Die Österreichische Schule in Prag

Seit knapp einem Monat läuft in Tschechiens Schulen der Betrieb wieder auf Hochtouren. Obwohl die meisten Kinder hierzulande Schulen besuchen, wo in der Muttersprache, also in Tschechisch, unterrichtet wird, erfreuen sich seit einigen Jahren auch die internationalen Schulen wachsender Beliebtheit. Eine davon ist die Österreichische Schule in Prag, die für uns unser freier Mitarbeiter Robert Schuster besuchte.

Was für viele Prager Kinder und ihre Eltern heute als völlig normal gilt, war noch vor knapp 12 Jahren eine Ausnahme: Die Möglichkeit in Prag eine internationale Schule zu besuchen. Schulen in denen nicht nach tschechischen Lehrplänen gelehrt und in einer anderen Sprache als Tschechisch unterrichtet wurde, gab es zwar auch schon vor der Wende des Jahres 1989, aber sie waren tschechischen Kindern nicht zugänglich. Meistens standen sie nämlich unter der Obhut von ausländischen Botschaften und waren für Kinder von westlichen Diplomaten bestimmt. Heute ist das Angebot in dieser Hinsicht wesentlich bunter. Zu den etabliertesten internationalen Schulen gehört auch die Österreichische Schule Prag. Als eine der ersten, die nach den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen von 1989 gegründet wurden, kann sie heute bereits auf ein zehnjähriges Bestehen zurückblicken. Seit knapp einem Monat drücken nun wieder 219 Schülerinnen und Schüler die Bänke in der Schule, die ihren Hauptsitz im fünften Prager Stadtbezirk, in Smichov, hat. Gibt es eigentlich auch in anderen europäischen Metropolen österreichische Schulen? Das fragten wir die Leiterin der Österreichischen Schule in Prag, Frau Mag. Maria Grünes:

"Es gibt in Budapest eine Schule, die auch die gleiche Ideologie hat und die anderen Österreichischen Schulen, die noch existieren sind in Istanbul und in Guatemala. Insgesamt gibt es vier Österreichische Schulen."

Das Prinzip, nach welchem in allen diesen vier Schulen der Unterricht gewährleistet wird, bleibt, wie Frau Grünes gegenüber Radio Prag betont, immer das gleiche: Es geht in erster Linie darum, daß die Schülerinnen und Schüler sowohl ein vollwertiges Abiturzeugnis ihres Heimatlandes, als auch ein österreichisches erhalten. Letzteres ermöglicht ihnen mittlerweile ein weiteres Studium nicht nur in Österreich, sondern im gesamten EU-Raum. Das bedeutet aber vor allem, daß die Lehrpläne aufeinander abgestimmt werden müssen. Etwas vereinfacht gesagt, gibt es eigentlich unter dem Dach der Österreichischen Schule Prag eigentlich zwei Gymnasien, wie die Leiterin der Schule erklärt:

"Wir haben ein sechsjähriges Gymnasium und ein vierjähriges. Das vierjährige entspricht genau dem österreichischen Oberstufengymnasium mit einer Ergänzung - unsere Schüler müssen Tschechisch lernen und im Gegenstand Tschechische Staatsbürgerkunde sind all diese Dinge drinnen, die für die für die Studienberechtigung in der Tschechischen Republik notwendig sind und die nicht durch den österreichischen Lehrplan abgedeckt sind. Das ist ein eigener Gegenstand, der gegründet wurde und eigens für die Österreichische Schule zusammengestellt wurde. Beim sechsjährigen Gymnasium dienen die ersten beiden Jahre als Vorbereitungsjahre, wo normal der tschechische Lehrplan erfüllt wird, aber schon intensiv auf den Unterreicht in deutscher Sprache vorbereitet wird nicht nur durch intensiven Deutsch-Unterricht, sondern auch durch Fachsprachen-Unterricht, wo die Schüler z.B. in Mathematik die Fachausdrücke für den Mathematik-Unterricht lernen."

Nicht alle internationalen Schulen, die es in Tschechien gibt, werden jedoch so wie die Österreichische Schule Prag auch automatisch vom tschechischen Schulministerium anerkannt und in das System der Mittelschulen eingegliedert. Die meisten haben nämlich Charakter von Privatschulen und bekommen deshalb vom Staat keinerlei finanzielle Unterstützung. Wie ist es eigentlich überhaupt um die Finanzierung der Schule bestellt?, war unsere weitere Frage an Frau Direktor Grünes:

"Die Finanzierung der Schule steht sozusagen auf drei Beinen, Österreich selber finanziert die österreichischen Lehrer, finanziert die Aufenthalte in Österreich, wie Wien-Woche, Skikurs, und finanziert auch die Schulbücher, die verwendet werden. Alle Posten, die hier in Tschechien anfallen, wie Lehrerkosten, Verpflegung unserer tschechischen Lehrer, oder auch Mietkosten, Enstandhaltungskosten und dergleichen, werden von Einkünften aus Tschechien beglichen."

