“Franz Joseph I. hat Olmütz gefallen” – Ausstellung in der unbekannten Kaiserstadt

Franz Joseph I. (Foto: Martina Schneibergová)

Olomouc / Olmütz ist mit 100.000 Einwohnern die sechstgrößte Stadt Tschechiens. Sie ist Sitz der zweitältesten Universität Tschechiens und des Erzbistum. Bis zum 17. Jahrhundert war Olmütz das historische Zentrum Mährens. Für ein halbes Jahr – in den Jahren 1848 bis 1849 – verwandelte sich die Stadt jedoch in Sitz des Kaisers. Diesen Zeitabschnitt sowie weitere kaiserliche Besuche in Olmütz das Thema einer Ausstellung, die dort im Heimatkundlichen Museum zu sehen ist.

Olmützer Landeskundliches Museum  (Foto: Martina Schneibergová)
Das Olmützer Landeskundliche Museum befindet sich im Stadtzentrum auf dem Platz der Republik. Anlässlich des 100. Todestags von Kaiser Franz Joseph I. wurde im Museum eine Ausstellung eröffnet, die die Aufenthalte des Kaisers in der Stadt beschreibt. Vom Museumseingang geht es nach links in den imposanten Saal der heiligen Klara, wo die Schau zu sehen ist. Franz Joseph I. habe zweifelsohne eine positive Beziehung zu Olmütz gehabt, erzählt die Kuratorin der Ausstellung, Markéta Doláková:

“Denn er hat die Stadt acht oder neun Mal besucht. 1844 ist Franz Joseph als 14-jähriger Erzherzog zum ersten Mal nach Mähren gekommen. Das Hauptziel seiner Reise war damals jedoch die nahe gelegene Stadt Prostějov, wo er sein eigenes Regiment persönlich kennenlernen wollte. Zum 13. Geburtstag wurde ihm das 3. Dragonerregiment zugewiesen, das in Prostějov stationiert war. Der Erzherzog verbrachte damals auch zwei Tage in Olmütz. Es handelte sich um seinen ersten Besuch in den Ländern der Böhmischen Krone überhaupt.”

Militärkalender  (Foto: Martina Schneibergová)
Diesen sowie den nächsten Besuch in Olomouc im Jahre 1846, habe der künftige Kaiser in seinen Tagebüchern beschrieben, erzählt die Kuratorin.

“Wir stellen in der Schau die Stadt vor, wie sie damals ausgesehen hat. Unter den Exponaten sind auch ein Militärkalender und ein Porträt von Franz Joseph im Alter von 14 Jahren. Aus den Tagebüchern wissen wir, dass er die Moritzkirche besuchte. Vom Kirchenturm aus sah er sich die Stadt an. Der Erzherzog ließ sich auch eine Opernvorstellung im Stadttheater nicht entgehen, auch wenn er sie nicht gerade gelungen fand. Aber insgesamt hat ihm Olmütz gut gefallen.”

Kaiserliche Residenz in Olmütz

Wiener Oktoberaufstand 1848  (Foto: Martina Schneibergová)
Auf eine Wand im Saal werden Lithografien projiziert, die Szenen aus dem revolutionären Wien des Jahres 1848 darstellen. Die Unruhen in Wien im Oktober 1848 haben den kaiserlichen Hof dazu gezwungen, die Hauptstadt der Monarchie zu verlassen. Die kaiserliche Familie entschied sich mit ihrem Hofstaat nach Olmütz überzusiedeln, das mit Ringmauern geschüzt war.

“Die Kaiserfamilie blieb hier bis Mai 1849. Der wichtigste Tag während ihres Aufenthalts in Olmütz war der 2. Dezember 1848, als Kaiser Ferdinand I. die Regierungsgeschäfte seinem achtzehnjährigen Neffen Franz Joseph übergab. Der neue Kaiser trat seit diesem Tag unter dem Namen Franz Joseph I. auf. Olmütz verwandelte sich so für einige Monate in den Sitz des Kaisers und war damit praktisch die Hauptsadt der Habsburger Monarchie. Auf einigen Bildern aus der Zeit wird das Erzbischöfliche Palais, wo die kaiserliche Familie vorübergehend wohnte, als kaiserliche Residenz bezeichnet.”

