Bitte mit null Promille! Immer mehr junge Menschen in Tschechien geben alkoholfreiem Bier den Vorrang

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Ab Samstag ist in Tschechien wieder „Suchej únor“: Im „Trockenen Februar“ machen viele Menschen eine Pause vom Alkohol. Für immer mehr junge Leute gehören promillehaltige Getränke aber schon gar nicht mehr zur Ausgehkultur oder zum Alltag dazu. Darauf, dass Alkoholabstinenz ein zunehmender Trend ist, reagieren inzwischen auch die Brauereien im Land.

„Ich habe mich entschieden, keinen Alkohol mehr zu trinken. Das war vor zweieinhalb Jahren, nämlich am 14. August. Das weiß ich so genau, weil ich seitdem jeden Tag zähle.“

Foto: Hana Slavická,  Radio Prague International

Tomáš Hájek hat nun schon sein zweites Silvester ohne Alkohol gefeiert. Nach der Corona-Pandemie sei er sich bewusst geworden, dass er mehr trinke, als er eigentlich wolle, berichtet der Mann. Durch die Abstinenz würde er sich nun viel besser fühlen:

„In den ersten zwei Monaten habe ich etwa acht Kilo abgenommen. Seitdem verspüre ich viel mehr Energie, und auch der Schlaf ist deutlich besser geworden.“

Dass es gesund ist, zumindest eine Weile auf Alkohol zu verzichten, ist die Botschaft des „Suchej únor“, des „Trockenen Februars“. Jedes Jahr ruft die Kampagne die Menschen in Tschechien dazu auf, zumindest einen Monat lang komplett nüchtern zu bleiben. Laut den Statistiken der gleichnamigen Organisation haben sich im vergangenen Jahr landesweit bereits 1,2 Millionen Erwachsene daran beteiligt.

Und auch wenn die Entscheidung zur Abstinenz von längerer Dauer ist, wollen viele Menschen jedoch nicht unbedingt auf den Geschmack der Getränke verzichten. Er trinke gern Sekt oder Bier ohne Prozente, sagt Tomáš Hájek und ist mit dem wachsenden Angebot zufrieden:

„Bei den alkoholfreien Bieren hat es auf jeden Fall einen großen Schritt nach vorn gegeben. Es gibt eine ganze Reihe von Marken, die das gleiche Geschmackserlebnis vermitteln wie bei ihren alkoholhaltigen Bieren. Mich stört aber, dass die Biere ohne Alkohol mehr kosten als die mit. Ich würde denken, dass das umgekehrt sein müsste.“

Foto: Hana Slavická,  Radio Prague International

Den Trend zur Abstinenz bestätigen auch die Statistiken einiger Brauereien in Tschechien. Der Historiker Filip Vrána beschäftigt sich professionell mit der Bierkultur im Land:

„2023 wurden hierzulande schon 1,4 Millionen Hektoliter alkoholfreies Bier hergestellt. Im Vergleich mit 2022 war dies eine Zunahme von neun Prozent. Wenn man das dann noch mit dem Jahr 2019 vergleicht, beträgt der Anstieg sogar ein Drittel.“

Vránas Einschätzung nach handelt es sich dabei nicht nur um eine Modeerscheinung. Auf ein verändertes Konsumverhalten vor allem bei jungen Leuten reagiert auch Matúš Kozina. Er betreibt in Brünn die Nilio-Brauerei, die ein rein alkoholfreies Sortiment hat. Gemeinsam mit den Chemikern von der Technischen Universität der Stadt hat Kozina sogar eine neue Gärmethode entwickelt. Sie verleiht den Getränken seinen Angaben zufolge einen authentischen Geschmack. Dieser wurde bereits bei mehreren nationalen und internationalen Bierwettbewerben mit einem dritten oder sogar zweiten Platz auf dem Siegertreppchen belohnt. Und im April 2023 gab es beim Frankfurt International Trophy für das Nilio-Bier Yuzu Samuray die Goldmedaille. Matúš Kozina:

Alkoholfreies Bier Nilio | Foto: Nilio Brewery

„Bei dem Wettbewerb wurde nicht zwischen alkoholhaltigem und alkoholfreiem Bier unterschieden. Und somit haben wir die Spitze zwischen all den alkoholischen Sorten belegt.“

Kein Wunder also, dass sich immer mehr Nullpromillevarianten in den Kneipen Tschechiens finden. Und diese werden nicht mehr nur in Flaschen verkauft, sondern gerne auch vom Fass. Jiří Sojka hält in seiner Gaststätte in Brünn immer einen der zehn Zapfhähne für ein alkoholfreies Bier bereit. Im Sommer belege das Getränk den dritten Platz in der internen Verkaufsstatistik, informiert der Schankwirt:

„Es gibt einige Grüppchen von Leuten, die oft am Abend herkommen und mit dem Auto unterwegs sind. Diesen Trend beobachten wir schon seit ein bis zwei Jahren.“

Und er erwarte, dass diese Entwicklung noch weiter zunimmt, fügt Sojka hinzu.

Autoren: Daniela Honigmann , Tomáš Kremr | Quelle: Český rozhlas
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