Die letzte und dritte Säule bei der Finanzierung der Schule bildet das Schulgeld, welches die Eltern der Schülerinnen und Schüler zu entrichten haben. Die Höhe dieses Beitrags liegt bei 10 Prozent des tschechischen Durchschnittseinkommens und wird jedes Jahr auf der Jahreshauptversammlung aufs Neue festgelegt. Für nächstes Jahr ist übrigens laut Frau Grünes eine leichte Erhöhung geplant, da das Durchschnittsgehalt im Land von 12 000 auf 13 000 Kronen angestiegen ist.

Jedes Jahr bewerben sich über 100 Schüler um einen Platz an der Prager Österreichischen Schule. Sie müssen sich einer Aufnahmeprüfung in drei Fächern unterziehen: Deutsch, Tschechisch und Mathematik. Obwohl laut Frau Grünes fast alle bei diesen Tests bestehen, können jedoch nur 30 aufgenommen werden. Die Bewerber kommen dabei meistens aus Prag. Kurz nach der Wende verzeichneten die Lehrer an der Prager Österreichischen Schule ein interessantes Phänomen: Einige tschechische Bewerber, die sich um einen Platz an der Schule beworben haben und vor 1989 lange Zeit in Deutschland lebten und dann mit ihren Familien zurückkehrten, haben die Aufnahmeprüfung in Tschechisch nicht bestanden. Ähnlich, wie bei den Lehrplänen, geht es an der Prager Österreichischen Schule auch bei dem Lehrpersonal zu. Auf 11 österreichische Lehrer entfallen ebensoviele tschechische. Während jedoch die Lehrkräfte aus Österreich an der Schule vollbeschäftigt sind, sind die meisten von ihren tschechischen Kollegen dort teilbeschäftigt und lehren hauptberuflich noch an anderen Prager Schulen. Wie kommt man eigentlich als Lehrer an die Österreichische Schule, muß man da gewisse Voraussetzungen mitbringen oder spielt auch das Alter eine Rolle, indem etwa insbesondere jungen Lehrkräften der Vorzug gegeben wird, fragten wir Schulleiterin Maria Grünes:

"Normalerweise ist es so, daß Junglehrer nicht genommen werden, weil sie eine gewisse Erfahrung haben müssen. Die auslese für die österreichischen Lehrer ist seh sehr streng und es werden sehr hohe Qualitätsansprüche gestellt. Wir haben heuer die Möglichkeit eine ganz junge Kollegin zu bekommen, die aber auch ausgezeichnet qualifiziert ist und daher auch genommen werden konnte. Die Alterstruktur der österreichischen Lehrer ist sehr sehr unterschiedlich,sie reicht also von ganz jung bis knapp vor der Pensionierung und auch bei den tschechischen Lehrern haben wir eine ganz große Streuung im Alter."

Schon beim flüchtigen Blick auf den etwas versteckt gelegenen Altbau, in dem sich die Prager Österreichische Schule befindet, liegt die Vermutung nahe, daß nicht alle der 219 Schülerinnen und Schüler im Gebäude Platz haben können. Das bestätigt auch Schulleiterin Grünes. Schon seit Jahren finden deshalb einige Lehrveranstaltungen in Gebäuden von zwei weiteren Partnerschulen statt. Eine davon ist das Lycee francaise, welches unmittelbar an die Österreichische Schule grenzt. Dort befinden sich einige Klassen der Prager Österreichischen Schule. Der Kooperation unter den in Prag angesiedelten internationalen Schulen mißt auch Frau Direktor Maria Grünes ein großes Gewicht bei, wie sie abschließend erläutert:

"Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit. Die Direktoren der internationalen Schulen treffen sich im Schnitt all zwei Monate, wobei jedes Mal eine andere Schule Gastgeber ist. Die Beziehungen unter einander sind teils auch im Unterricht gegeben, also daß man gemeinsame Projekte macht. Wir haben aus unserer Lage heraus eine sehr starke Beziehung zum Lycee francaise, zur französischen Schule, wo wir auch Klassen untergebracht haben aus Raumgründen. Unsere Schule ist zu klein und die Übersiedlung in die neue Schule wird leider nicht so rasch erfolgen, wie wir es gerne hätten."