König unterstützt den Radsport neuerdings als Renndirektor

Leopold König (Foto: Archiv der Agentur Orange)

Der März ist ein Monat des Wandels: Die Ärmel werden kürzer sowie die Jacken dünner, die Autos bekommen ihre Sommerreifen und die Hobbysportler springen von den Ski aufs Fahrrad. Und so ist es auch kein Wunder, dass gerade der Radsport schon jetzt auf seine kommenden Höhepunkte verweist. In Tschechien sind es die Czech Tour und die Friedensfahrt für Aktive bis 23 Jahre; die mit Leopold König einen neuen Renndirektor haben.

Leopold König  (Foto: Archiv der Agentur Orange)

Leopold König  (Foto: Prokop Havel,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Tschechien-Rundfahrt wird im Sommer zum zwölften Mal ausgetragen. Das diesjährige Etappenrennen ist so gut besetzt wie noch nie seit seiner Entstehung, sagt der Direktor der Czech Tour, Leopold König:

„Es ist großartig, dass nur wenige Tage nach der Tour de France und den Olympischen Spielen in Tokio fünf Pro-Tour-Teams am Start sind. Das hat es hierzulande noch nicht gegeben.“

Und König, bis vor zwei Jahren noch aktiver Profirennfahrer, ergänzt:

„Zudem kann ich verraten, dass wir noch mit dem Team Ineos verhandeln. Es ist zwar kompliziert, doch die Briten haben noch nicht abgesagt. Die Chancen stehen 50:50.“

Leopold König zu Czech Tour 2020: „Es ist großartig, dass nur wenige Tage nach der Tour de France und den Olympischen Spielen in Tokio fünf Pro-Tour-Teams am Start sind. Das hat es hierzulande noch nicht gegeben.“

Leopold König ist von 2014 bis 2016 selbst für diesen Rennstall gefahren, als Ineos noch Team Sky hieß. Seit der Saison 2018, in der König dem deutschen Team Bora-hansgrohe angehörte, war es jedoch still geworden um den 32-jährigen Profiradfahrer aus Moravská Třebová / Mährisch Trübau. Eine rätselhafte Erkrankung zwang ihn zum Pausieren. Bis vor kurzem wusste kaum jemand, ob er je wieder Rennen fahren wird. Bei einer Pressekonferenz Ende Februar in Prag zeigte er sich dann aber erstmals wieder der Öffentlichkeit. Dabei verriet er, dass er den Promoter und Organisator der Czech Cycling Tour, Jaroslav Vašíček, schon lange gut kenne, und dieser ihn so auch mit in sein Boot holte:

Jaroslav Vašíček  (Foto: Archiv der Agentur Orange)
„Als das Angebot kam von ihm, Direktor der Tour zu werden, war ich sehr erfreut. Ich will den tschechischen Radsport unterstützen und dazu meine Erfahrungen bei den größten internationalen Touren einbringen.“

Wie er sich seine Unterstützung vorstelle, dazu sagte König vor Journalisten:

„Meine Vision als Tour-Direktor ist es, Radfahren hierzulande wirklich zum Breitensport zu machen. Hierfür will ich vor allem die Kinder gewinnen.“

In diesem Sinne ist es nur logisch, dass er als Direktor auch einem der größten Etappenrennen des Nachwuchses vorsteht, das der internationale Radsport zu bieten hat: Die Friedensfahrt für Radsportler bis 23 Jahre. Zu Zeiten des Kalten Krieges galt sie als das populärste Amateurradrennen der Welt. Die Rundfahrt, die stets im Mai zwischen der Tschechoslowakei, Polen und der ehemaligen DDR ausgetragen wurde, verstand sich dabei als das Gegenstück des Ostens zur Tour de France. Nach der politischen Wende im Jahr 1989 ist sie nicht nur dem neuen Zeitgeist zum Opfer gefallen, sondern war auch finanziell nicht mehr zu stemmen. Deshalb ist man in Tschechien stolz darauf, seit 2013 zumindest wieder eine kleine Friedensfahrt für den Nachwuchs zu veranstalten. Und auch König ist vom hohen sportlichen Wert dieses Rennens überzeugt:

„Die Friedensfahrt ist hierzulande immer noch ein Begriff. In ihr steckt ein großes Potenzial. Das wollen wir nutzen und dieses Rennen auch in diesem Jahr weiter voranbringen.“

Die achte Friedensfahrt für den Nachwuchs findet von 4. bis 7. Juni statt. Sie startet mit einem Prolog im mährisch-schlesischen Krnov / Jägerndorf und endet drei Tage später in der Kurstadt Jeseník / Freiwaldau. Das Etappenrennen führt über 440 Kilometer und mit Steigungen in einem Gesamtumfang von 8800 Höhenmetern vor allem durch das Altvatergebierge (Jeseníky) und die Gegend um die Grenzstadt Zlaté Hory / Zuckmantel.

