Bildhauer Pavel Krbalek - ein Wanderer zwischen den Welten

Bildhauer Pavel Krbalek (Foto: Bara Prochazkova)

Kultur ist eine Bewegung im Inneren des Menschen, die erfolgt, wenn er ein Kunstwerk gesehen hat oder ein Buch gelesen hat. Das meint der tschechische Bildhauer Pavel Krbalek. Seine Skulpturen bewegen in mehreren europäischen Ländern die Betrachter. Bara Prochazkova stellt den Künstler vor.

Bildhauer Pavel Krbalek  (Foto: Bara Prochazkova)
"Eine Skulptur können wir nicht in Worte fassen. Die Worte eines Bildhauers sind die Materie, Licht und Schatten. Wenn ein Bildhauer etwas sagen will, dann muss er diese benutzen."

Über Kunst spricht man nicht, sagt der Bildhauer Pavel Krbalek. Über seine Person gibt es jedoch viel zu sagen. Im Jahr 1928 wurde er in Südmähren geboren. Aufgewachsen ist er teilweise in Wien bei seiner Tante und die künstlerische Umgebung der Familie hat ihn stark geprägt. Er träumte schon als kleiner junge über seine künstlerische Zukunft:

"Ich habe Scharlach gehabt und hohes Fieber dazu. Im Fieber habe ich phantasiert und geträumt, dass ich in der Schweiz bin. Ich habe auch ständig darüber gesprochen, wie ich die Berge und den Schnee dort malen will. Und später hat sich das alles erfüllt."

Bis dahin war aber noch ein langer Weg. Sein Vater war ein k.u.k.-Kunstschmied, so musste auch der junge Pavel in der siebten Generation die Kunstschmiede im südmährischen Örtchen Miroslav übernehmen. Dort hat er noch das Handwerk erlernt. Dafür musste er nach 1945 die vom Krieg zerstörte Werkstatt aufbauen, sobald sie renoviert war, haben 1948 die Kommunisten den Betrieb übernommen. Pavel Krbalek sollte jedoch weiter die Buchführung für die Werkstatt übernehmen. Nach dem Abschluss an der Kunsthandwerkerschule in Brünn, ging er jedoch nach Prag, um dort am Anfang der 50er Jahre Bildhauerei mit dem Schwerpunkt Metall zu studieren. Die größte Erfahrung war für ihn jedoch ein Studienaufenthalt an der Hochschule für Gestaltung in Berlin, zwischen 1956 und 1958 lernte er dort die modernen künstlerischen Trends kennen. Als späteres Präsidiumsmitglied im Tschechoslowakischen Verband der bildenden Künstler wurde er kurz vor dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes nach Prag 1968 als Gastdozent an die Kunstgewerbeschule in Zürich eingeladen. So ist er letztendlich in der Schweiz geblieben. Eine leichte Entscheidung war es nicht, erzählt Pavel Krbalek. Bald aber habe er Anschluss an die Emigrantenkreise gefunden:

"In Luzern war der Verleger, der die tschechischen Schriftsteller herausgegeben hat, die in Tschechien nicht gerne gesehen waren und dort auch nicht verlegen durften. Es hat sich ergeben, dass ich in demselben Haus mein Atelier hatte, wo der Verlag war. Ich war also in einer ständigen Nähe des Geschehens in Prag."

Die schweizerische Atmosphäre hat ihn in seinem Schaffen stark beeinflusst. Obwohl Krbalek seit der politischen Wende in Prag lebt, hat er sein Atelier in Luzern nicht völlig aufgelöst. Nach wie vor pendelt der Bildhauer und Maler regelmäßig zwischen Prag, Luzern und dem südmährischen Miroslav.

"Ich bin durch die 30 Jahre zu Hause in der Schweiz und ich bin auch zu Hause hier in Prag. Auf einmal ist es nicht ein Punkt sondern eine breite Spanne und ich fühle mich dabei sehr wohl."

Maler Pavel Krbalek  (Foto: Bara Prochazkova)
An jedem der drei Orte herrscht eine andere Atmosphäre, es entstehen deshalb völlig andere Kunstwerke. In Prag bereitet er mit Zeichnungen die Statuen vor, in Südmähren kann er große Skulpturen schaffen und in Luzern arbeitet er im kleinen Rahmen mit Edelmetallen, denn es sei besser Gold zu schmieden statt Eisen, gibt Pavel Krbalek zu. Sein Exilland Schweiz sieht der Künstler aber auch kritisch:

"Die Mentalität der Schweiz ist ganz bestimmt sehr praktisch. In der praktischen Hinsicht ist sie schon so präzisiert, dass es manchmal schon beschränkt ist."

