Einigung bei EU-Gipfel: Tschechien zufrieden

Andrej Babiš (Foto: ČTK / AP / Olivier Matthys)

Im Kampf gegen die Corona-Wirtschaftskrise haben sich die EU-Staaten auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte geeinigt. Wie zufrieden ist Tschechien mit dem Erreichten?

EU-Gipfel in Brüssel  (Foto: ČTK / AP / John Thys)

Nach vier Tagen und vier Nächten andauernder Verhandlungen gab es am Dienstagmorgen endlich eine Übereinkunft. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union stimmten einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket zu. Der tschechische Premier Andrej Babiš war nach dem Gipfel in Brüssel erleichtert:

„Es freut mich sehr, dass die Mitgliedsstaaten einen Kompromiss gefunden haben. Auf diesen haben sich 27 Mitgliedsstaaten mit unterschiedlicher Wirtschaftsentwicklung und unterschiedlichen Interessen geeinigt. Das ist ein sehr wichtiges Signal für Europa und für die Finanzmärkte, dass die EU zu gemeinsamer Sprache fähig und solidarisch ist, dass es uns allen um das Wachstum in allen Mitgliedsstaaten geht.“

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Aus Sicht der Tschechischen Republik zeigte sich der Regierungschef zufrieden mit der Einigung. Das Ergebnis sei für Tschechien gut, er freue sich darüber, konstatierte Babiš.

Zusammen umfasst das Finanzpaket 1,8 Billionen Euro – davon 1074 Milliarden Euro für den nächsten siebenjährigen Haushaltsrahmen und 750 Milliarden Euro für ein Konjunktur- und Investitionsprogramm gegen die Folgen der Corona-Krise. Die Union nimmt dafür erstmals im großen Stil Schulden auf. Der Europa-Abgeordnete und Vizeparteichef der konservativen Bürgerdemokraten (ODS), Alexandr Vondra, äußerte Vorbehalte gegen diese Entscheidung. So sagte er gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:

Alexandr Vondra  (Foto: Jana Přinosilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

„Es ist ein Schritt zur Schulden-Union, und das ist nicht gut für die Zukunft. Aber aus kurzfristiger Sicht ist die Einigung wichtig, sie trägt zur Entspannung der Lage bei. Insbesondere mit Sicht auf Italien und Spanien, die sonst Probleme hätten, weitere Schulden auf den Kapitalmärkten aufzunehmen. Das würde die Eurozone und auch Tschechien als exportorientiertes Land destabilisieren.“

Tschechien kann in den nächsten sieben Jahren mit insgesamt 35,7 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt rechnen. Premier Babiš:

„Die Tschechische Republik ist aus den Verhandlungen sehr gut herausgekommen. Es ist uns gelungen, zusätzliche Finanzen in Höhe von 1,55 Milliarden Euro auszuhandeln, und zwar im Bereich der Kohäsion. Wir haben am stärksten für diese Mittel aus dem Kohäsionsfonds gekämpft, weil sie uns sehr wichtige Investitionen ermöglichen. Zudem haben wir ausgehandelt, dass wir bis zu 25 Prozent der Finanzen zwischen einzelnen Fonds umschichten dürfen. Das trägt dazu bei, die Mittel vor allem im Bereich der Investitionen optimal zu nutzen.“

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Der EU-Abgeordnete Vondra verweist aber auch auf die andere Seite der Medaille:

„Einerseits bekommen wir eine Milliarde Euro mehr, andererseits verlieren wir Mittel, über die kaum gesprochen wird. Und zwar aus dem Fonds zur Abfederung der Folgen des Kohleausstiegs in den am stärksten betroffenen Ländern und Regionen. Dort haben wir etwa zwei Milliarden Euro gegenüber den ursprünglichen Plänen verloren.“

Aus dem Aufbaufonds der Europäischen Union gegen den Wirtschaftseinbruch in Folge der Corona-Pandemie kann die Tschechische Republik auch Kredite aufnehmen. Die Höhe liegt bei 15,4 Milliarden Euro. Andrej Babiš:

„Falls sich die EU zu wesentlich günstigeren Bedingungen verschulden kann als wir selbst, werden wir dies nutzen. Derzeit kennen wir aber die Kreditbedingungen noch nicht.“