„Geschrieben und gelesen“ - Schauspieler und Texte
Es ist ein Tipp für jeden, der die tschechische beziehungsweise deutschsprachige Literatur aus Böhmen und Mähren mag: „Geschrieben und gelesen“, so lautet der Name eines neuen Internetprojekts, mit dem sich der Adalbert-Stifter-Verein an sein Publikum wendet. Mehr dazu erfahren sie im Interview mit der Vereinsleiterin Zuzana Jürgens.
„Es sind kurze Videos von fünf bis zehn Minuten Länge. Wir haben einige Schauspieler aus Deutschland gebeten, Texte von ihren Lieblingsautoren aus den böhmischen Ländern oder aus Tschechien vorzulesen. Es sind fünf Schauspieler. Ich nenne einige Beispiele: Heiko Ruprecht, der in München lebt, hat sich die Erzählung ‚Kalkstein‘ von Adalbert Stifter herausgesucht. Thomas Bernstiel, er lebt jetzt in Regensburg, hat Vladimír Holans ‚Die Nacht mit Hamlet‘ und einige Gedichte von Rainer Maria Rilke vorbereitet. Und Susanne Schroeder liest Auszüge aus ‚Krabat‘ von Ottfried Preußler. Diese Videos sind eigentlich kleine Filmchen, sie sind umrahmt mit Musik der Akkordeonistin Jana Bezpalcová. Ich finde, dass ihre Musik einen schönen böhmischen oder tschechischen Rahmen bildet.“
Nach welchem Schlüssel haben Sie die Schauspielerinnen und Schauspieler angesprochen? Haben diese deutschen beziehungsweise bayerischen Künstler vielleicht einen Bezug zu Tschechien?„Es ist eine Mischung. Auf der einen Seite handelt es sich um Schauspieler, mit denen sowohl der Adalbert-Stifter-Verein als auch der Kulturreferent für die böhmischen Länder bei Veranstaltungen zusammenarbeitet. Auf der anderen sind es Schauspieler, die in Deutschland bekannt sind. Und einige von ihnen haben tatsächlich auch eine familiäre Bindung zu Tschechien. Das haben wir zum Teil gewusst und zum Teil erst jetzt erfahren.“
Die Schauspieler lesen ihre Lieblingstexte. Hat ihre Auswahl Sie überrascht, oder wurden Sie selbst vielleicht dabei zu Rate gezogen?„Eigentlich nicht. Die Schauspielerinnen und Schauspieler haben freie Hand gehabt. Wir wollten nur verhindern, dass sich zwei oder mehrere von ihnen für denselben Autor oder sogar denselben Text entscheiden. Da mussten wir beratend tätig sein und überlegen, wer sonst noch in Frage kommt. Überrascht hat mich allerdings, wie vielfältig die Auswahl ist. Stifter, Hašek, Holan, aber eben auch Marie von Ebner-Eschenbach und Preußler sind dabei, also wirklich eine repräsentative Probe von Autoren.“
Die Wahl einiger der Autoren überrascht gewissermaßen. Ich würde sagen, dass zum Beispiel Marie von Ebner-Eschenbach nicht allgemein bekannt ist…
„Die Vorgaben waren relativ frei. Es konnten deutschsprachige Autorinnen und Autoren sein, aber auch tschechischsprachige. Da spielte dann auch hinein, ob wir mit dem jeweiligen Schauspieler bereits früher zusammengearbeitet haben. In diesem Fall kennt er die Literatur, mit der wir uns beschäftigen. So waren auch solche Überraschungen möglich.“
Woran knüpfen Sie mit dieser Literatur-Videoreihe an?„Etwas allgemeiner gesagt ist es unsere langjährige Tätigkeit in diesem Bereich. Das sind Ausstellungen, das Handbuch für die deutschsprachige Literatur Prags und der böhmischen Länder, dass 2017 erschienen ist, die relativ neue Reihe ‚Literatur im Café‘ oder auch einzelne Lesungen. Tatsächlich neu ist aber das Format. Zu diesem sind wir durch die aktuelle Lage gezwungen worden, In der wir keine Veranstaltungen anbieten können. Deswegen ist die Literatur das Genre, mit dem wir jetzt einen Schritt ins Digitale gemacht haben. Und wir hoffen, dass uns das auch für die weiteren Jahre erhalten bleibt und später von uns sicher auch erweitert wird.“
Das Projekt wurde am 5. Mai gestartet. Wie viele Folgen planen Sie?
„Aktuell sind fünf Folgen geplant. Aber noch vor dem Sommer kommen sicher weitere fünf hinzu. Unseren Youtube-Kanal wollen wir allerdings auch mit weiteren Videos füllen, wir haben dazu literarische und musikalische Beiträge in Vorbereitung.“
Die Videoreihe auf dem Youtube-Kanal lässt sich unter folgender Adresse finden: www.youtube.com/channel/UCVvDzyN2jS_KmukY_XMSQ5g/videos
Der Münchner Adalbert-Stifter-Verein erweitert damit sein aktuelles digitales Angebot. Bereits vor Ostern startete eine Serie von Feuilletons bekannter Autorinnen und Autoren. Diese werden wöchentlich per Newsletter an die Leser geschickt, können aber auch auf der Website in der Rubrik „Geschrieben und gelesen“ aufgerufen werden. Bisher wurden Feuilletons von Karol Sidon, Petra Maria Dallinger, Wolfgang Sréter, Kateřina Tučková, Mirko Kraetsch und Renata SakoHoess veröffentlicht. Die Reihe wird kontinuierlich fortgesetzt.