Folklore: Soldatenwerbung als Inspiration für Tanzentstehung
In der neuen Ausgabe unserer Rubrik MusikCzech können Sie sich mit Jitka Mládková in die Zeit vor über 100 Jahren zurückversetzen, als junge Männer für das kaiserliche Heer angeworben wurden. In der südmährischen Gemeinde Tupesy hat man sich am vergangenen Wochenende das gleiche gemacht. Mit viel Musik und Tanz, wie es in der gesamten südmährischen Region üblich ist. Schließlich ist gerade dort der speziphisch mährische Tanz mit dem Namen „verbuňk“, von Gesang des Tänzers selbst begleitet, entstanden. Seit über zwei Jahren tschechisches Kulturgut auf der UNESCO-Liste.
Der Soldatenantreiber und sein Gefolge bleiben jeweils vor einem Haus stehen, in dem es, wie kundgetan wird, einen „Rekruten“ geben soll. Einen Sohn also, der für den militärischen Nachwuchs herangezogen wird. Oft nur mit körperlicher Züchtigung, denn nur die Wenigsten haben sich freiwillig für den mindestens sieben Jahre dauernden Militärdienst gemeldet.
Das erste neuzeitliche Nachwuchsopfer in Tupesy gibt nach und wird auf einen Leiterwagen geschleppt. Auch heute kann man dabei ein schlechtes Gefühl haben, wie der junge Mann gesteht:
„Ich bin ziemlich nervös gewesen. Vielleicht auch deshalb, dass er die Wehrpflicht nach deren Aufhebung hierzulande nicht mehr absolvieren musste.“
Viel mehr als um die historische Authentizität ging es den Organisatoren um eine gute Unterhaltung. In dieser Hinsicht sind in der Region der Mährischen Slowakei, zu der Tupesy gehört, die Blas- und Volksmusik sowie der Volkstanz kaum wegzudenken.
Nicht nur mit Tupesy also, sondern in der gesamten südmährischen Region ist der Tanz mit dem Namen „verbuňk“ zu Hause. Seine Wurzeln sind bereits im 18. Jahrhundert in der Mährischen Slowakei zu finden. Der Name dieses improvisierten und ausschließlich Männern vorbehaltenen Tanzes, bei dem auch gesungen wird, wurde vom deutschen Wort „Werbung“ abgeleitet und hängt mit dem bereits erwähnten Anwerben von Soldaten zusammen. Kriege gab es schließlich seit eh und je; von daher ließ auch der Bedarf an jungen Männern Jahrhunderte lang nicht nach.
Der Tanz konnte also überleben. Zunächst als ein Zeichen des Widerwillens, manchmal auch als Ausdruck der Verzweiflung der Rekruten. Und später, als man den „verbuňk“ auch bei den Tanzveranstaltungen auf dem Dorf tanzte, zeigte man damit seine Lebensfreude. Junge Männer wollten sich nicht zuletzt als hervorragende Tänzer vor einem Frauenpublikum in Pose werfen.
Die vom Flächenausmaß relativ kleine Mährische Slowakei hat mehrere Mikroregionen, die sich durch spezifische Kulturmerkmale auszeichnen. Daher kennt man auch typologisch unterschiedliche „verbuňk“- Varianten. Da der Tanz bereits seit mehreren Jahrzehnten auch eine Wettbewerbsdisziplin beim alljährlichen internationalen Folklorefestival im südmährischen Strážnice ist, kann man sie dort alle sehen. Im November 2005 wurde der „ verbuňk“ als tschechisches Kulturgut in die UNESCO-Liste eingetragen wurde.