Hilfe und Kritik: Tschechien warnt vor Spaltung der Ukraine
Die Ereignisse in der Ukraine haben sich am Wochenende überschlagen: Präsident Janukowitsch wurde abgesetzt, die Opposition übernahm die Führung im Parlament und die ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko kam aus dem Gefängnis frei. Allerdings steht die Zukunft des Landes noch immer auf Messers Scheide. Und während die tschechische Zivilgesellschaft Hilfe leistete, zeigten sich die Politiker besorgt und warnten vor einer Teilung des Landes.
„Niemand weiß zuverlässig, wo die Verletzten sind. Die meisten haben eine Behandlung erhalten, aber aus Furcht vor einer Verhaftung durch die Polizei haben sich viele in Wohnungen von Bekannten oder Freiwilligen versteckt.“
Die Tschechen haben in den vergangenen Tagen große Solidarität mit dem Land im Osten Europas gezeigt. In Prag fanden mehrere Kundgebungen statt, unter anderem ein Benefiz-Konzert zur Unterstützung der Demonstranten in Kiew - und natürlich wurden Hilfsgelder gesammelt. Aber auch der Staat will helfen, sagt der sozialdemokratische Außenminister Lubomír Zaorálek:„Es wird sich wohl um einige Millionen Kronen handeln, im Rahmen der Mittel, die wir im Nothilfefonds bereithalten. Mir geht es aber darum, das Geld nicht nur zu schicken, um ein gutes Gefühl zu haben. Wir müssen schauen, dass die Mittel wirklich gewollt sind und in nützliche Projekte fließen.“
Im Tschechischen Fernsehen zeigte sich Zaorálek gegenüber der politischen Entwicklung vorsichtig:„In der Ukraine ist es zu einem Versagen von zwei politischen Eliten gekommen. Keine Frage, die politische Führung unter Präsident Janukowitsch hat versagt, sie hat die pro-europäische Haltung vieler Bürger unterschätzt sowie ihre Unzufriedenheit mit der Korruption. Allerdings würde ich sagen, dass auch die pro-westliche Elite versagt hat, also Wiktor Juschtschenko und Julia Timoschenko, die Protagonisten der ‚Orangen Revolution‘ vor einiger Zeit.“
Daher käme als Ansprechpartner derzeit einzig das ukrainische Parlament in Frage, so der tschechische Außenminister. Zaorálek sagte aber auch, dass es nicht zu einer Spaltung der Ukraine kommen dürfe und daher die EU und Russland gemeinsam mit den ukrainischen Vertretern eine Lösung ausarbeiten müssten. Dabei müsse vermieden werden, weiter Öl ins Feuer zu gießen, so der Politiker. Vor einer Spaltung warnten auch Vertreter der tschechischen Opposition. Jan Zahradil ist Europaparlamentarier der Bürgerdemokraten (ODS):„Wir wissen doch alle, dass sowohl die Öl- als auch die Gaspipelines aus Russland durch das Gebiet der Ukraine führen. Käme es zu einer Teilung des Landes, entstünde eine große Unsicherheit über die Energieversorgung.“Die tschechische Regierung wird über ihr weiteres Vorgehen am Mittwoch beraten. Staatspräsident Miloš Zeman ließ indes verlauten, seine Einladung an das ukrainische Staatsoberhaupt sei weiterhin gültig – dies müsse aber nicht notwendigerweise Wiktor Janukowitsch sein.