Das Schloss mit drei Türmen: Mníšek pod Brdy

Schloss Mníšek pod Brdy (Foto: Martina Schneibergová)

Das mittelböhmische Städtchen Mníšek pod Brdy liegt etwa 30 Kilometer vom Prager Stadtzentrum entfernt. Das Städtchen mit 4.500 Einwohnern ist ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen durch die bewaldete Landschaft von Brdy. Die Dominante der Stadt ist das klassizistische Schloss, das inmitten eines Parks unweit des Marktplatzes steht. Während des Kommunismus ist der Großteil des Schlossmobiliars geplündert worden. Den einstigen Adelssitz nutzte damals das Innenministerium vor allem für die Aufbewahrung von Archivmaterialien. Erst im Jahr 2000 begann man allmählich, das Schloss in Stand zu setzen und es nach historischen Dokumenten wieder einzurichten. Das staatliche Denkmalschutzamt öffnete das Areal für die Öffentlichkeit und die Besucher können sich nun eine Vorstellung vom Leben des Adels am Anfang des 20. Jahrhunderts machen.

Schloss Mníšek pod Brdy  (Foto: Martina Schneibergová)
Mitte des 14. Jahrhunderts wurde das Schloss Mníšek das erste Mal erwähnt. 1355 stand anstelle des heutigen Schlosses eine unbedeutende kleine Jagdburg. Mníšek wurde jedoch in das von Karl IV. entworfene Gesetzbuch Maiestas Carolina eingetragen. Ende des 15. Jahrhunderts kaufte Jan Vratislav z Mitrovic diese Burg. Im Besitz der Herren von Mitrovic blieb sie 160 Jahre lang, sie ließen sie in ein Renaissanceschloss umwandeln. Dieses Schloss wurde 1639 durch das schwedische Heer von General Banér ausgeplündert und teilweise niedergebrannt. Das verwüstete Herrengut kaufte 1655 Servatius Engel von Engelsfluss. Anstelle des niedergebrannten Adeligensitzes ließ er ein großes Barockschloss erbauen. Auffallend an dem Schlossgebäude, das im 18. Jahrhundert im klassizistischen Stil umgebaut wurde, ist die Zahl der Schlosstürme. Es macht den Eindruck, als ob der Baumeister vergessen hätte, einen Turm zu bauen: Das großräumige viereckige Gebäude ist nämlich mit nur drei Türmen versehen. Růžena Langerová ist Touristenführerin und kennt sich in der Geschichte des Schlosses gut aus. Wo ist der vierte Turm geblieben?

Schlosstor  (Foto: Martina Schneibergová)
„Bei uns in der Region wird folgende Legende erzählt: Als Servatius Engel von Engelsfluss das Schloss errichten ließ, waren drei Türme fertig gestellt. Da es ihm an Zeit und vor allem an Geld mangelte, bat er den Teufel um Hilfe. Dieser versprach ihm, dass er ihm einen Turm mitbringen wird, bevor die Sonne aufgehen und der Hahn dreimal krähen wird. Herr Servatius hatte vor der Hölle doch ein bisschen Angst und ließ den Hahn früher aus dem Käfig raus. Der Teufel flog in dem Moment mit einem Turm unter dem Arm über Mittelböhmen, hörte den Hahn und dachte, dass er sich gerade über dem Schloss Mníšek befände. Er ließ den Turm fallen, jedoch am Wallfahrtsort Svatá Hora / Heiligenberg. Seitdem gibt es auf dem Heiligenberg eine Mníšek-Kapelle, deren Kuppel den hiesigen Schlosstürmen ähnelt. Zudem soll sich an der Stelle, wo der Turm auf die Erde fiel, eine Heilquelle befinden.“

Schlosshof  (Foto: Martina Schneibergová)
Soweit die Legende über Herr Servatius Engel und den Teufel. Es gebe jedoch einen anderen Grund, warum der Prager Bürger Servatius Engel seinen neuen Sitz Mníšek nur mit drei Türmen ausstattete, meint Růžena Langerová:

„Er stammte nicht aus einer Adelsfamilie. Servatius war Gerber von Beruf und übersiedelte mit seiner Familie aus Flandern nach Böhmen. Auf der Prager Kleinseite errichtete er eine Werkstatt für Lederverarbeitung. Servatius war ein tüchtiger Unternehmer: Während des Dreißigjährigen Kriegs war er der einzige Lieferant von Fußsohlenleder. Dabei belieferte er alle kriegsführenden Parteien und ist aufgrund dessen sehr reich geworden. Zudem beteiligte er sich an der Verteidigung der Prager Karlsbrücke und wurde für seine Verdienste in den Adeligenstand erhoben. Als Adeliger suchte er in der Umgebung von Prag nach einem Ort, wo er sich einen repräsentativen Adelssitz bauen könnte. Für 55.000 Gulden kaufte er das ausgeplünderte Mníšek und ließ dort eine neue Residenz erbauen. Der Bau des geräumigen Barockschlosses dauerte damals zwölf Jahre lang. Er wollte wahrscheinlich die anderen Adeligen nicht mit vier Türmen provozieren, weil er auch weiterhin Leder verkaufen wollte.“