Zum Beispiel habe die monumentale Plastik, die Krbalek in Tschechien macht, in der Schweiz wenige Anwendungsmöglichkeiten. Denn die Schweizer haben schon die Monumentalität in ihren Bergen, sie suchen eher eine Gemütlichkeit für ihr Zuhause. In Prag sei dagegen alles erlaubt, viele Strömungen treffen sich dort und beeinflussen die Künstler, sagt Pavel Krbalek:

"Es ist ein unwahrscheinliches Bemühen und vor allem bei den jungen Künstlern ein breites Experimentieren vorhanden. Es gibt viele Möglichkeiten für das Schaffen, aber wenige für den Verkauf, und noch dazu gibt es viel mehr Künstler als früher. So werden diese Anstrengungen von einer gewissen Panik begleitet, die sich dann so äußert, dass man unbedingt etwas schaffen will, was auffällt. Wenn man nämlich eine Sensation macht, dann kommt gleich die Presse dazu."

Schriftsteller Jiri Grusa nannte Luzern einen Hafen der tschechischen Literatur in den Zeiten der Unfreiheit. Und die beiden Lieblingsstädte von Krbalek sind nun mit einer Statue verbunden. Der aktive tschechisch-schweizerische Kreis schenkte nach der Befreiung der Tschechoslowakei vom Sozialismus den Luzernen eine Skulptur mit der Aufschrift:

"Dank der Tschechen den Luzernern und der Schweiz für die Hilfe in Zeiten unserer Unfreiheit."

Die Luzerner ließen die gleiche Skulptur von Krbalek im Königlichen Garten unter dem Schloss Belvedere auf der Prager Burg aufstellen. Die Aufschrift:

"Den Tschechen, die sich verdient gemacht haben um die Wiederkehr der Demokratie in ihre Heimat."

Diese beiden Statuen haben jedoch eine größere und gleichzeitig eine ältere Schwester - und das in Japan. Es ist eine der Skulpturen, für die Krbalek mit Preisen ausgezeichnet wurden. Anfang der 90er Jahre wurden ihm der Rodin-Preis für realistische Kunst sowie der Henry-Moore-Preis und für abstrakte Bildhauerei zuerkannt. Skulpturen von Pavel Krbalek stehen heute nicht nur in der Schweiz und in Tschechien, sondern auch in Deutschland, in Italien, in Frankreich und in Japan, viele sind im Museum im nordböhmischen Liberec / Reichenberg beheimatet. Die meisten Inschriften der Skulpturen stammen übrigens von seinem Freund, dem Dramatiker Pavel Kohout. Pavel Krbalek wurde aber vor allem durch seinen Schmuck bekannt, den er mit Hammer geschlagen hat. Die Schmuckstücke für Frauen hat er direkt an ihrer Haut geformt, deshalb ist jedes Stück anders. Dazu Pavel Krbalek:

"Wenn ich Schmuck nur als eine dekorative Form für eine Frau machen sollte, dann scheint mir das zu flach oder nicht angemessen. Wenn eine Frau drei Kinder zur Welt gebracht hat und sie erzogen hat, dann sollte sie eine besondere Auszeichnung bekommen. Schon dafür, dass sie eine Frau ist."

Pavel Krbalek ist nach wie vor ganz fasziniert von den Materialien, mit denen er arbeitet - heute also mit schmiedbarer Bronze oder mit Kupfer - und kann über sie stundenlang erzählen:

"Wenn ich zum Beispiel eine Skulptur der Weisheit machen möchte, also einer Eigenschaft, die unsterblich ist, dann nehme ich als Material Gold, die wunderbare Ausstrahlung und die Sonnenenergie. Und Gold auch deshalb, weil es hält. Wenn ich ein Stück hier lasse und wir in fünftausend Jahren zurückkommen, dann wird hier nichts bleiben, aber das Gold wird genauso sein, wie wir es hier zurückgelassen haben. Und so wird es auch mit der Weisheit sein."