Gemälde stellt den Akt der Übergabe der Regierungsgeschäfte an Franz Joseph dar  (Foto: Martina Schneibergová)
Ein großes Gemälde stellt den historischen Akt der Übergabe der Regierungsgeschäfte an Franz Joseph dar. In der Mitte sitzt Kaiser Ferdinand I., er legt seine rechte Hand auf den Kopf des Neffen, der vor ihm kniet. Rundherum sind die nächsten Verwandten des Kaisers versammelt. Das Gemälde wurde von der Stadt Opava / Troppau für die Schau geliehen. Jahre lang war jedoch nicht bekannt, wo sich das Bild befindet. Die Kuratorin:

“Das Gemälde befand sich in den Sammlungen des früheren Historischen Museums, das im Rathaus in Olmütz untergebracht war. Ein Teil der Exponate war in der Hieronymus-Kapelle im Rathaus zu sehen. Bis in die 1940er Jahre hing das Bild über dem Eingang in die Kapelle. Der Sakralbau wurde zur Restaurierung leergeräumt. Damals verschwand auch das Gemälde. Das Rathaus in Opava hat es vermutlich gekauft, ohne gewusst zu haben, worum es sich auf dem Bild handelt.”

,Hannaken-Kuchen’ für den Kaiser

Figurinen stellen die Bewohner der Region Haná dar  (Foto: Martina Schneibergová)
In der Ausstellung stehen die Besuche des Kaisers in Olmütz im Mittelpunkt. Sie werden chronologisch von der ersten Visite bis zur letzten beschrieben. Ergänzt wird das Hauptthema durch Berichte aus dem Privatleben des Kaisers oder über Olmütz zu Kaisers Zeiten. Aus Zeitungsausschnitten weiß man, dass die kaiserlichen Besuche die Stadt wirklich belebten, erzählt Markéta Doláková:

“Es kamen viele Touristen nach Olmütz, die Gaststätten waren voll. Aber die Zeitungen erwähnen auch, dass sich Olmütz nach der Abreise der kaiserlichen Familie wieder in die etwas traurige Festung verwandelt, die es zuvor war. Während des Aufenthalts in Olomouc empfingen Kaiser Ferdinand I. sowie sein Nachfolger Franz Joseph I. zahlreiche Abordnungen, die ihnen ihre Loyalität aussprachen oder Forderungen vortrugen. In der Ausstellung wird eine derartige Delegation gezeigt. Zwei in Volkstrachten gekleidete Figurinen stellen die Bewohner der Region Haná dar, die dem Kaiser den sogenannten Hannaken-Kuchen bringen. Aus den Dokumenten wissen wir, dass derartige Deputationen der sogenannten ,Hannaken’ auch aus 400 Menschen bestanden. Den Kuchen beschrieb ein Zeitzeuge im Jahre 1851. Er wurde nur bei besonderen Gelegenheiten gebacken.”

Feuerwerk für den russischen Zaren

Festliche Uniform von Franz Joseph I.  (Foto: Martina Schneibergová)
Eines der wertvollsten Exponate ist die festliche Uniform von Franz Joseph I. Sie erinnert an die Besuche des Kaisers in den Jahren 1851 und 1853. Der Anlass waren Militärmanöver in Olmütz.

“Das waren wirklich große Militärübungen. Der Kaiser lud damals den russichen Zaren Nikolaus I. ein. Am Rande der Manöver wurden politische Gespräche geführt. Zudem fanden verschiedene Veranstaltungen statt wie festliche Feuerwerke oder Militärparaden. Aus der Zeit sind einige Illustrationen erhalten geblieben. In der Illustrierten Zeitung wurde beispielsweise das militärsiche Zeltlager abgebildet. In der Mitte des Lagers steht auf dem Bild ein geschmückter Aussichtsturm, von dem aus der ganze Übungsplatz gut zu sehen war. Auf einem weiteren Bild stellt der russische Zar dem Kaiser seine Leibwache vor. In der Zeitung wurde auch die Sprengung einer Mine über einen Telegraphendraht mit einer Illustration beschrieben. Das wurde zum ersten Mal in Olomouc vorgeführt.”


Franz Joseph I.  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Führung durch die Ausstellung werden wir in einer der nächsten Ausgabe von Reiseland Tschechien fortsetzen. Die Ausstellung über Franz Joseph I. und Olomouc ist im Landeskundlichen Museum bis 17. Februar zu sehen. Das Museum ist täglich außer montags geöffnet.

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