Drei Jahre nach der Katastrophe: Petr Fejk, Direktor des Prager Zoos Troja

Petr Fejk, foto: Autor
0:00
/
0:00

Wer den Namen Troja hört, der denkt wahrscheinlich zunächst an die Sagenwelt der Antike, oder konkret an das trojanische Pferd, sozusagen das Urbild der Kriegslisten. Bei den Pragern könnte das ein wenig anders sein: Wenn ein Prager den Namen Troja hört, dann denkt er vielleicht als erstes an das gleichnamige Viertel der tschechischen Hauptstadt, an das dort befindliche Schloss und den gleich daneben liegenden Zoo. Trojanisches Pferd gibt es dort zwar keines, aber ungefähr 500 andere Tierarten. Drei Jahre nach einer verheerenden Überschwemmungskatastrophe erstrahlt der Zoo nun in neuem Glanz. Gerald Schubert unterhält sich in der folgenden Ausgabe unserer Sendereihe "Heute am Mikrophon" mit Petr Fejk, dem Direktor des Prager Zoos in Troja:

Petr Fejk,  foto: Autor
"Wir befinden uns hier im Prager Stadtteil Troja. An Troja grenzt, gleich auf der anderen Seite der Moldau, der Park Stromovka an. Ein Steg verbindet beide Lokalitäten. Gleich in der unmittelbaren Nachbarschaft gibt es auch einen botanischen Garten, und auch das Schloss Troja. Für die Prager ist diese Gegend, was die Freizeitgestaltung betrifft, die meistbesuchte der Stadt."

... sagt Petr Fejk, der Direktor des Prager Zoos. Seit wann gibt es die Anlage, hier am Ufer der Moldau? Und welchen Stellenwert nimmt sie im Vergleich mit anderen tschechischen und europäischen Tierparks ein? Petr Fejk:

Foto: Autor
"Den Zoo gibt es hier seit 74 Jahren. Er ist aber weder der älteste, noch der größte in Tschechien. Denn der Zoo in Chomutov ist beispielsweise größer, der in Liberec wiederum ist älter. Auch im Vergleich mit anderen mitteleuropäischen Metropolen ist es ähnlich: Dort sind die Tierparks meist schon im 19. Jahrhundert entstanden, in Prag aber erst im Jahr 1931. Dass er sehr jung ist, hat aber auch Vorteile. Er wurde einfach an einer sehr gut geeigneten Stelle errichtet. In Wien, Berlin oder Budapest sind die Zoos eher im Zentrum der Stadt und liegen heute in der Nähe von Autobahnen oder in dicht verbautem Gebiet. Wir sind hier von schöner Natur umgeben, wir haben echte Wasserflächen, echte Felsen, echte Wälder, echte Wiesen. Wenn er also auch nicht der älteste ist, so ist der Prager Zoo aber auf jeden Fall der meistbesuchte. Und wir haben die größte Zahl an Tieren. Gegenwärtig kommen jährlich mehr als eine Million Besucher, und wir haben etwa 4000 Tiere aus 500 Arten. Die Gesamtfläche des Zoos beträgt 60 Hektar, für die Besucher gibt es darauf Wege von insgesamt ungefähr 12 Kilometern."

Foto: Autor
Dass der Zoo unmittelbar am Wasser liegt, davon war bereits die Rede. Was heute einen Teil der Naturschönheiten der Gegend ausmacht, war im August 2002 Auslöser einer Katastrophe. Die Überschwemmungen, die damals weite Teile Prags und der Tschechischen Republik heimgesucht hatten, betrafen auch den Prager Zoo:

"Vor einigen Tagen hatten wir den dritten Jahrestag des Hochwassers. Das war damals die größte Tragödie, die der Prager Zoo jemals erlebt hat. Innerhalb von wenigen Stunden mussten wir mehr als 1000 Tiere evakuieren - Elefanten, Nashörner, Nilpferde, Menschenaffen, hunderte Vögel, usw. Leider ist es uns nicht gelungen, alle Tiere zu retten. Vor allem mehrere Dutzend Vögel sind gestorben, und zwar an dem Schock. Und wir mussten sogar einen Elefanten und ein Nilpferd töten - ein sehr traumatisches Erlebnis. Insgesamt kann man sagen, es war die größte Evakuierungsaktion, die es jemals in irgendeinem Tierpark der Welt gegeben hat. Der Schaden betrug eine Viertelmilliarde Kronen, das sind fast achteinhalb Millionen Euro. Der gesamte untere Teil, also die Hälfte des Zoos, war komplett zerstört. Wir mussten eigentlich wieder von vorne beginnen. Heute, drei Jahre später, können wir sagen, dass es uns nicht nur gelungen ist, den Zoo wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurück zu versetzen, sondern die Hochwasserkatastrophe als Herausforderung anzusehen, dem Tierpark das Antlitz des 21. Jahrhunderts zu verleihen. Heute haben wir hier einen komplett neuen Zoo. Von den neun Pavillons, die wir haben, sind acht im vergangenen Jahr entstanden. Ich bin schon kreuz und quer durch die Welt gefahren und habe die verschiedensten zoologischen Gärten gesehen. Aber ich kann sagen, dass der Prager Zoo derzeit wirklich einer der schönsten in Europa ist. Die neueste Attraktion ist dabei der Indonesische Dschungel, ein Pavillon mit allem Drum und Dran, inklusive Regen, tropischen Temperaturen und so weiter. Das ist unser Flaggschiff, und es zeigt meiner Meinung nach, wie ein moderner europäischer Zoo aussehen sollte."

Lední medvěd - Eisbär
Gibt es derzeit Nachwuchs im Zoo, auf den sich die Besucher freuen können? Direktor Petr Fejk:

"Derzeit gehört dazu ganz bestimmt ein kleiner Eisbär. Gerade jetzt beginnt er, sich auch draußen zu zeigen. Aber das wertvollste Junge überhaupt, das erst in letzter Zeit geboren wurde, ist das erste Gorillababy, das jemals in Tschechien zur Welt kam. Es ist ein Weibchen und heißt Moja. Moja wurde zwar schon im Dezember geboren, aber jetzt ist sie groß genug, um die Besucher wirklich voll auf ihre Kosten kommen zu lassen. Was neue Tierarten betrifft: Der ganze Indonesische Dschungel ist voll von Tieren, die es früher in Prag niemals gegeben hat."

Übrigens: Auf seinen Visiten in anderen Tiergärten haben sich für Petr Fejk interessante kulturelle Vergleichsmöglichkeiten erschlossen:

Foto: Autor
"Der Prager Tierpark ist ein langjähriges Mitglied der weltweiten Assoziation der zoologischen Gärten und Aquarien. Diese Assoziation veranstaltet jedes Jahr irgendwo auf der Welt ein Treffen von Zoodirektoren. Dank dieser Konferenzen habe ich schon Zoos auf allen Kontinenten gesehen. Ich kann sagen, dass Qualität und Stil der zoologischen Gärten sehr unterschiedlich sind, dass nicht nur die ökonomischen Bedingungen, sondern auch die Mentalität eines Volks sich in ihnen bemerkbar machen. Man kann an einem Zoo, an dem Zugang zu den Tieren, sehr gut erkennen, welche Werte für ein Volk wichtig sind. Verkürzt kann man sagen: Die Amerikaner haben einen Hang zur Show. Die Deutschen wiederum sind sehr wissenschaftlich und ernst. Die Japaner sind hervorragende Gärtner, aber nicht ganz so gut bei der Tierhaltung. Der Prager Zoo ist glaube ich ein typisch mitteleuropäischer Zoo, der ein ausgewogenes Verhältnis, eine Harmonie all dieser Elemente zeigt: Gute Bedingungen für die Tiere, ein guter Service gegenüber den Besuchern, und nicht zuletzt das Design. Das betrifft auch Wege, Bänke und sogar Mülleimer. Alles ist wichtig, und alles sollte in einem bestimmten Stil gestaltet sein. Das finden Sie in anderen Teil der Welt nicht, das ist eine europäische Spezialität."