Internationaler Kongress zu Neonazismus und Fremdenfeindlichkeit in Prag

Foto: Štěpánka Budková

Am Mittwoch wurde in Prag unter dem Titel „Gegenwärtige Drohung des Neonazismus und Äußerungen der Xenophobie“ ein internationaler Kongress eröffnet. Veranstaltet wird er von der Gedenkstätte Lidice in Zusammenarbeit mit dem Aktuellen Forum aus Deutschland. Daniel Kortschak war für Radio Prag dabei.

Ondřej Cakl  (Foto: www.jedensvet.cz)
Nach Schätzungen des tschechischen Innenministeriums zählt der „harte Kern“ der rechtsextremen Szene rund 7000 Anhänger. Ondřej Cakl beobachtet seit über 10 Jahren für antifaschistische Organisationen die Aktivitäten der Rechtsextremen und führt genaue Aufzeichnungen. Tschechien habe gegenüber den meisten anderen mitteleuropäischen Ländern den Vorteil, dass seit 1998 keine extrem rechte Partei mehr im Parlament vertreten sei. Dem stehe eine äußerst straff organisierte und höchst gewaltbereite Szene gegenüber, so Cakl:

„Was aber die rassistisch motivierte Gewalttaten, Morde und Demonstrationen betrifft, sind wir in Europa führend. Die einzigen, die mit uns dabei noch mithalten können, sind die deutschen Neonazis.“

Karel Holomek
Seit dem Wende-Jahr 1989 sind in Tschechien laut Cakl 30 Menschen rassistischen Gewaltakten zum Opfer gefallen.

Im zweiten Teil der Vortragsreihe wurde die Situation der Roma in Tschechien thematisiert. Die Leiterin des Museums der Roma-Kultur in Brünn, Jana Horvathová schilderte Unterdrückung und Verfolgung der Roma im 19. un frühen 20. Jahrhundert und erinnerte deren Vernichtung durch das Nazi-Regime. Der Vorsitzende der Gemeinschaft der mährischen Roma, Karel Holomek, kritisierte auch die derzeitige politische Situation in Tschechien:

„Die groben Äußerungen von Seiten der Neonazis, die man auf der Straße hört, sind einfach zu identifizieren und von aufmerksamen Mitbürgern leicht entsprechend einzuordnen. Aber all diese Diskriminierungen, die von offziellen Stellen kommen, oder zum Beispiel die unglücklichen Äußerungen mancher Politiker, spielen den Neonazis in die Hände. Das ähnelt sogar ein wenig dem, was in den 30er-Jahren in Deutschland passiert ist.“

Foto: Štěpánka Budková
So seien etwa die Roma bei der Entschädigung der Holocaust-Überlebenden als Opfer zweiter Klasse behandelt worden. Und es sei auch bezeichnend, dass heute keine Partei einen Roma auf ihrer Kandidateliste habe, so Holomek, der kurz nach der Samtenen Revolution selbst Abgeordnerter zum Tschechischen Natiolarat war.

Eröffnet werden sollte der Kongress durch den tschechischen Kulturminister Václav Jehlička, der sich aber entschuldigen ließ und seinen Stellvertreter entsandte. Auch die Ministerin für Minderheiten und Menschenrechtsfragen Džamila Stehlíková nahm entgegen ihrer Ankündigung nicht an der Koferenz teil. Der Leiter der Gedenstätte Lidice und Organisator des Projektes, Milouš Červencl zeigte sich im Radio-Prag-Gespräch enttäuscht:

„Ich denke, das ist ein Zeichen für den derzeitigen Zustand unserer Politik, die dieses Thema bislang nur am Rande wahrnimmt und ganz andere Interessen hat.“ Positiv strich Červencl allerdings die Teilnahme der Präsidenten beider Parlamentskammern hervor.