Annín feiert: Böhmerwaldgemeinde im Zeichen von Jubiläen

St. Maurenzen Kirche

Die Böhmerwaldgemeinde Annín liegt am linken Ufer des Flusses Otava. Das Dorf gehört zum knapp drei Kilometer entfernten Dlouhá Ves. Auch wenn Annín nur 59 ständige Einwohner hat, platzt es jedes Jahr um das St.-Anna-Fest aus allen Nähten. Denn vor einigen Jahren wurde dort die Glasmacher-Wallfahrt wiederbelebt. Dabei wird an die lange Tradition der Glasproduktion im Otava-Tal erinnert. Die Wallfahrt erreichte mit einem Gottesdienst den Höhepunkt.

Kristallglasfabrik in Annathal | Foto: public domain

Der Gottesdienst fand genauso wie in den letzten Jahren in der Grabkapelle statt, in der Angehörige der Familie Schmid bestattet sind. Sie waren einst die Eigentümer der Glashütte in Annín. Die 1796 gegründete Hütte gilt als die zweitälteste Glasfabrik, die in Tschechien noch in Betrieb ist. Älter ist nur noch die Glashütte in Harrachov.

In Annín wurden diesmal gleich einige Jubiläen gefeiert, wie der Moderator der Feierlichkeiten nach dem Gottesdienst erklärte.

„Vor 130 Jahren wurde im Ort eine Brücke über den Fluss Otava gebaut. Die ursprüngliche Brücke steht nicht mehr, dafür gibt es eine neue, moderne. Diese führt von der Bushaltestelle am rechten Flussufer hinüber. Zu Fuß sind es dann nur noch einige Minuten bis ins Dorf. Ich möchte jedoch an ein weiteres Jubiläum erinnern. Wie ich in den Archiven gefunden habe, bekam das damalige Annathal vor genau 100 Jahren auch sein tschechisches Namenpendant Annín. Und 1924 wurde bei der Glashütte eine tschechische Schule eröffnet. Diese wurde vom damaligen Fabrikbesitzer, František Novotný, gegründet.“

Novotný war eine wichtige Persönlichkeit in der Böhmerwälder Glasproduktion. Er war der Schwiegersohn von Josef Eduard Schmid, dessen Vater Josef 1863 die Glashütte in Annathal erworben hatte. Schmid war damals schon ein bedeutender Glasunternehmer. Für jeden seiner drei Söhne hatte er im Böhmerwald eine Fabrik gekauft. Josef Eduard erhielt den Glasbetrieb in Annathal. Die Produkte der Firma Schmid wurden Ende des 19. Jahrhunderts bei den Weltausstellungen mehrmals mit Medaillen ausgezeichnet.

Glashütte Annín | Foto: Pavel Halla,  Tschechischer Rundfunk

Da Josef Eduard Schmid keinen Sohn hatte, übernahm sein Schwiegersohn František Novotný die Glashütte. Er fing dort an, Kristall- und später auch Bleikristallglas zu produzieren.

Mit einem weiteren runden Jubiläum von Annín ist Karl Schell verbunden, der Novotnýs Schwiegersohn war.

„1934 wurde in der hiesigen Glashütte ein elektrischer Glasschmelzofen in Betrieb genommen. Für die Stromproduktion wurde aus dem Fluss ein Kanal abgezweigt. Mit zwei Turbinen wurde zu günstigen Konditionen Energie und damit auch das Glas produziert.“

In der Fabrik in Annín befand sich damals der erst zweite elektrische Glasschmelzofen in der Tschechoslowakei. Karl Schell durfte als Deutscher nach 1945 die Hütte jedoch nicht leiten. Der Betrieb in der Fabrik wurde um 1948 eingestellt. In Annín gab es seitdem nur noch eine Glasschleiferei. 2012 kaufte die Familie Švrčula die Glashütte und bemüht sich seitdem, die Produktion wiederzubeleben. Und noch an zwei weitere kleinere Jubiläen wurde vor kurzem in Annín erinnert:

„1964 wurde ein Steg gebaut, der den Campingplatz am rechten Flussufer mit dem gegenüber liegenden Dorf verbindet. Nicht zuletzt erlaubte das Bistum in Budweis im Jahre 1994 die hiesige, frisch renovierte kleine St.-Anna-Kapelle wieder einzuweihen.“

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