Crystal wird in Tschechien mehr konsumiert – Marihuana-Verbrauch geht leicht zurück

Crystal (Foto: ČT24)

Eine neue Studie, bei der das Abwasser aus 42 europäischen Städten analysiert wurde, hat es wieder zu Tage gefördert: Tschechien ist europaweit das Land, in dem Crystal (Pervitin) am meisten genutzt wird. Laut dem neuesten europäischen Drogenbericht nimmt Tschechien aber auch bei der Nutzung von Marihuana weiter eine führende Position ein, doch hier ist der Trend zumindest rückläufig.

Crystal  (Foto: ČT24)
Die Modedroge Crystal wird in Tschechien schon seit langem genutzt, und zwar unter dem Namen Pervitin. Und verkauft wird das Rauschgift – leider – nicht mehr nur wie noch vor 20 Jahren auf einigen in der Szene bekannten Plätzen, sondern mittlerweile schon fast öffentlich.

„Das Zentrum der Drogenszene in Tschechien konzentriert sich nach 20 Jahren bereits auf die Verkehrsknotenpunkte in Prag“, sagt der Leiter für Außenbetreuung der Drogenberatung Sananim, Aleš Herzog. Er belegt den neuen Trend mit einem markanten Beispiel:

Foto: marin,  FreeDigitalPhotos.net
„Der Fußweg hier hinter mir auf dem Prager Wenzelsplatz ist de facto solch ein Treffpunkt, an dem sich täglich 500 bis 800 Leute aus der Szene begegnen. Viele kennen sich, manche auch nicht, doch es werden immer die gleichen Fragen gestellt: ´Willst du was? und Hast du was?´“

Weitere bekannte Treffpunkte der Drogendealer und -konsumenten sind laut Herzog öffentliche Toiletten und Parks. In anderen Städten aber, wie zum Beispiel in Ostrava / Ostrau, wo die öffentlichen Plätze nicht so weitläufig seien, hat sich die Drogenszene in die eigenen vier Wände zurückgezogen. Daher sei es für die Fahnder der tschechischen Drogenpolizei auch nicht leicht, den Produzenten und Vertreibern von Crystal auf die Spur zu kommen, sagt der nationale Koordinator der Antidrogen-Zentrale, Jindřich Vobořil:

Jindřich Vobořil  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Was die Arbeit der Polizei erschwert, ist der Fakt, dass der tschechische Drogenmarkt sehr fragmentiert ist. Crystal wird in jedem kleinem Dorf hergestellt und in unterschiedlichsten Wohnungen. Es wird in kleinen Mengen und für kleine Gruppen von Konsumenten produziert. Man kann also kaum erwarten, dass die Polizei einen Fund von mehreren Dutzend Kilo Crystal macht, so wie es anderswo bei Heroin oder Kokain der Fall ist. Das ist nahezu ausgeschlossen.“

Auch deswegen bleibt die Bilanz der Drogenfahndung eher bescheiden: Es heißt, dass die Polizei nur ein Zehntel der im vergangenen Jahr hierzulande produzierten sechs Tonnen Crystal sicherstellen konnte. Die Zahl der dauerhaften Konsumenten von Crystal in Tschechien liegt inzwischen bei 31.000. Dazu bestätigt der Redakteur des Tschechischen Rundfunks, Ľubomír Smatana:

Ľubomír Smatana  (Foto: Tomáš Novák,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Der Verbrauch von Crystal in Tschechien ist sehr hoch. Was indes von der Droge produziert wird, wird meist hierzulande auch konsumiert. Hinzu kommen die zwei kleineren Absatzmärkte in Bayern und Sachsen. Crystal aus Tschechien wird also nur auf dem begrenzten lokalen Markt angeboten.“

Muss also die Entwicklung bei der Herstellung und Konsumierung von Crystal mittlerweile als bedenklich eingestuft werden, so ist die Nutzung von Marihuana insbesondere durch junge Tschechen inzwischen rückläufig. Dazu hätten die mediale Aufklärung wie auch einige Präventivmaßnahmen beigetragen, behauptet Vobořil. Nichtsdestotrotz macht der nationale Koordinator der Antidrogen-Zentrale auf ein neues Phänomen unter den Jugendlichen aufmerksam:

„Interessant ist die Beobachtung, dass die Entwicklung der Zahlen bei den Konsumenten von Hanf beziehungsweise Marihuana nicht mit der steigenden Zahl von Personen einhergeht, die von Rauschmitteln abhängig werden. Und dabei stellt besonders die zunehmende Zahl von jungen Leuten, die alkoholsüchtig werden, ein großes Problem dar.“