Keine Einigung über Haushaltsdefizit und Regierungsmandat
Die Sozialdemokraten haben am Dienstag die vorgezogenen Neuwahlen überraschend gekippt. Seitdem wird in der tschechischen Polit-Szene über das Mandat der Regierung Fischer diskutiert. Die knüpft jedoch ihre Bereitschaft weiterzuregieren an Bedingungen. Unter anderem zählt dazu die Zustimmung zu den Sparplänen von Finanzminister Janota. Damit soll das drohende Rekorddefizit im Haushalt reduziert werden.
Es scheint, dass die Politik in Tschechien zurzeit von vier Männern bewegt wird: Klaus, Fischer, Topolánek, Paroubek. Jan Fischer sollte den Premierministerposten ursprünglich nur bis zu den geplanten Wahlen im Oktober regieren. Diese wird es jedoch nicht im Oktober geben, und auch im November nicht, sondern möglicherweise erst im Mai oder Juni. Nun diskutieren die tschechischen Politiker, ob und wie lange und mit welchem Mandat das Übergangskabinett am Ruder bleiben soll. Premier Fischer:
„Die Politiker müssen sich darüber einigen, was für eine Regierung sie hier bis zu den Wahlen haben wollen. Soll es eine politische Regierung oder eine reine Beamtenregierung oder eventuell etwas dazwischen sein?“Präsident Klaus traf am Mittwoch mit dem Parteichef der Sozialdemokraten Jiří Paroubek zusammen. Klaus forderte ein starkes Mandat für Fischers Kabinett, falls die Wahlen nicht in näherer Zukunft durchgeführt werden. Die Sozialdemokraten vertrauen dem jetzigen Kabinett, während die Bürgerdemokraten verlangen, die Vertrauensfrage erneut im Abgeordnetenhaus zu stellen. Deren Parteichef, Mirek Topolánek, besteht darauf, dass die Regierung das Mandat nur bis zum Oktober bekommen hätte. Und dieses müsse, so Topolánek, mit der Vertrauensfrage erneuert werden. Topolánek führte erst am Donnerstag Gespräche mit Präsident Klaus. Eine Einladung zur Dreierrunde mit Paroubek am Mittwoch hatte Topolánek ausgeschlagen:
„Dies ist keine Vereinbarung einer großen Koalition. Ich werde so etwas nie anstreben. Eine Einigung muss auf einer breiteren Plattform erfolgen und zwar mit allen, die Verantwortung tragen. Und dies sind nicht nur Paroubek, Topolánek und Klaus.“
Und bei Verhandlungen müsse nicht nur der Weg zu den Abgeordnetenhauswahlen, sondern auch der Haushaltsentwurf für 2010 diskutiert werden. Die Vertreter der politischen Parteien sollen nun mit Finanzminister Janota nach Möglichkeiten suchen, um das für nächstes Jahr drohende Rekorddefizit von umgerechnet fast 9 Milliarden Euro bedeutend zu reduzieren. In welchen Bereichen eingespart werden soll, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Die Sozialdemokraten würden beispielsweise eine progressive Einkommenssteuer einführen. Einige der Pläne Janotas aber halten sie aus ihrer Sicht für unannehmbar, weswegen sie nur über Teile, nicht aber über das Sparpaket als Ganzes abstimmen wollen.Das hingegen wollen die Bürgerdemokraten, die mit dem Finanzminister weiter über Korrekturen verhandeln wollen. Wenn die Parteien sich nicht einigen, könnte es auch noch an einer weiteren Stelle anfangen zu brennen. Denn Kabinett Fischer bedingt seine Bereitschaft weiterzuregieren eben mit der Reduzierung des Haushaltsdefizits auf mindestens 170 Milliarden Kronen, etwa 6,3 Milliarden Euro.