König: „Die Friedensfahrt ist hierzulande immer noch ein Begriff. In ihr steckt ein großes Potenzial. Das wollen wir nutzen und dieses Rennen auch in diesem Jahr weiter voranbringen.“

Auch die zwölfte Czech Tour wird hauptsächlich auf mährischen Straßen ausgefahren. Sie startet am 5. August in Prostějov / Proßnitz und endet am 9. August in Olomouc / Olmütz. Auf den fünf Tagesabschnitten werden insgesamt 586 Kilometer und rund 9000 Höhenmeter überwunden. Am Start sind 20 Mannschaften à sieben Fahrer, darunter sind die Profiteams Mitchelton Scott, Bora-hansgrohe, Jumbo Visma, CCC Pro Team und Sunweb. Doch nicht nur wegen dieser erstklassigen Besetzung stehen die Tour und die Friedensfahrt hierzulande schon jetzt hoch im Kurs, bemerkte König:

„Diese beiden Rennen wurden von der Agentur Czech Tourism unter die 27 größten Veranstaltungen des Jahres in Tschechien eingereiht. In diesem Ranking liegen sie auf den Plätzen elf und zwölf.“

Ralph Denk  (Foto: Archiv Bora-hansgrohe)
Mit diesen Worten bestätigte Leopold König schließlich selbst, für welch wichtigen Sportwettbewerbe er nun ein hohes Maß an Verantwortung trägt. Doch wie geht es bei ihm rein sportlich weiter? Fragen wie diese beantwortete der Radprofi am vergangenen Mittwoch unter anderem auch für unseren Sender.

Als König in der Saison 2018 nicht mehr bei Radrennen eingesetzt wurde, zitierte die Deutsche Presse-Agentur im September des Jahres den Chef seines Teams Bora-hansgrohe, Ralph Denk:

„Leopold hat gesundheitliche Probleme, kann zur Zeit nicht fahren, hat uns aber gebeten, die genauen Umstände nicht zu kommunizieren.“

Auch König selbst schwieg seitdem beharrlich zu den Gründen seiner Auszeit. Deshalb wurde über seine Erkrankung auch viel spekuliert. Unter anderem wurde gemeldet, dass sich sein Knie entzündet und er Rückenschmerzen habe. Vor fünf Tagen sagte der Betroffene dazu:

„Das Einzige, was ich sagen kann: Es sind keine Probleme am Knie, die mich pausieren ließen. Die Sache ist komplexer. Es sind weder der Rücken, die Knie oder Probleme, die ich in der Vergangenheit hatte.“

Leopold König  (Foto: Bert de Boer,  Flickr,  CC BY 2.0)
Bis zum heutigen Zeitpunkt wüssten die Ärzte immer noch nicht genau, was die konkreten Ursachen für seine Krankheit seien, ergänzte König. Auch deswegen sei weiterhin nicht klar, ob er seine Profikarriere wird jemals fortsetzen können. In gewisser Weise aber hält er sich fit:

„Ich arbeite intensiv daran, dass ich wieder völlig gesund werde. Physisch aber kann ich meinen Körper nur im Rahmen dessen belasten, was mir mein Gesundheitszustand ermöglicht. Mit anderen Worten: An ein gezieltes Training ist momentan nicht zu denken. Doch ich tue alles, um mich körperlich in Schwung zu halten.“

Zu seinen sportlichen Aktivitäten gehörten jetzt vor allem Tennis, Skilaufen und etwas Radfahren, so König. Doch gerade die ersten Tage und Wochen ohne seinen Leistungssport seien ziemlich schwer gewesen, erinnert sich der neue Direktor der Tschechien-Rundfahrt:

König über Ex-Teamkollegen: „Froome ist mental ein sehr starker Typ. Wenn er nicht so intensiv mit dem Radsport verwurzelt wäre, hätte er vermutlich all seine Verletzungen nicht überwinden können. Und genau sein Beispiel ist der Grund für mich, dass auch mein Weg noch nicht zu Ende ist.“

„Ich gebe zu, dass ich auch einige psychische Probleme hatte. Das war gleich am Anfang, als ich von einem Tag auf den anderen gezwungen war, meine Karriere zu unterbrechen. Ich ahnte damals, dass es mit meiner Gesundheit nicht gut bestellt ist.“

Angesichts seiner noch ungeklärten Krankengeschichte sei er jetzt aber froh, dem internationalen Radsport dank seiner neuen Funktion wieder ganz nahe zu sein:

„Natürlich steckt der Radsportgeist noch in mir, und das in gehörigem Maße. Jetzt habe ich jedoch den Blick von der anderen Seite. Ich muss ehrlich sagen, dass ich dankbar dafür bin, wieder voll dabei zu sein. Als Tour-Direktor stehe ich in Kontakt mit vielen Leuten, mit denen ich schon mehrere Jahre meines Lebens verbracht habe. Ich freue mich darauf, dass mich die neue Aufgabe in jeder Hinsicht bereichert.“

Chris Froome  (Foto: Markéta Navrátilová)
Dennoch sieht König seine Profilaufbahn noch nicht als beendet an. Selbst wenn er nicht genau weiß, wie es bei ihm gesundheitlich und sportlich weitergeht, klammert er sich an jedes Fünkchen Hoffnung. Und am meisten Mut macht ihm dabei der Comeback-Versuch des viermaligen Tour-de-France-Siegers und ehemaligen Teamkollegen Chris Froome. Der 34-jährige Brite ist nämlich rund sieben Monate nach seinem schweren Sturz in Frankreich auf Gran Canaria wieder voll ins Training eingestiegen. Und er plant, bei der diesjährigen Tour de France wieder an den Start zu gehen. Leopold König:

„Es gibt eine ganze Reihe von Sportlern, die ihre Karriere beendet oder unterbrochen haben, dann aber wieder zurückgekehrt sind. Letzten Endes ist das eine sehr individuelle Sache. Froome ist mental ein sehr starker Typ, bei ihm ist alles möglich. Wenn er nicht so intensiv mit dem Radsport verwurzelt wäre, hätte er vermutlich all seine Verletzungen nicht überwinden können und müsste nun ständig mit den Konsequenzen leben. Und genau sein Beispiel ist der Grund für mich, dass auch mein Weg noch nicht zu Ende ist.“

Autor: Lothar Martin
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