Eishockey-WM: Tschechien nach erneuter Jágr-Show im Halbfinale

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Am Donnerstag wurden bei der Eishockey-Weltmeisterschaft die vier Halbfinalisten ermittelt. Bei der vordem letzten WM in Tschechien, die 2004 ebenso in Prag und Ostrava / Ostrau ausgetragen wurde, war die tschechische Mannschaft voll und ganz auf den Titel programmiert. In der Vorrunde gewann sie jedes Spiel, doch als es darauf ankam, die entscheidende K.o.-Runde zu meistern, scheiterte sie schon in der ersten Partie an den USA. Nun, elf Jahre später, stand das Team aus Tschechien bei seiner Heim-WM wieder in einem Viertelfinale. Diesmal war Finnland der Gegner.

Tschechische Fans  (Foto: ČTK)
Schon beim Öffnen der Eingangstüren zur O2-Arena bedeuteten die tschechischen Fans mit Sprechchören und Trommelwirbel, dass sie gewillt sind, ihre Mannschaft bedingungslos zu unterstützen in dem gewiss heißen und packenden Spiel, das auf sie alle zukommt.

So kam es dann auch, es wurde das fesselnde, gutklassige und nervenaufreibende Match zwischen Tschechien und Finnland, das sich die Zuschauer erhofft hatten. In dieser Begegnung gingen die aktiveren und spielstärkeren Gastgeber durch Jan Kovář schon nach neun Minuten verdient in Führung. Doch statt die Überlegenheit mit einem zweiten Treffer zu untermauern, bestraften die Finnen zwei Abwehrschnitzer mit Gegentoren. Im emotional aufgeheizten zweiten Drittel schafften die Tschechen durch die Überzahl-Tore von Jaromír Jágr und Jan Kovář die erneute Wende, mussten aber durch NHL-Spieler Alexander Barkow kurz nach Beginn des Schlussdrittels den erneuten Ausgleich hinnehmen. In dieser Phase stand die Partie auf des Messers Schneide, bestätigte anschließend der tschechische Angreifer Petr Koukal:

Jaromír Jágr  (Foto: ČTK)
„Nach dem 3:3 wurde es eine echte Nervenschlacht, doch wir haben Jarda, der uns heute phantastisch aus dieser Situation befreit hat mit seinem Siegtreffer.“

Mit dem Kosenamen Jarda ist kein Geringerer gemeint als Superstar Jaromír Jágr, der in der 55. Spielminute seinen zweiten großen Auftritt hatte: Nach einem tollen Solo-Ritt um das finnische Gehäuse herum traf er zur erneuten Führung für die Gastgeber. Jetzt hoffte jeder Tscheche im gesamten Land, dass dies die entscheidende Aktion des Spiels gewesen sein könnte.

Jakub Voráček  (rechts). Foto: ČTK
Und es war die Entscheidung, denn die Tschechen ließen sich diesen Vorsprung nicht mehr nehmen. Im Gegenteil, nach einer spielerisch wie kämpferisch starken Vorstellung gelang ihnen beim Powerplay der „Suomi“ noch das Empty-Net-Goal von Vladimír Sobotka zum 5:3-Endstand. Ein verdienter Sieg, meinten alle, und Kapitän Jakub Voráček nannte letztlich einen Grund für das Erfolgsgeheimnis:

„Während des Turniers haben wir nie die Geduld verloren, auch wenn wir nicht immer so souverän gespielt haben, wie sich das einige Leute vielleicht vorgestellt oder erhofft haben. Geduldig waren wir auch heute, und daher sind wir jetzt im Halbfinale.“

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Matchwinner Jaromír Jágr hob ein zweites Moment der Spielweise seines Teams hervor:

„Wir hatten vor den Finnen keinen allzu großen Respekt, sondern sind von der ersten Minute an auf sie losgegangen. Und immer wenn wir aktiv waren, hatten sie Probleme.“

Wenn seine Schützlinge aber den Faden etwas verloren hatten und vom Gegner in Bedrängnis gebracht wurden, dann wusste der 43-jährige Oldie Jágr das Ruder immer wieder herumzureißen. Daher lobte auch Trainer Vladimír Růžička seinen Superstar nachher in höchsten Tönen:

Vladimír Růžička  (hinten). Foto: ČTK
„Er spielt, wie er spielt, einfach unglaublich gut. Zudem kämpft er vorbildlich und zieht damit auch die anderen mit. Und heute haben alle mitgezogen, das hat man auf dem Eis gesehen.“

Im Halbfinale trifft Tschechien nun auf den großen WM-Favoriten Kanada, der während des Turniers kein einziges Spiel verloren hat und bis auf die Partie gegen Frankreich immer sechs oder mehr Tore erzielt hat. Doch bange machen gilt nicht, sagte Růžička, und gab bereits die Parole für Samstag aus:



Kanadier  (Foto: ČTK)
„Um die Kanadier zu schlagen, muss jeder Spieler über seine Grenzen hinausgehen und 150 Prozent seines Könnens zeigen. Und zwar jeder. Und wir müssen vor allem die Fehler vermeiden, die wir den Kanadiern im Vorrundenspiel auf dem Silbertablett serviert haben.“

Und alle Fans hoffen, dass dann auch Volksheld Jaromír Jágr wieder so einen großen Auftritt hat wie im Spiel gegen Finnland, nach dem er zu Recht zum „Man oft he Match“ gekürt wurde.

Autor: Lothar Martin
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