Jahreswende mit Corona-Impfstoff in Tschechien?
Die Corona-Impfstoffentwicklung geht in die heiße Phase. Wann steht ein Impfstoff in Tschechien zur Verfügung? Wer bekommt ihn zuerst? Und wie viele Menschen werden geimpft?
Tschechien hat über die Europäische Union Impfstoff für 5,5 Millionen Menschen beantragt. Das bedeutet neun Millionen Dosen mit einem Gesamtwert von zwei Milliarden Kronen (74 Millionen Euro). Sie sollen von den Unternehmen Biontech, Pfizer, AstraZeneca und Johnson & Johnson geliefert werden. Die Kosten werden komplett aus der Krankenversicherung entrichtet. Wie schnell der Impfstoff zur Verfügung steht, hängt davon ab, wann die Zulassungsbehörden ihn genehmigen. Jakub Dvořáček leitet den Verband der innovativen Pharmaindustrie in Tschechien.
„In diesem Fall läuft das beschleunigte, sogenannte Rolling-Review-Verfahren. Die Firmen legen die Ergebnisse der klinischen Überprüfungen schon im Laufe der Testverfahren vor. Den Zulassungsbehörden stehen die Unterlagen fortlaufend zur Verfügung. Dadurch kann der Genehmigungsprozess auf einen Monat oder noch weniger gekürzt werden.“
Demzufolge können laut Dvořáček die ersten Impfstoffe in Europa schon Ende des Jahres und in Tschechien Anfang kommenden Jahres zur Verfügung stehen. Hierzulande wird mit der Impfung von etwa der Hälfte aller Einwohner gerechnet. Nach Meinung des Experten sollte der Anteil höher sein:
„Die Tschechische Republik hat einen Vertrag mit der Firma AstraZeneca für etwa 3 Millionen Dosen abgeschlossen. Die Verhandlungen mit der Firma Pfizer über weitere etwa 2 Millionen Dosen sind in der Endphase. Das bedeutet Impfstoff für 2,5 Millionen Einwohner, weil bei der Impfung immer zwei Dosen nötig sind.“
Weitere Impfstoffe vom Unternehmen Johnson & Johnson würden erst in der zweiten Jahreshälfte 2021 zur Verfügung stehen.
Nach den jetzigen Voraussetzungen kann der Impfstoff nach Verabreichung ein Jahr lang wirksam bleiben. Zunächst will man Senioren und Mediziner hierzulande impfen. Das sei richtig, wie Dvořáček gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte:
„Unmittelbar darauf sollte aber ein sehr präziser Plan folgen, möglichst viele Menschen im aktiven Teil der Population zu impfen. Zum Beispiel unsere Nachbarn in Deutschland haben ein sehr detailliertes Konzept, wie in einzelnen Produktionsbetrieben und Unternehmen die Impfung durchgeführt wird. Da unsere Wirtschaft mit der deutschen und insgesamt europäischen Wirtschaft sehr verknüpft ist, sollten wir bei der Impfung mindestens so schnell wie andere Staaten vorgehen, damit die Zulieferungsketten nicht unterbrochen werden.“
In einer Umfrage Mitte November gab etwa die Hälfte der Tschechen an, sich gegen das Coronavirus impfen lassen zu wollen. Dvořáček hält die Behauptung für falsch, dass die Tschechen gegenüber Impfungen skeptisch seien:
„Bei anderen Impfarten liegen wir leicht über dem Durchschnitt in Europa, vor zehn Jahren waren wir noch an der Spitze. Alles hängt aber davon ab, wie das Gesundheitsministerium, das Staatliche Gesundheitsinstitut und andere Einrichtungen die Öffentlichkeit informieren und vorgehen werden. Ich nenne ein Beispiel: Großbritannien hat bei den Impfungen keinesfalls eine Spitzenposition. Nun haben dort dank einer sehr guten Kampagne etwa 75 Prozent der Einwohner Interesse gezeigt, sich gegen Corona impfen zu lassen. Es ist wirklich wichtig, wie wir die Informationen anbieten, und mit den Hausärzten zusammenarbeiten werden. Erst wenn wir dies tun, können wir eine Immunisierung erreichen, die die Epidemie stoppt.“