In Auschwitz wurde über Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit diskutiert

Foto: Martina Schneibergová

Wie soll man mit Orten umgehen, die eine gewaltbelastete Vergangenheit haben? Das war das Thema eines europäischen Workshops, der vor kurzem in einem Ort stattfand, der wie kaum ein anderer mit Gewalt assoziiert wird, im polnischen Auschwitz. Der fünftägige europäische Workshop wurde von der Maximilian-Kolbe-Stiftung veranstaltet. Es ist eine verhältnismäßig junge Stiftung – gegründet wurde sie 2007 von der Deutschen und der Polnischen Bischofskonferenz – und dies war ihre erste größere Veranstaltung mit 30 Teilnehmern aus acht Ländern wie etwa Albanien, Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Polen und der Ukraine. Patrick Gschwend sprach über den Workshop mit Martina Schneibergová.

Der Workshop fand im Zentrum für Dialog und Gebet statt  (Foto: www.cdim.pl)
Martina, wie verlief dieser Workshop, was stand alles auf dem Programm?

Erstens muss ich sagen, dass es keine statische Konferenz mit zig Vorträgen und einer Rundtischdebatte war, sondern es war ein sehr dynamischer Workshop mit vielen Führungen, Besichtigungen und persönlichen Begegnungen in kleineren Gruppen. Natürlich war die Gedenkstätte Auschwitz der Ausgangspunkt. Es gab eine Führung durch das Stammlager Auschwitz sowie durch Birkenau. Wir hatten einen hervorragenden Begleiter – einen polnischen Geschichtslehrer. Er hat uns auch Zeit gegeben, sich einiges in Ruhe anzuschauen. Auch wenn man glaubt, über Auschwitz schon so viel gelesen und gehört zu haben, stellt man vor Ort fest, dass einem die Worte einfach fehlen.

Foto: Martina Schneibergová
Kommen wir auf den Workshop zurück: Da steht ja noch die Frage im Raum nach dem Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit…

Ja, diese Frage spielt gerade in Auschwitz eine Rolle, denn die dortige Ausstellung wurde kurz nach dem Krieg installiert und es ist eine der ältesten Ausstellungen in Polen überhaupt – es gibt dort keine multimedialen Elemente oder so etwas. Aber trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb - wirkt sie sehr stark. Diese Haufen von Brillen, von Schuhen, von Haaren, das alles wird ohne Kommentar präsentiert. Aber man wird sich dessen bewusst, dass das alles jemandem gehörte. Und diese Leute wurden ermordet.

Wer hat denn eigentlich teilgenommen an dem Workshop und zu welchen Ergebnissen seid ihr gekommen?

Zeitzeuge Kazimierz Smolen diskutiert mit den Teilnehmern des Workshops  (Foto: Martina Schneibergová)
Es waren meist jüngere Leute, die sich für das Thema interessierten und sich oft in ihrem Land in einer christlichen Organisation engagieren. Es waren dort zum Beispiel auch eine polnische Psychologin, die sich mit Opfern von Gewalttaten beschäftigt, ein Vertreter des polnischen Außenministeriums, ein ukrainischer Historiker. Ein Albaner war Sohn eines früheren politischen Gefangenen. Eigentlich auch der tschechische Teilnehmer, Václav Peřich. Er ist Sohn eines politischen Häftlings aus der kommunistischen Zeit. Es wurde viel diskutiert, und angeregt durch Auschwitz kam die Rede auch auf Orte, wo in der kommunistischen Ära Leute gefoltert und ermordet wurden – seien es Gefängnisse oder Arbeitslager. Unter anderem das soll auf einem weiteren Workshop fortgesetzt werden. Die Kolbe-Stiftung will ihn im kommenden Jahr in Sarajewo veranstalten – da soll es wieder um die Gewalterfahrungen in Europa gehen – aus dem Zweiten Weltkrieg, aber auch aus der kommunistischen Epoche und auch aus der Zeit der Kriege in Ex-Jugoslawien.

Martina, danke für das Gespräch.