Greenpeace-Protest gegen Ausweitung der Braunkohleförderungslimits

Foto: ČTK

Varvažov 1967, Souš 1970, Žichlice 1987… Ein symbolischer Friedhof ist am Mittwoch im Garten des Regierungssitzes am Moldauufer in Prag entstanden. Für einige Minuten standen dort etwa 80 Kreuze – jedes für eine Gemeinde, die der Braunkohleförderung in Nordböhmen zum Opfer gefallen ist.

Symbolischer Friedhof ist am Mittwoch im Garten des Regierungssitzes entstanden  (Foto: ČTK)
Hinter der Aktion steht die Umweltorganisation Greenpeace. 20 ihrer Aktivisten überwanden während der Kabinettssitzung den Zaun des Regierungssitzes und protestierten gegen die mögliche Erweiterung der Braunkohleförderung in Nordböhmen. Jan Rovenský von Greenpeace:

„Das Hauptanliegen der heutigen Protestaktion war die Regierung davor zu warnen, ihre Regierungserklärung und den Koalitionsvertrag zu verletzen. In den beiden Dokumenten steht, dass die Förderlimits respektiert und legislativ unterstützt werden sollen. In einem scharfen Widerspruch dazu bereitet nun Industrieminister Martin Kocourek mit Unterstützung von Premier Nečas die Anhebung der Förderlimits im Rahmen des staatlichen Energiekonzepts vor. Die Regierung wird in den nächsten Wochen darüber entscheiden, und wir sind der Meinung, dass dies nicht einfach übergangen werden darf.“

Jan Rovenský und Jaromír Drábek  (Foto: ČTK)
Das Industrieministerium hat im März gewarnt, die Braunkohlevorräte in Tschechien würden immer geringer. Im Jahr 2015 könnte etwa die Hälfte der Kohlekraftwerke nicht mehr beliefert werden. Ein Umbau der Kohlekraftwerke auf Betrieb mit Erdgas beziehungsweise Biomasse sei indes nicht möglich, wie Industrieminister Kocourek erläuterte:

„Innerhalb von fünf Jahren ist es nicht möglich, die Braunkohle in der Energiewirtschaft so zu ersetzen, dass es für die Haushalte tragbar wäre.“

Martin Kocourek  (Foto: ČTK)
Die Heizkosten würden deswegen um 50 bis 100 Prozent steigen, befürchtet der Minister. Die einzige Lösung biete daher eine Anhebung der Braunkohleförderlimits. Als Gegenleistung schlägt Kocourek vor, dass der Staat auf das Recht auf Enteignung der Grundstücke wegen der Förderung verzichtet:

„Die bestehenden Limits sollen bis 2014 in Kraft bleiben und danach soll eine Einigung getroffen werden. Wenn jemand mit der Kohleförderung auf seinem Gebiet nicht einverstanden ist, sollte dort nicht mehr gefördert werden.“

Landschaft nach der Braunkohleförderung,  foto: Czech Coal
Der Plan von Industrieminister Martin Kocourek wird auch von Premier Petr Nečas unterstützt. Sollte es zur Vereinbarung zwischen den Förderunternehmen und den Grundstückbesitzern kommen, könnte Braunkohle künftig auch über die heute geltenden Limits hinaus gefördert werden, findet Nečas.

Die Förderlimits in Nordböhmen wurden bereits im Jahr 1991 festgelegt. Es wurden Kohlenflöze bestimmt, wo künftig weiterhin gefördert werden sollte, und Gebiete, die die Kohleunternehmen nicht antasten dürfen.

Sollte die Regierung Nečas die festgelegten Grenzen überschreiten, könnten die Kohlegruben bis zur Stadt Litvínov / Oberleutensdorf reichen; die Gemeinden Horní Jiřetín / Obergeogenthal und Černice / Tschernitz würden dann dem Erdboden gleichgemacht. Eine Vereinbarung mit den Kohlenförderern ist dort kaum vorstellbar:

„Die überwiegende Mehrheit der Bürger in Černice und Horní Jiřetín würde sich dagegen wehren“,

so Vladimír Buřt, Vizebürgermeister von Horní Jiřetín, gegenüber dem Tschechischen Fernsehen.