Blumenkavaliere

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Als Feiertag habe ich den 8. März erstmals Anfang der 90er Jahre in Russland kennen gelernt. In dem Studentenwohnheim, wo ich damals untergebracht war, klopften an diesem Tag in einem Fort junge Männer mit Blumen an die Türen, um den Kommilitoninnen zu ihrem Fest, dem Fest der Frauen, zu gratulieren. Mich hat das damals sehr beeindruckt: junge Studenten, Anfang 20, fahren den ganzen Tag lang mit Blumen im Arm durch die Stadt, um eine Bekannte nach der anderen abzuklappern. Ein unvorstellbares Bild etwa in Marburg, wo ich zuvor studiert hatte.

Als Feiertag habe ich den 8. März erstmals Anfang der 90er Jahre in Russland kennen gelernt. In dem Studentenwohnheim, wo ich damals untergebracht war, klopften an diesem Tag in einem Fort junge Männer mit Blumen an die Türen, um den Kommilitoninnen zu ihrem Fest, dem Fest der Frauen, zu gratulieren. Mich hat das damals sehr beeindruckt: junge Studenten, Anfang 20, fahren den ganzen Tag lang mit Blumen im Arm durch die Stadt, um eine Bekannte nach der anderen abzuklappern. Ein unvorstellbares Bild etwa in Marburg, wo ich zuvor studiert hatte. Konventionelle Gesten waren hier unter den Studenten verpönt - vor allem bei der Fraktion der dogmatischen Radikal-Feministinnen, die mich mit giftigen Worten für meine, wie sie fanden, völlig naive Wahrnehmung in Russland straften. Wer sich von Männern Blumen schenken, die Tür aufhalten oder Koffer tragen lasse, so ihre unerschütterliche Überzeugung, der erkläre sich automatisch auch einverstanden damit, im nächsten Moment für die vermeintlichen männlichen "Kavaliere" am Herd zu stehen. Denn so funktioniere nun einmal die Rollenverteilung - entweder ganz oder gar nicht. Zwischentöne - ausgeschlossen. Radikaldogmatische Feministinnen wie die Marburger, die imstande waren, gnadenlos alle Bücher inklusive Lexika von männlichen Autoren in den Müll zu werfen, habe ich in Tschechien Gott sei Dank noch nicht getroffen. Die Frauen aus dem Gender-Bereich setzen hier zunächst einmal auf Aufklärung statt auf Doktrin. Am diesjährigen Frauentag wurden in verschiedenen tschechischen Städten Informationszentren eröffnet - um das Bewusstsein der Frauen für ungleiche Behandlung zu schärfen. Dass diese Kampagne in Tschechien ohne die Verbitterung einiger deutscher Feministinnen verläuft, ist gut und wichtig und sollte auch für die weitere Frauenarbeit hierzulande das Leitmotiv sein. Denn Verbitterung und Dogmatismus können selbst Frauen von Frauenthemen abstoßen.