Ein Leben lang der Kunst verbunden: Mäzenin Mládková im Alter von 102 Jahren gestorben
Mit 102 Jahren ist am Dienstag die Kunstsammlerin und Mäzenin Meda Mládková gestorben. Wir blicken auf das Leben einer der bedeutendsten Personen der tschechischen Kunstgeschichte zurück.
Der Tod Meda Mládkovás hat in Tschechien viel Trauer ausgelöst. Der Europa-Abgeordnete Jiří Pospíšil (Top 09) ist Vorsitzender des Museums Kampa und der Stiftung von Jan Mládek und Meda Mládková. Am Dienstagmorgen sagte er in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Meda Mládková war eine bewundernswerte Persönlichkeit. Sie hatte ein großes Herz, war eine glühende Patriotin und liebte Tschechien sehr. Ihr eigener Ruhm war ihr nie wichtig. Alles, was sie tat, tat sie, um anderen zu helfen – vor allem der tschechischen Kultur.“
Ondřej Kundra hat ein Buch über die Kunstmäzenin geschrieben. Er sagte am Dienstag im Tschechischen Rundfunk:
„Meda Mládková war ganz ohne Zweifel eine der bedeutendsten Frauen der modernen Geschichte Tschechiens. Als eine der wenigen Frauen aus der Tschechoslowakei konnte sie sich international durchsetzen. Sie verhalf den tschechoslowakischen Malern, Bildhauern und weiteren Künstlern aus ihrer misslichen Lage heraus. Mládková hatte eine Eigenschaft, die in Tschechien nicht üblich ist, und zwar Beharrlichkeit.“
Aber wer war die Kunstsammlerin?
Meda Mládková wurde am 8. März 1919 als Marie Sokolová in Zákupy / Reichstadt bei Liberec / Reichenberg geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging sie zunächst in die Schweiz, wo sie Wirtschaft studierte. Später emigrierte sie nach Frankreich. Dort belegte sie an der Pariser Sorbonne das Fach Kunstgeschichte.
Von Anfang an war Mládková im Exil gut mit Emigranten aus der Tschechoslowakei vernetzt. Zu Beginn der 1950er Jahre gründete sie in Paris den Buchverlag Editions Sokolova. Im Rahmen dessen kam es auch zum Treffen mit ihrem späteren Ehemann. Jan Mládek war damals Gouverneur des Internationalen Währungsfonds. Das erste Treffen beschrieb Mládková später in einem Interview für den Tschechischen Rundfunk:
„Ich hatte zuvor so oft gehört, dass Jan Mládek der mächtigste Mann im Exil und ein großer Patriot sei. Doch er unterstützte uns nur mit zwei Dollar pro Buch. Ich hatte aber kein Geld mehr, und die Herausgabe eines Titels kostete uns 1000 Dollar. Eines Tages bin ich dann einfach in sein Büro gegangen und habe gesagt: ‚Herr Mládek, ich bin eine tschechische Studentin. Wie kann es sein, dass sie unsere Veröffentlichungen mit nur zwei Dollar unterstützen? Sie wissen doch, wie schwer es ist, Bücher herauszubringen!‘“
Jan Mládek wurde zuerst wütend, dann entschuldigte er sich und lud die Studentin auf einen Drink ein. Bis die beiden sich näher kennenlernten und schließlich heirateten, dauerte es jedoch noch eine Weile. Nach der Hochzeit lebte das Ehepaar in den USA. Im Haus der Mládeks in Washington trafen sich Politiker, Künstler und Intellektuelle im Exil. Meda Mládková und ihr Mann kauften zudem Kunstwerke auf – eher um zu helfen, als mit dem Hintergedanken, eine Sammlung zu gründen. In den 1960er Jahren kehrte Mládková zu Besuchen immer wieder in die Tschechoslowakei zurück. Dort erwarb sie künstlerische Arbeiten oder empfahl diese an Galerien im Westen.
Nach dem Tod ihres Mannes 1989 schenkte sie die gesamte Sammlung im Wert von 30 Millionen Dollar der Stadt Prag. Im Anschluss an die Samtene Revolution kam auch die Mäzenin in die damalige tschechoslowakische Hauptstadt. Hier wollte sie die damals baufällige Sova-Mühle unweit der Karlsbrücke in einen modernen Kunsttempel umbauen. Nach einigem politischen Gegenwind gelang dies – und 2003 öffnete das Museum Kampa seine Pforten.
Die Sammlung des Museums umfasst heute 220 Gemälde und Zeichnungen František Kupkas. Über den 1957 verstorbenen Künstler sprach Mládková mit dem Tschechischen Rundfunk: „So ist es doch immer: Große Künstler werden erst nach ihrem Tod berühmt. Das trifft auch auf František Kupka zu. Und es hat lange Jahre gedauert, ehe ich dafür sorgen konnte“, erinnert sich die Kunstsammlerin. „Was ich für Kupka getan habe, hat niemand anderes geleistet. Ich kann mit reinem Gewissen sagen, dass Kupka ohne mich heute nicht so berühmt wäre, wie er ist.“
Die Sammlung der Stiftung Jan Mládek und Meda Mládková umfasst auch Statuen Otto Gutfreunds, zahlreiche Werke Jiří Kolářs und über 1000 weitere Arbeiten tschechischer und slowakischer Künstler aus den 1960er bis 1980er Jahren.
Für ihre Verdienste um die tschechische Kunst erhielt Meda Mládková zahlreiche Auszeichnungen. 1999 wurde sie vom damaligen Präsidenten Václav Havel mit der tschechischen Verdienstmedaille ausgezeichnet.
Meda Mládková ist am Dienstag in den frühen Morgenstunden in ihrer Wohnung in Prag gestorben. Sie wurde 102 Jahre alt. Was von ihr bleibt, ist unter anderem eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Tschechiens. Diese werden im Museum Kampa an der Moldau in den kommenden 102 Jahren hoffentlich noch viele interessierte Menschen bestaunen.