Corona-Welle in Tschechien verlangsamt sich – Einschränkungen aber mindestens bis Weihnachten

In der vergangenen Woche sind die Corona-Zahlen in Tschechien nicht mehr deutlich angewachsen. Es scheint, als ob der Höhepunkt der vierten Welle erreicht ist. Die Leiterin des zentralen Gesundheitsamtes, Pavla Svrčinová, will aber noch keine Entwarnung geben. Zugleich verteidigt der geschäftsführende Gesundheitsminister weiterhin eine geplante Impfpflicht für bestimmte Bevölkerungsteile.

Foto: Ondřej Deml,  ČTK

Am Sonntag wurden erstmals deutlich weniger Corona-Neuinfektionen gezählt als eine Woche zuvor. Rund 6300 Neuansteckungen bedeuteten einen Rückgang um 3000 Fälle. Und die Reproduktionszahl liegt mittlerweile bei 0,89 – sie gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt. Pavla Svrčinová, Leiterin des zentralen Gesundheitsamtes, ordnete diese Zahlen und die der Tage zuvor am Montagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks ein:

„Es gibt Signale, dass sich die Epidemie verlangsamt. Aber wir sind sehr vorsichtig bei dieser Einschätzung. Denn diese Entwicklung ist erst vier Tage alt, und wir wissen noch nicht, ob sie anhält. Unsere Analyse geht bisher nur dahin, dass wir ein gewisses Plateau erreicht haben, auf dem die Epidemie vielleicht eine gewisse Zeit bleiben wird, bis ein dauerhafter Rückgang einsetzen könnte.“

Pavla Svrčinová | Foto: ČT24

Die geschäftsführende Regierung hat zuletzt vor zehn Tagen die Maßnahmen zum Kampf gegen das Coronavirus verschärft. So müssen Restaurants, Kneipen und Klubs ab zehn Uhr abends geschlossen bleiben, Weihnachtsmärkte wurden komplett verboten sowie der Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit. Diese Regelungen bleiben vorerst bis zum ersten Weihnachtsfeiertag in Kraft. Und früher sollte sich an ihnen auch nichts ändern, findet Svrčinová…

„Da die Lage immer noch sehr ernst ist und die Sieben-Tage-Inzidenz hierzulande weiter bei über 1000 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern liegt, sehe ich keinen großen Spielraum für Lockerungen. Auf der anderen Seite ist Tschechien – im Gegensatz zum Beispiel zu Österreich und zur Slowakei – nicht den Weg des kompletten Lockdowns gegangen. Das heißt, alle Läden und auch die Restaurants sind geöffnet. Limitiert ist hingegen die Zahl der Teilnehmer an Veranstaltungen“, so die Leiterin des zentralen Gesundheitsamtes.

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Die Obergrenze liegt derzeit bei 1000 Besuchern. Ohnehin gilt seit 22. November die 2G-Regelung in Gastro- und Beherbergungsbetrieben, bei Dienstleistern und bei öffentlichen Veranstaltungen.

Seitdem steigt die Impfquote in Tschechien auch wieder deutlicher an. Am Sonntag waren hierzulande 69 Prozent der Bevölkerung ab zwölf Jahren gegen das Coronavirus immunisiert beziehungsweise knapp 60 Prozent der Gesamtbevölkerung. Doch der scheidende Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) würde gerne wichtige Berufsgruppen und ältere Menschen besser geschützt sehen. Deswegen möchte der Ressortchef in dieser Woche eine Impfpflicht anordnen für alle ab 60 Jahren und beispielsweise für Soldaten, medizinisches Personal und Beschäftigte in sozialen Diensten. Diese Pflicht würde ab März gelten. Und weiter betonte Vojtěch:

Adam Vojtěch | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Tschechien geht dabei einen ähnlichen Weg wie die anderen Staaten in Europa. Ich bin der Meinung, dass die entsprechende Anordnung herausgegeben werden sollte. Falls mein Nachfolger im Gesundheitsministerium die Impfpflicht wieder aufheben will, liegt dies in seiner Verantwortung.“

Doch die neue konservativ-liberale Regierung zeigte sich „not amused“ über diese Art Abschiedsgeschenk. So sagte der angehende Minister für Arbeit und Soziales, Marian Jurečka (Christdemokraten), am Sonntag bei einer Talkshow im Tschechischen Fernsehen:

Marian Jurečka | Foto: Roman Vondrouš,  ČTK

„Wir werden jene Abschnitte der Anordnung wieder aufheben, die weite Teile der Bevölkerung betreffen. Falls bestimmte Berufsgruppen signalisieren, dass eine Mehrheit bei ihnen Interesse an der Pflicht hat, dann sind wir bereit, dem nachzukommen. Dazu muss ich aber noch eine Sache anmerken. Regelmäßig unterhalte ich mich mit den Anbietern von Sozialdienstleistungen. Und sie haben große Angst, dass die Hälfte der Nicht-Geimpften im Falle einer Pflicht ihre Arbeit aufgeben könnte.“

Am Freitag äußerte sich zudem die Vakzinologische Gesellschaft zur möglichen Impfpflicht. Laut ihrem Vorsitzenden Roman Chlíbek unterstützt die Vereinigung zwar die Pflicht zur Immunisierung für bestimmte Berufsgruppen, aber nicht allgemein für Menschen ab 60 Jahren.