In Gedenken an den Retter: „Winton-Kinder“ bei Einweihung in Prager Hauptbahnhof
Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hat Sir Nicholas Winton mehreren Hundert jüdischen Kindern aus der Tschechoslowakei geholfen, eine Zuflucht in Großbritannien zu finden. Die damaligen Rettungstransporte fuhren vom Prager Hauptbahnhof los. Und genau dort ist am Dienstag ein Warteraum der Tschechischen Bahnen nach Sir Winton benannt worden.
„Es freut uns sehr, dass ein so schöner Raum nach Nicky, wie wir Sir Winton nennen, benannt wird. Der Raum wird dem Komfort der Reisenden dienen. Nicky wollte immer gute Sachen machen und war sehr entgegenkommend. Ich bin davon überzeugt, dass der Raum ihm gefallen würde.“
Lady Milena Grenfell Baines, eines der weiteren „Winton-Kinder“, lebt in Großbritannien. Sie brachte eine kleine Kopie jener Skulptur mit, die seit Ende Mai auf dem Weg von der Haupthalle des Prager Bahnhofs zu den Gleisen steht. Die Skulptur symbolisiert den Abschied der Eltern von ihren Kindern. Milena Grenfell Baines überreichte die Glasplastik an die Vertreter der Tschechischen Bahnen.„Diesen Abguss hat eine Schule in England gemacht, die sich schon lange für unsere Geschichte interessiert. Zudem möchte ich Grüße von Sir Wintons Tochter Barbara ausrichten. Da sie krank ist, konnte sie nicht mitkommen. Aber sie freut sich sehr über die Benennung des Warteraums nach ihrem Vater.“
Sie habe den Eindruck, dass sie durch die Sir-Winton-Lounge noch mehr mit dem Hauptbahnhof verbunden sei, merkte Zuzana Marešová an, nachdem sie sich in dem neuen Raum umgesehen hatte.
„Das Ganze begann schon vor fast 80 Jahren, als wir als Kinder hier in den Zug eingestiegen sind. Vor acht Jahren wurde die Figurengruppe mit Nicky auf dem Bahnsteig enthüllt, im Mai dieses Jahres kam das Denkmal hinzu, das den Abschied von den Eltern symbolisiert. Ich habe das Gefühl, dass der Bahnhof Nicky schon irgendwie gehört.“
Einige der Momente von 1939 werde sie nie vergessen, sagte die 85-Jährige.„Ich stand im Zug und schaute hinaus auf den Bahnsteig. Die Eltern standen dort und haben alle geweint. Wir haben nicht gewusst, warum sie weinten. Denn uns hatte man gesagt, wir würden einen Ausflug machen. Wir haben nicht gewusst, wohin wir fahren und warum.“
Nicht bekannt ist, wie viele von „Wintons Kindern“ heute noch leben. Sie wisse zurzeit nur noch von zwölf weiteren, so Marešová. Fünf von ihnen würden in Tschechien leben.
„Wir freuen uns immer sehr, wenn wir zusammentreffen. In der letzten Zeit waren wir oft in Kontakt. Wir besuchen gemeinsam verschiedene Veranstaltungen. Wir alle halten immer noch Vorträge an Schulen und bei verschiedenen Versammlungen. Ich selbst befasse mich allgemein mit den totalitären Regimen. Denn wir sind davon überzeugt, dass das, was passiert ist, nicht vergessen werden darf. Vor allem Kinder und Jugendliche sollten erfahren, wie es damals war.“
Nicholas Winton brachte damals 669 jüdische Kinder aus der Tschechoslowakei nach Großbritannien und rettete ihnen damit das Leben. Sir Winton starb im Juli 2015 im Alter von 106 Jahren.