Außer Stille auch Stillstand: „Gedenkstätte der Stille“ in Prag hat neue Leiterin
Památník ticha, die „Gedenkstätte der Stille“ in Prag, hat eine neue Leiterin. Der Ideengeber und bisherige Direktor wird abgesetzt, weil am Gedenkort zu lange Stillstand herrschte.
Dem Kulturminister Martin Baxa (Bürgerdemokraten) dauert es zu lange. Weil die Umbauarbeiten an der „Gedenkstätte der Stille“ in Prag auch nach mehr als zwei Jahren Planung immer noch nicht begonnen haben, setzt Baxa nun den bisherigen Direktor, Pavel Štingl, ab. Am Donnerstag gab der Minister bekannt, dass Pavlína Šulcová ab Mitte September die Nachfolge übernehme.
„In diesen zwei Jahren haben wir Pavel Štingl meiner Meinung nach die maximale Unterstützung zukommen lassen. Das gilt sowohl für mein Ministerium als auch für die Investitionsexperten des Nationalmuseums. Dennoch gibt es kein Ergebnis.“
Mit diesen Worten begründet Baxa, warum er Mitte Juli den Leitungsposten neu ausschreiben ließ. Die „Gedenkstätte der Stille“ befindet sich am Bahnhof Prag-Bubny und erinnert an die etwa 50.000 jüdischen Menschen, die während des Nationalsozialismus von dort aus in die Konzentrationslager deportiert wurden. Weiter sagt der Minister:
„Pavel Štingl gehört große Anerkennung dafür, dass er gemeinsam mit Bildhauer Jaroslav Róna die ursprüngliche Idee hatte. Es war ihr Impuls, am Ort dieser Tragödie ein Denkmal zu errichten, und das ist wichtig.“
Gemeinsam habe man 2021 entschieden, das Projekt in eine staatliche Organisation umzuwandeln, fährt der Minister fort. Damit seien aber auch die Verantwortlichkeiten aufgeteilt worden, die seitdem nicht mehr allein bei Štingl gelegen hätten, sondern ebenso bei der Regierung und seinem Ressort, so Baxa:
„Nach diesen zwei Jahren habe ich gemerkt, dass ich die Versprechen nicht einhalten kann, die ich der Öffentlichkeit gegeben und für die ich Finanzmittel bekommen habe.“
Es ist eine Summe von 300 Millionen Kronen (12 Millionen Euro), die seit zwei Jahren bereitliegt – der Umbau der Gedenkstätte hat aber bis heute nicht begonnen. Štingl habe noch nicht einmal einen Projektkoordinator eingestellt, kritisiert Baxa. Der geschasste Direktor wiederum hält seinen Rauswurf für ungerecht. Štingl äußerte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Ich kann der Ausschreibung meiner Stelle nicht zustimmen. Sie ist ohne vorherige Ankündigung und auf die Schnelle passiert. Innerhalb eines Monats mussten die Bewerber ein recht kompliziertes Konzept für die kommenden sechs Jahre einreichen. Ich kenne die schwierige Lage, vor allem was den Umbau angeht. Darin kann sich jemand neues auch in zwei Jahren nicht einarbeiten.“
Die „Gedenkstätte der Stille“ hatte Pavel Štingl 2012 ins Leben gerufen. Um eine stabile Finanzierung für den Umbau des Areals zu garantieren, kam 2021 das Kulturministerium ins Spiel. Mit dessen Unterstützung ist Štingl allerdings unzufrieden:
„Ich habe nicht die Leitung dieser Institution übernommen, damit sie dann nur vier Mitarbeiter hat und zudem keinen Etat dafür bekommt, dass inhaltliche Aufgaben von Externisten übernommen werden können. Nie hätte ich erwartet, dass diese Einrichtung zweieinhalb Jahre lang auf diese Weise destruiert wird.“
Die Umsetzung der Sanierungspläne wird nun die Hauptaufgabe der neuen Direktorin sein. 1978 geboren, hat Pavlína Šulcová bereits umfangreiche Erfahrungen in der tschechischen Kulturdiplomatie gesammelt, und das vor allem in Israel. In Tel Aviv leitete sie zeitweise das Tschechische Zentrum. 2018 und 2019 war sie zudem geschäftsführende Direktorin der Prager Quadriennale. Mit Blick auf ihre neue Aufgabe sagt Šulcová:
„Die ersten Schritte werden für mich die Festigung der Beziehungen zum Ministerium sowie das Kennenlernen der tieferen Zusammenhänge sein. Zudem müssen ein Zeitplan erstellt und die Prioritäten festgelegt werden, um die Termine einzuhalten. Nichts darf verpasst werden, und alles muss wie vorgesehen erfüllt werden.“