Kloster St. Gabriel: Wandmalereien und Ornamente erinnern an Beuroner Kunstschule

Kloster St. Gabriel in Prag

Das Prager Kloster St. Gabriel wurde 1882 im Stil der Beuroner Kunstschule erbaut. Die Benediktinerinnen sind jedoch vor mehr als 100 Jahren nach Österreich umgezogen. Danach wurde das ehemalige Klosterareal jahrzehntelang von der tschechoslowakischen und anschließend der tschechischen Post genutzt. In einer der vergangenen Ausgaben unseres „Spaziergangs durch Prag“ haben wir über die Geschichte der Beuroner Benediktinerinnen im Prager Stadtteil Smíchov berichtet. Nun nehmen wir Sie mit in das Innere des ehemaligen Klosters St. Gabriel. Dazu hören Sie ein Interview mit Monica Bubna-Litic, der Vorsitzenden des Vereins der Freunde der Beuroner Kunst und des Stiftungsfonds Malakim.

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Frau Bubna-Litic, wir betreten jetzt das ehemalige Kloster St. Gabriel. Was ist das für eine Tür?

„Wir sind jetzt in der Vorhalle und schauen auf eine Tür mit dem Christusmonogramm Chi Rho. Diese Tür befindet sich nicht in der Klausur, hier wurden Gäste über eine Treppe zur Äbtissin hinaufgeführt. Ihre Wohnung lag im ersten Stock, dazu gehörten auch noch Sprechzimmer. Wenn die Schwestern einen Termin hatten, sind sie dann aus der Klausur in diese Räume geführt worden, ohne dass aber die Gäste die Klausur betraten.“

Die Gäste durften wahrscheinlich die Klausur auch gar nicht betreten…

„Die Klausur war nur für die Schwestern, und die Schwestern blieben auch immer in der Klausur. Sie konnten also nur aus der Klausur herausgehen, wenn sie Besuch hatten.“

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Und dieser riesengroße Saal oder Raum, wozu diente er früher?

„Das ist der Paradiesgarten. Und das war wirklich ein Garten. Die Schwestern verkauften 1919 das Kloster und sind von hier nach Österreich umgezogen. Der neue Käufer war das Ministerium für Post und Telegrafie. Das nutzte diesen Raum, um ein Postamt zu einzurichten. Später wurden hier Postfahrzeuge ausgestellt. Es wurde mit einem Glasdach ausgestattet. Und darüber setzte man ein weiteres Glasdacht mit Draht im Glas, damit es stabil ist. Betonsäulen tragen das ganze Dach. Es hat sogar Ornamente der Beuroner Kunstschule. Ich würde daher sagen, dass dieser Raum sehr gut umgestaltet und überdacht wurde.“

Als noch die Ordensschwestern den Garten nutzten, gab es die Säulen aber noch nicht, oder?

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Damals konnten die Schwestern noch die Sonne sehen. Da stand hier in der Mitte ein Beuronisches Kreuz. Dieses haben die Schwestern dann mitgenommen.“

Sind die Fenster entlang des Ganges ursprünglich?

„Ja, die Fenster entlang des Kreuzganges sind ursprünglich. Ich würde allgemein sagen, dass fast alle Fenster im Kloster noch sehr gut erhalten sind. Allerdings hat man meiner Meinung nach die Fenster nicht oft geputzt.“

Und jetzt sind wir in einen leeren Raum gegangen. Wozu diente er?

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Wir sehen, dass hier plötzlich an den Wänden der Sims endet. Das zeugt davon, dass wir im Chor der Schwestern sind. Das ganze Kloster wurde in L-Form angelegt. Im längeren Teil war das Kirchenschiff, im kürzeren der Chor. Als die Schwestern auszogen waren, wurde leider der Chor beschädigt. Man hat hier horizontal und vertikal Wände hineingezogen. Und nicht nur Wände, sondern auch Decken. Wenn wir jetzt zurückgehen, kommen wir in einen Raum, in dem die Schwestern ihre Chormäntel angezogen haben. Und diese Treppe führt hinauf in die Mitte des Chores, denn dort befand sich die Orgel.“

Wir sind jetzt durch den Kreuzgang gegangen, und dieser Raum scheint noch gut erhalten zu sein?

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Ja, er ist ursprünglich – inklusive dem Boden und den Fenstern aus Bleiglas. Das war früher der Kapitelsaal, in dem die Schwestern etwa ihre Entscheidungen getroffen haben. Der Thron der der Äbtissin stand dort, wo der Kachelboden ist. Hier sieht man zudem eine schwarze Kachel. Diese war für Schwestern bestimmt, die etwas getan hatten, was man nicht tun sollte. Kamen sie zum Beispiel zu spät zur Messe, dann mussten sie hier hinknien und sich vor allen entschuldigen.“

Sind hier wieder die typischen Beueroner Ornamente?

