Holocaust- Gedenktag: ehemaliger Auschwitz-Häftling erinnert sich an die Kriegsjahre
"Hier war die Hölle auf Erden" sagte am Donnerstag der polnische Präsident Alexander Kwasniewski bei den Gedenkfeierlichkeiten zum 60.Jahretag der Befreiung des KZ Auschwitz, in dem zwischen 1,1 - 1,5 Millionen Menschen, zum Großteil Juden aus ganz Europa ermordet worden waren. An der Feier im ehemaligen Vernichtungslager Birkenau nahmen zahlreiche Spitzenpolitiker aus Europa und Übersee teil, und mit ihnen auch ehemalige Häftlinge, die überlebt haben. Für die meisten war diese Veranstaltung wegen deren fortgeschrittenen Alters wohl die letzte Gelegenheit, an einer Jubiläumsgedenkfeier in Auschwitz teilzunehmen. Zu den Überlebenden gehört auch Prof. Felix Kolmer, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees. Radio Prag sprach mit ihm vor der Feier, die als Mahnung für künftige Generationen gelten soll. Hören Sie den folgenden Beitrag von Jitka Mladkova, es liest Martina Schneibergova:
"In der Zeit, als der letzte Transport aus Theresienstadt kam, war ich noch in Auschwitz. Da sich mein Lager in der Nähe der Gaskammer Eins und der Gaskammer Zwei befand, konnte ich sehen, wie von der Rampe Menschen - jeweils zu fünft - in Richtung der Gaskammer gingen. Sie haben nicht geahnt, dass sie in die Gaskammer gehen, wir haben das aber schon gewusst. Nach links sind immer diejenigen geschickt worden, die für die Gaskammer bestimmt waren, nach rechts wiederum gingen die anderen, die weiter leben durften."
Der Tod war in Auschwitz allgegenwärtig. Wie hat man eigentlich mit dieser Tatsache leben können und mit eigenen Augen den Gang in den Tod von tausenden Menschen beobachten müssen? Dazu Felix Kolmer:
"Wenn man so viele Tote sieht: Zehntausende Tote oder Menschen, die in den Tod gingen, habe ich gesehen. Vor allem waren Frauen und Kinder unter ihnen. Dann kann man eigentlich keine besonderen Gefühle spüren. Man lebte dort sowieso von einer Minute auf die andere, von einer Stunde auf die andere, und man denkt manchmal nur daran, dass man vielleicht nur noch eine Woche überleben würde. Wenn man nämlich den Tod täglich sieht, stumpft man eigentlich ab."
Wenn man die Kriegsgräuel nicht erlebt hat, kann man sich diese nur schwer vorstellen. Deshalb sind die Berichte der damaligen Augenzeugen so wichtig. Prof. Kolmer hat überlebt. Er gehörte zu den Glücklichen, obwohl dieses Wort gleichzeitig auch einen bitteren Beigeschmack hat. Er hat uns erzählt, wie es ihm gelungen ist, zu überleben."Erstens war es ein großes Glück, und zweitens habe ich mich selbst darum verdient gemacht: Es ist mir gelungen, von Auschwitz in ein anderes KZ zu fliehen. Ich wurde nämlich eingesetzt für die Arbeit in einer Schwefelmine. Dort haben wir gesehen, dass alle zwei Monate etwa zweihundert Leute kamen, aber wir haben niemanden zurückkommen gesehen. So haben wir vermutet, dass die Leute dort sterben. Als man uns dann nachts zwischen den Baracken des Lagers Auschwitz II Birkenau, das von einem mit 22 000 Volt geladenen Stacheldraht umgeben war, mit Peitschen der SS-Leute unter Hundegebell an die Rampe jagte, musste ich einen Waggon besteigen, der zu den Schwefelminen fahren sollte. Ich habe aber gesehen, dass da auch ein anderer Waggon stand, worin ich ehemalige Häftlinge aus Theresienstadt erkannte, und so bin von meinem Waggon in den anderen geflüchtet. Dieser fuhr in ein weit von Auschwitz entferntes KZ, und zwar nach Großrosen in Schlesien. In der Nähe befand sich ein kleineres Lager mit dem Namen "Friedland" für nur 600 Häftlinge, wo etwas mildere Verhältnisse herrschten. Dort gab es schon die Chance zu überleben. Also über diesen Umweg gelang es mir zu fliehen und mir das Leben zu retten."