Aufgeschobene Einschulung künftig nur aus Gesundheitsgründen – Neues Schulgesetz bringt Änderungen

Dass Kinder später als mit sechs Jahren eingeschult werden, ist in Tschechien in den letzten Jahren keine Seltenheit mehr. Dies soll sich bald durch eine Gesetzesnovelle ändern.

In Tschechien beginnt die allgemeine Schulpflicht im Alter von sechs Jahren. Trotzdem passiert es oft, dass in der ersten Klasse neben den sechsjährigen Kindern Schüler sitzen, die um mehr als ein Jahr älter sind. Ihre Einschulung wurde aus den verschiedensten Gründen um ein Jahr hinausgeschoben.

Im September dieses Jahres hat sogar ein Viertel der sechsjährigen Kinder hierzulande nicht mit dem Schulbesuch begonnen. Doch nun soll es bald bedeutend schwieriger werden, eine Einschulung aufzuschieben. Denn die Regierung unterstützte vor Kurzem eine Novelle des Schulgesetzes, die vorsieht, dass ein späterer Schulbeginn nur noch aus gesundheitlichen Gründen möglich sein wird. Über eine aufgeschobene Einschulung werden laut dem neuen Gesetz künftig nicht mehr die Eltern alleine entscheiden können. Stattdessen müssen Fachärzte und Psychologen ihr Urteil abgeben, und auch die Meinung der Kindergärtner wird eine Rolle spielen.

Illustrationsfoto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

Ester aus Olomouc / Olmütz sollte ursprünglich schon im September zur Schule gehen. Die Kindergärtnerinnen hätten ihr jedoch empfohlen, die Einschulung aufzuschieben, wie Esters Mutter in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte:

„Es wurde uns gesagt, eine entsprechende Grafomotorik sei eine grundlegende Voraussetzung dafür, um zu schreiben und zu lesen. Unsere Tochter sei noch nicht reif genug. Diese Empfehlung hat mich überrascht.“

Marie Dostálová leitet den Kindergarten im Stadtteil Dražkovice in Pardubice. Ihren Worten zufolge entscheiden sich jedoch auch Eltern für eine aufgeschobene Einschulung, die keinen Grund dafür haben.

„Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass ein aufgeschobener Schulbeginn nicht notwendig ist, empfehlen wir, vom Besuch einer pädagogisch-psychologischen Beratung abzusehen. Die Eltern bestellen das Kind jedoch selbst zu der Untersuchung. Wir sind davon überzeugt, dass sich viele Eltern auf diese Weise das sorglose Leben mit Kindern im Vorschulalter verlängern wollen.“

Luboš Zajíc ist Vorsitzender des Verbandes der Grundschuldirektoren. Auch er macht darauf aufmerksam, dass es in vielen Fällen unnötig ist, die Einschulung hinauszuschieben:

„Die Eltern richten sich manchmal danach, welche Lehrerin die erste Klasse unterrichten wird. Wenn sie erfahren, dass nächstes Jahr eine Lehrerin die Klasse übernimmt, die ihnen mehr zusagt, beantragen sie eine spätere Einschulung.“

Luboš Zajíc | Foto: Jana Myslivečková,  Tschechischer Rundfunk

Laut Zajíc haben die Eltern oft auch Angst, dass ihre Kinder nicht entsprechend auf den Schulbeginn vorbereitet sind.

Der Leiter der pädagogisch-psychologischen Beratung in Brno / Brünn, Libor Mikulášek, hat für die Befürchtungen der Eltern Verständnis:

„Sie wollen den Misserfolg des Kindes gleich am Anfang seines Bildungswegs verhindern. Es gibt Kinder, die nach dem Kindergartenbesuch gut vorbereitet sind und den Lernstoff problemlos bewältigen. Andere Kinder sind schlechter dran. Sie werden erst später in eine Beratungsstelle geschickt – wenn sie Probleme mit dem Rechnen oder Lesen haben.“

Der neue Gesetzentwurf sieht vor, dass eine aufgeschobene Einschulung nur Kindern mit ernsthaften Diagnosen ermöglicht wird. In der ersten und zweiten Klasse werden keine Noten gegeben, die Schüler werden jedoch mit einem Worturteil bewertet.

Luboš Zajíc macht darauf aufmerksam, dass der Staat wegen der Systemänderungen nun mit höheren Lohnkosten rechnen muss.

„In die Schule werden auch Kinder gehen, die noch nicht für den Unterricht reif sind. In Klassen mit mehr als 15 Schülern muss es dann Lehrassistenten geben.“

Das Bildungsministerium hat vor, die Änderungen schrittweise einzuführen. Wenn das Gesetz vom Parlament gebilligt wird, könnten die Neuheiten die Kinder schon im nächsten Jahr betreffen.

Autoren: Martina Schneibergová , Marek Sedláček
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