Foto: Martina Schneibergová
Servatius Engel von Engelsfluss war sehr praktisch und verließ sich nur auf sich selbst. Um den Verlauf der Bauarbeiten persönlich beobachten zu können, ließ er gleich ein Haus in Mníšek bauen. Dort lebte er mit seiner Familie, bevor das Schloss fertig gestellt war. Es ist das älteste Haus auf dem Markplatz, das so genannte „Haus zum verlorenen Sohn“. Heute befindet sich dort ein Restaurant. Das Schloss wechselte in den folgenden Jahrhunderten noch einige Mal den Besitzer. Anfang des 20. Jahrhunderts erbte Theodorich Freiherr Kast von Ebelsberg das Schloss. Der Familie Kast gehörte Mníšek bis 1945.

Bei der Führung durch das Schloss werden zuerst elf historische Repräsentationsräume gezeigt, in denen das Leben des niedrigeren Adels dokumentiert wird. Besichtigen kann man auch die Privaträume der Familie Kast. Dort lassen sich beispielsweise Kinder-, Schlaf- oder auch Badezimmer bewundern – und zwar so, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgesehen haben. Von der Treppenhalle, in der Harnische aus dem Dreißigjährigen Krieg ausgestellt sind, geht es in den ersten der Repräsentationsräume des Schlosses. Von den Originalmöbeln aus Mníšek ist im so genannten „winterlichen Speisesaal“ nur ein eingebauter Schrank aus dem 18. Jahrhundert erhalten geblieben. Růžena Langerová:

Schlosskapelle  (Foto: Archiv der Schlossverwaltung)
„An dem Schrank ist interessant, dass in seiner hinteren Wand ein Loch ist. Dort beginnt ein Schacht, der bis in den Keller reicht. Wir wissen eigentlich nicht genau, wozu dieser Schacht diente. Die Denkmalschützer meinen, dass durch den Schacht Wein aus den Kellern in den Speisesaal transportiert wurde.“

Der Raum wird heutzutage von der Stadt Mníšek als Trausaal genutzt. Er mündet in einen der drei Schlosstürme, in dem eine Kapelle eingerichtet ist, die dem heiligen Servatius geweiht ist. Das Altarbild mit dem Heiligen ist ein Werk des berühmten tschechischen Barockmalers Karel Škréta. Die Einrichtung der Kapelle, zu der auch geschnitzte Bänke aus der Barockzeit gehören, ist erstaunlicherweise erhalten geblieben, erzählt die Touristenführerin:

Blick auf die Stadt  (Foto: Martina Schneibergová)
„Es ist interessant, dass von den Gegenständen aus der Kapelle nichts verloren gegangen ist, auch wenn nach 1945 das Mobiliar des Schlosses gestohlen wurde. Ich meine, dass die Leute damals doch noch religiös veranlagt waren. Denn die Gegenstände aus der Kapelle wurden die ganzen Jahre lang in der hiesigen Pfarrkirche aufbewahrt. Nach der gründlichen Instandsetzung des Schlosses konnte die Kapelle mit den Originalgegenständen und Kunstwerken wieder eingerichtet werden.“

Der Wintersalon reichte nicht aus, wenn mehrere Gäste zu Besuch nach Mníšek kamen. In dem Fall wurde das Essen im so genannten „festlichen Speisesaal“ serviert. Große Portraits der Grafen Pachta von Rájov / Rayhofen, an die das Schloss im 18. Jahrhundert überging, schmücken die Wände des prunkvollen Saals.

Speisesaal  (Foto: Archiv der Schlossverwaltung)
„Die Grafen Pachta waren große Musikliebhaber. Auf ihre Einladung hin ist auch Wolfgang Amadeus Mozart nach Prag gekommen. Der größte Musikkenner war Johann Joseph Pachta. Er suchte seine Kammerdiener und anderen Angestellte danach aus, in wieweit sie ein Musikinstrument beherrschten. Daher konnte er dann aus seinen Angestellten ein Orchester zusammenstellen und mit ihnen musizieren.“

An die Musikinteressen der Familie Pachta erinnert ein historisches Klavier. Das Musikinstrument wurde von der Wiener Firma Joseph Schneidersamt gebaut. In den auf dem Klavier aufgeschlagenen Noten findet man die Unterschrift von Llewelyn Kast, Freiherr von Ebelsberg, einem der letzten Schlossbesitzer. Mehr über die Familie Kast und ihr Leben auf dem Schloss Mníšek bringen wir in der nächsten Ausgabe von „Reiseland Tschechien“, in der wir die Führung durch die Repräsentations- sowie die Privaträume der Schlossherren fortsetzen werden.

Mehr über die Öffnungszeiten des Schlosses erfahren Sie unter www.zamek-mnisek.cz.

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