EU-Gipfel: Energiewirtschaftspolitik aus tschechischer Sicht
Am Donnerstag, dem ersten Tag ihres Frühjahrsgipfels, debattierten in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU unter anderem auch über die Energie- und Klimaschutzpolitik. Eine mehrheitliche Unterstützung fand der Vorschlag, ein EU-Klimaschutzpaket spätestens zur Mitte des kommenden Jahres in einem Gesetz zu verankern. Es gab auch Fragen, zu denen die einzelnen Länderdelegationen differenzierte Positionen einnahmen. Die tschechische Sichtweise präsentierte Premier Mirek Topolánek auf einer Pressekonferenz in Brüssel.
Tschechien unterstütze die Mehrheit der vorgeschlagenen Maßnahmen, es komme aber auf das Tempo ihrer Einführung an. Mit diesen Worten fasste der Premier die tschechische Position zusammen. Er warnte aber gleichzeitig vor unsensiblen Maßnahmen, die eine negative Entwicklung auslösen könnten:
„Das könnte sich paradoxerweise negativ auf die Umwelt auswirken. Durch die drohende Verlegung umfassender Marktbereiche in Länder außerhalb der EU, in denen bei weitem nicht so strenge Umweltschutzstandards gelten, könnte das viel mehr zu einer globalen Umweltbelastung führen. Das wäre genau das Gegenteil dessen, was man sich mit den Schutzmaßnahmen zum Ziel setzt, nämlich die Reduzierung der Umweltbelastung.“
Als eines der Instrumente, die maßgeblich zu einer Emissionsreduzierung beitragen könnten, schlug die tschechische Delegation eine größere Nutzung der Atomenergie vor. In der Nacht auf Freitag einigten sich schließlich die Staats- und Regierungschefs auf eine gemeinsame Strategie; konkrete Verpflichtungen wurden jedoch nicht festgelegt. Mirek Topolánek zufolge hat der Gipfel gezeigt, dass die EU immer noch nicht in der Lage sei, sich auf eine gemeinsame Politik in der Energiewirtschaft zu verständigen.„Die ganze Diskussion wurde mit viel Verlegenheit beendet, da einige Länder nicht an den Problemen eines anderen Teils in der EU interessiert sind. Dass es Probleme in diesem Bereich gibt und dass man sie lösen muss, steht fest. Dass bisher allerdings keine gemeinsame europäische Lösung gefunden wurde, nicht einmal in der Frage der Nabucco-Pipeline als ein Diversifikationsinstrument bei den Gaslieferungen, ist aber offensichtlich.“
Das Nabucco-Pipeline-Projekt sieht den Bau einer Erdgaspipeline vor, die 31 Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich von der Osttürkei durch Rumänien, Bulgarien und Ungarn nach Österreich transportieren soll. Wegen Mangel an Geld und auch an politischem Willen ist das Bauprojekt ins Stocken geraten. Mit dem jüngsten EU-Gipfel hat sich auch nichts daran geändert.