Erneuter Defekt in Temelín: Ist das AKW besonders störanfällig?

Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks

Das Kernkraftwerk Temelín in Südböhmen ist seit Mittwoch komplett vom Netz. Während im ersten Block planungsgemäß die Brennstäbe ausgetauscht werden, kam es am zweiten Block zu einem Defekt, und er wurde heruntergefahren. Am selben Reaktorblock hat es in diesem Sommer schon einem eine Panne gegeben.

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Ein Defekt an der Kühlung des Stromerzeugers ist das Problem. Am frühen Mittwoch gegen 3 Uhr wurde der Fehler entdeckt. Laut dem teilstaatlichen Betreiber ČEZ befindet sich der betroffene Generator im nicht-atomaren Bereich der Anlage. Temelín-Sprecher Marek Sviták sagte am Mittwoch:

„Derzeit wird der Druck im Generator heruntergefahren. Dann wird das defekte Teil ausgetauscht. Und gemäß unseres vorläufigen Fahrplans sollte der Block Anfang kommender Woche wieder Strom herstellen.“

Der Grund für den Defekt war bis Donnerstagmittag noch nicht veröffentlicht. Mit der Hitzewelle hinge er aber nicht zusammen, versicherte Sviták.

Der zweite Reaktorblock war erst vor zwei Wochen wieder angelaufen. Denn im Juli hatte es im Bereich des Dampferzeugers ein Leck im Kühlkreislauf gegeben. Die Behörden bewerteten dies auf der Ines-Skala als „Störung“. Dabei waren erhöhte Strahlenwerte auf dem Dach der Anlage und in einem Abwasserbecken gemessen worden.

Jan Rovenský  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Lässt sich Temelín also als störanfällig bezeichnen? Jan Rovenský ist Atomexperte bei Greenpeace:

„Das Atomkraftwerk ist sicher störanfälliger als das andere tschechische AKW in Dukovany, obwohl dieses bedeutend älter ist und andere Sicherheitsprobleme hat, vor allem das fehlende Containment (Sicherheitsbehälter, Anm. d. Red.). Die größere Störanfälligkeit entsteht meiner Meinung nach daher, dass in Temelín russische Hardware mit westlicher Software von der amerikanischen Firma Westinghouse kombiniert wurde. Vor allem nach der Inbetriebnahme war klar, dass diese beiden Kreisläufe im Kraftwerk nicht aufeinander abgestimmt sind.“

Temelín ist vor 15 Jahren ans Netz gegangen. Geplant wurde die Anlage aber schon zu kommunistischen Zeiten als Druckwasserreaktor sowjetischer Bauart, genannt WWER. Nach der politischen Wende fiel dann die Entscheidung, das Kernkraftwerk mit westlicher Sicherheitstechnik nachzurüsten. Dieser Mix gilt bisher als einzigartig und unerprobt.

Mittlerweile entsteht in Temelín ein Fünftel des tschechischen Strombedarfs. Doch die Umweltschützer nennen den Reaktor bis heute ein Sicherheitsrisiko.

Foto: Archiv ČEZ
„Die Gründe, warum Greenpeace schon vor 15 Jahren die Inbetriebnahme von Temelín abgelehnt hat, sind gleich geblieben. Zum einen sind sie energieplanerischer Art. Wir kommen hierzulande auch ohne den Meiler aus, Tschechien exportiert Strom in der Höhe des Produktionsumfangs von Temelín ins Ausland. Der zweite Grund ist, dass der Bau des Atomkraftwerks unter einigen ernsten Unzulänglichkeiten gelitten hat. Deswegen ist die Sicherheit in Temelín geringer als bei vergleichbaren Reaktorblöcken vom Typ WWER in Osteuropa“, so Jan Rovenský.

Die Sicherheit von Temelín wird auch von österreichischen Politikern stark bezweifelt. Immer wieder ist dies ein Streitpunkt zwischen Prag und Wien.

Autor: Till Janzer
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