„Ja, das ist hier alles nicht renoviert und restauriert worden. Interessanterweise gibt es in Beuron eine Kapelle, die genauso verziert ist wie dieser Raum hier.“

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Jetzt stehen wir im Flur der ersten Etage. Gehört die Wandmalerei, die uns direkt gegenüber ist, zu den Originalbildern des Klosters?

„Ja, es ist ein Teil des Hausaltars. Der untere Teil ist leider nicht zu sehen. Er ist stark beschädigt, weil in der Zeit, als das Gebäude der tschechoslowakischen Post gehörte, der Raum horizontal getrennt wurde. Wir wissen sogar, dass die Wandmalerei von der Schwester Magdalena von Galen stammt. Auch die Decke ist ausgemalt. Wir nehmen an, dass das ganze Kloster im Innern so verziert war. Wir sind über die zentrale Treppe in den ersten Stock hinaufgegangen. Wenn wir hinuntergegangen wären, waren wir in der Krypta gelandet. Diese befand sich unter der Kirche. Wenn eine der Schwestern starb, wurde sie dort bestattet.“

Wird die Krypta während der Führungen gezeigt? Ist sie zugänglich?

Bibliothek | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Sie ist zugänglich, wird aber während der Führungen nicht besichtigt. Auf der rechten Seite ist der Eingang zur Bibliothek. Diese befindet sich im Originalzustand, jedoch ohne Bücher.“

Was ist mit den Büchern passierte?

„Die Schwestern haben sie mitgenommen, als sie 1919 aus der Tschechoslowakei nach Österreich umgezogen sind. Sie haben die Bücherregale jedoch stehen lassen, weil sie diese nicht zerstören wollten. In der Bibliothek gibt es wunderschöne Fenster, zwischen den Fenstern stehen Bücherschränke. Erhalten sind hier sowohl die Decke als auch der Boden.“

Hat die Post den Bibliothekssaal genutzt?

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Ja, das Postmuseum hat ihn genutzt. Damals wurde hier ein höherer Boden eingezogen, unter dem man die Computerkabel hindurchgeführt hat, sodass der Originalboden nicht zerstört wurde. Die Regale sind sehr hoch, es gibt hier eine Leiter, die man bewegen konnte. Eine Treppe führt aus der Bibliothek in den Raum, in dem die Schwestern studieren konnten. Durch eine weitere Tür kommt man in den ehemaligen Konventsaal. Dort stand ursprünglich ein Klavier, das eine der Schwestern in ihr neues Zuhause mitgenommen hat. Die Decke wurde übermalt. Leider ist dieser Raum stark beschädigt. Das ist jedoch erst in letzter Zeit passiert, als hier Filme gedreht wurden. Wir gehen jetzt wieder zurück, die Bibliothek befindet sich rechts vom Hausaltar, und links geht es durch eine ursprüngliche beuronische Tür ins Refektorium. Vor dem Eingang gibt es ein Lavabo, in dem die Schwestern sich die Hände gewaschen haben, bevor sie ins Refektorium gegangen sind. Der Raum ist ziemlich gut erhalten. Alles war ausgemalt. Es wurden hier Proben gemacht, ob die Wandmalereien wirklich existieren.“

Gibt es sie überhaupt? Denn zu sehen sind sie nicht – bis auf ein paar Fragmente…

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Ja, die gibt es schon. Aber es wurde hier einige Mal gefilmt, und darum wurden die freigelegten Wandmalereien wieder zugedeckt. Schwester Petra vom Benediktinerinnenorden, die Restauratorin ist, sagte, es sei gut zugedeckt worden. Daher hoffen wir, dass die Malereien vielleicht irgendwann wieder freigelegt werden können.“

Wo haben die Äbtissin und die Schwestern im Kloster gelebt?

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Die Chorschwestern hatten wahrscheinlich meist ihre Zellen. Die Laienschwestern hatten bestimmt ein Dormitorium. Es gab noch eine weitere Gruppe von Schwestern hier, und das waren die Novizinnen. Sie haben oben im zweiten Stock beim Chor – ganz abgetrennt – gelebt. Schließlich gab es hier noch zwei Pförtnerinnen, die außerhalb der Klausur wohnten.“

Kloster St. Gabriel | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International
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