der Flucht zurück. Als Jindřiška an dem Tag nach Hause kam, saß der verletzte Kubiš schon bei ihnen in der Küche. Er drängte darauf, das Rad so schnell wie möglich vom Tatort wegzubringen. Weiter Kyncl:

„Jindřiška ging tatsächlich zu der Kreuzung. Der blutende Kubiš war dort zuvor aber von zwei Frauen gesehen worden. Beide standen 1945 dann vor dem Sondervolksgericht, weil sie ihre Beobachtungen nach dem Attentat an die Gestapo weitergeleitet hatten. Dabei ging es auch um das Mädchen, das die Frauen noch gefragt hatten, warum sie das Rad wegbringt. Daraufhin hatte Jindřiška geantwortet, dass es ihrem Vater gehöre und sie es ihm zurückbringe.“

Quelle: Arolsen Archives

Anhand dieser Informationen versammelte die Gestapo genau eine Woche nach dem Attentat alle Mädchen aus der Umgebung, die ein entsprechendes Alter hatten. Etwa 40 Jugendliche mussten im Kinosaal des Palais Petschek mit einem Fahrrad auf- und ablaufen…

„Am Ende konnte oder wollte keine der Informantinnen das richtige Mädchen identifizieren. Vielleicht verschwiegen sie auch, dass sie jemanden erkannt haben. Jindřiška war zwar unter den letzten zehn Verdächtigen, wurde aber nicht enttarnt. Dieser Tag endete für Jindřiška also mit einem großen Erfolg, denn sie verriet nichts und ließ sich auch nichts anmerken. Sie hielt dem großen Druck von Seiten der Gestapo stand.“

Auch Kubišs Fahrrad wurde nicht gefunden. Der Sohn eines anderen Unterstützers hatte es bald vom Hof der Nováks weggebracht. Keine zwei Wochen später aber wendete sich das Glück der Widerstandsbewegung. Karel Čurda, ein weiterer Fallschirmjäger der Operation Anthropoid und Vertrauter von Kubiš und Gabčík, verriet die Gruppe an die Gestapo. Am 9. Juli wurden Jindřiška und ihre Familie, wie viele andere Helfer auch, festgenommen. Die Nováks wurden im Konzentrationslager Mauthausen ermordet.

Gedenktafel für Jindřiška Nováková | Foto:  Prag 8

In Libeň, einem Viertel im heutigen achten Prager Stadtbezirk, gibt es bereits eine Gedenktafel für die Nováks. Nun ist zudem ein Denkmal geplant. Kyncl kommentiert:

„Die Erinnerung an Jindřiška wird also aufrechterhalten, und das ist wichtig. Denn sie ist ein Symbol dafür, dass auch die Jüngsten, denen dies oft nicht zugetraut wird, hohe moralische Werte und einen starken Willen hatten. Dadurch konnte sie eine so große Herausforderung bewältigen. Wenn es nicht zum Verrat durch Karel Čurda gekommen wäre, hätte dieses Widerstandsnetzwerk die Folgen des Heydrich-Attentats womöglich überlebt und wäre der umfassenden Racheaktion entgangen.“

Visualisierung des Siegerentwurfs des Denkmals | Foto:  Centrum Libeňský svět

Das Denkmal für die 14-jährige Jindřiška Nováková soll im Oktober kommenden Jahres in der Zenklova-Straße in Prag-Libeň eingeweiht werden. Es wird im Hof der Bohumil-Hrabal-Schule stehen, die einst den Namen „U zámku“ (Am Schloss) trug und von der jungen Widerstandskämpferin besucht wurde. Sieger der Ausschreibung ist der Entwurf von Lukáš Wagner. Dabei handelt es sich um eine Statue, die auch Teile eines zersägten Fahrrads enthält, auf denen gesessen und geschaukelt werden kann. Am Wettbewerb hatten insgesamt 19 Bewerber teilgenommen. Der eigentliche Sieger der Abstimmung unter den Einwohnern des achten Prager Stadtbezirks wurde allerdings von der anonymen Wahl der Expertenjury überstimmt. Diese sprach sich letztlich für Lukáš Wagner aus.

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