Keine Entschuldigung im Fall Peroutka

Miloš Zeman

Seit vier Jahren bereits hält ein Fall rund um Ferdinand Peroutka die Gerichte auf Trab. Es geht um eine Aussage von Präsident Miloš Zeman über den legendären tschechischen Journalisten. Das Staatsoberhaupt hatte 2015 in einer Rede behauptet, Peroutka habe in den 1930er Jahren die Nationalsozialisten bewundert. Das hält die Enkelin des Schreibers jedoch für eine Verleumdung und klagt seitdem gegen Zeman auf Schadensersatz. Am Montag hat nun ein Gericht in Prag ein weiteres Urteil gefällt.

Ferdinand Peroutka  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Klage abgelehnt. So lautet die Entscheidung des Amtsgerichts für den ersten Prager Stadtbezirk. In der Begründung heißt es, öffentliche Reden des Staatspräsidenten seien nicht an Vorschriften gebunden. Konkret sagte die zuständige Richterin Iveta Nedozrálová:

„Der Staatspräsident hat bei seinen Reden keine Rechtsnormen gebrochen, die für die Ausübung dieser Funktion bestehen. Daher ist keine der Voraussetzungen erfüllt, die eine Verantwortung des Staates für einen Schaden bedeuten würden.“

Die Entscheidung ist aber nicht rechtskräftig. Und die Klägerin Terezie Kaslová hat bereits angekündigt, sich an die nächste Instanz zu wenden.

„Das war nur die erste Runde. Wir werden in Berufung gehen. Und ich hoffe, nach einer gewissen Zeit festzustellen, dass auch der Staatspräsident für seine Äußerungen verantwortlich sein muss“, so die Enkelin noch im Gerichtsgebäude gegenüber der Presse.

Begonnen hat alles am 27. Januar 2015, am Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Damals sagte Staatspräsident Zeman in seiner offiziellen Gedenkansprache, einige tschechische Intellektuelle hätten versagt angesichts der Bedrohung durch den Nationalsozialismus. Darunter sei auch Ferdinand Peroutka gewesen, behauptete Milos Zeman:

Terezie Kaslová  (Foto: ČTK/Ondřej Deml)
„Er hat in der prestigeträchtigen Zeitschrift ‚Přítomnost‘ einen Beitrag veröffentlicht mit dem Titel ‚Hitler ist ein Gentleman‘.“

Ausgerechnet Peroutka. Der Journalist wurde im September 1939 von der Gestapo verhaftet. Danach war er bis zum Ende des Krieges in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald inhaftiert.

Die Historiker waren wie vor den Kopf gestoßen, weil sie nie etwas von solch einem Artikel gehört hatten. In der Folge verstrickte sich Staatspräsident Zeman aber in immer größere Widersprüche. Weder er noch seine Mitarbeiter konnten den Nachweis erbringen, dass der Zeitschriftenbeitrag überhaupt existiert. Peroutkas Enkelin Terezie Kaslová empfand Zemans Äußerungen als verletzend und klagte. Sie verlangte eine Entschuldigung vom Präsidenten respektive dessen Kanzlei:

„Es geht hier um meinen Großvater, mein Blut. Das betrifft ja nicht nur mich, sondern auch meine Kinder, meine Schwestern und meine Neffen.“

Zunächst klagte Kaslová gegen die Präsidentenkanzlei. Die Gerichte entschieden, dass die Peroutka-Enkelin zum Teil das Recht habe auf eine Entschuldigung. Zu dieser war Zeman jedoch nicht bereit. Er bedauerte nur, dass auch nach Jahren der inkriminierte Zeitschriftenartikel von Peroutka noch nicht gefunden werden konnte. Dann aber griff der Oberste Gerichtshof ein. Dieser entschied, dass die Präsidentenkanzlei nicht verklagt werden könne, sondern das Finanzministerium. Dieses sei verantwortlich für Schäden durch öffentliche Institutionen.

Miloš Zeman | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk
Deswegen wurde der Fall erneut vorm Amtsgericht für den ersten Prager Stadtbezirk verhandelt. Zeman fungierte dabei nur als Nebenteilnehmer. František Vyskočil ist Anwalt von Terezie Kaslová. Dass die Klage nun abgelehnt wurde, hält er für unverständlich. Er verwies auf einen ähnlichen Fall, in dem dasselbe Amtsgericht das Finanzministerium vor kurzem dazu verurteilt hat, sich für eine öffentliche Aussage Zemans bei einem Geschädigten zu entschuldigen.

„Ich habe heute keine Erläuterung gehört, warum das Gericht sich in unserer Sache dazu entschlossen hat, anders vorzugehen. Dabei sind beide Fälle vom Tatbestand her praktisch identisch“, so Anwalt Vyskočil.

Wie der Jurist weiter betonte, müsse auch ein Staatsoberhaupt an den Schutz der Persönlichkeit gebunden sein – so wie er in den Grundrechten formuliert und im Bürgerlichen Gesetzbuch weiter ausgeführt sei.