Drohbriefe und Rausschmiss – Whistleblower gegen Korruption ausgezeichnet
Weltweit der bekannteste Whistleblower ist sicher Edward Snowden. Hierzulande sind die Whistleblower aber nicht so sehr mit Datenmissbrauch konfrontiert, sondern immer wieder mit Korruption. Diese tschechischen Snowdens sind am Mittwoch in Prag ausgezeichnet worden. Der unabhängige „Stiftungsfonds gegen Korruption“ belohnte sie für ihren Mut.
Lukáš Wagenknecht ist Finanzcontroller. Er hat sich mit der Regierungspartei Ano von Vizepremier und Finanzminister Andrej Babiš angelegt. Zunächst machte er als Staatssekretär im Finanzressort auf mögliche Manipulationen bei der Vergabe von EU-Fördermitteln aufmerksam. Es ging um Machenschaften im Ministerium für Regionalentwicklung, geleitet von einer der Partei Ano nahestehenden Politikerin. Wagenknecht wurde unter Druck gesetzt:
„Es war im Frühling dieses Jahres. Meine Familie und ich haben wiederholt Drohbriefe erhalten, mir wurden die Autoreifen zerstochen. Am Schlimmsten war aber, als meine Mutter einen der anonymen Drohbriefe in der Post fand, ihn öffnete und verstand, worum es darin ging. Das verursachte bei ihr gesundheitliche Probleme, für mich war dies sehr unangenehm“, so der 37-jährige Beamte.
Letztlich wurde Lukáš Wagenknecht als Staatssekretär abberufen. Eine weitere Beschäftigung am Ministerium lehnte er dann selbst ab. Doch abgeschreckt haben ihn die Erlebnisse nicht. Als Aufsichtsratsmitglied beim halbstaatlichen Energiekonzern ČEZ wies er auf weitere Machenschaften hin. Es ging um die stellvertretende Vorsitzende der Partei Ano, Radmila Kleslová. Über Jahre hinweg erhielt sie von ČEZ ein hohes Beraterhonorar. Das Problem dabei: Der Konzern untersteht Ano-Parteichef und Finanzminister Babiš. In dem Fall hatte Wagenknecht aber Erfolg. Mittlerweile hat Kleslová nicht nur ihren Beratervertrag verloren, sondern auch alle Parteifunktionen.Aber auch auf niedrigerer Ebene und wegen weniger Geldes kann man als Whistleblower schwere Probleme bekommen. Jana Průšková war beim Trägerverein eines preisgekrönten Kinderchors in Liberec / Reichenberg beschäftigt. Als Managerin habe sie dort schwarze Kassen entdeckt, sagt Průšková. An diesen hätten sich die Vereinsgründer und Funktionäre regelmäßig bedient. Die Managerin konfrontierte die Geldgeber – Sponsoren und Eltern – mit ihren Entdeckungen. Aber erfolglos:
„Man muss sich das so vorstellen. Die sitzen im Konzert und sehen, welche Schönheit entsteht, wenn die Chorleiterin dirigiert, lächelt, die Kinder anleitet. Dann trete ich vor die Menschen und sage: Diese Person nimmt den Chor finanziell aus. Das ist ein extremer Schock für die Leute.“Letztlich wurde Jana Průšková rausgeschmissen. Aber nicht nur das: Sie zog vor Gericht und verlor. Dabei erhielt sie Hinweise, dass der zuständige Richter unter Druck gesetzt worden sein soll.
Dass Menschen gegen Korruption kämpfen, selbst wenn sie damit ihre Karriere aufs Spiel setzen, sei aber wichtig. Dies sagt der Direktor des „Stiftungsfonds gegen Korruption“, Petr Soukenka:
„Wir vergeben auch ein Preisgeld. Aber alle Preisträger haben dieses Geld bisher für Gerichtskosten gebraucht oder um nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes über die Runden zu kommen.“
Der „Stiftungsfonds gegen Korruption“ wurde 2011 von zwei Unternehmern und einem Schauspieler gegründet.