Kreis- und Senatswahlen bringen politischen Farbenwechsel

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Die Kreis- und Senatswahlen haben am Wochenende in Tschechien ein politisches Erdbeben ausgelöst. Die Sozialdemokraten fuhren einen klaren Sieg ein, die regierende Koalition aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Grünen wurde von den Wählern regelrecht abgestraft. Daniel Kortschak fasst ein „heißes“ Wahlwochenende zusammen.

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Die politische Landkarte erstrahlt in ODS-blau, einzig der Südmährische Kreis glänzt im Gelb der Christdemokraten. Das war im Jahr 2004. An diesem Wochenende haben sich die politischen Verhältnisse in Tschechien gründlich gewandelt. Dreizehn von dreizehn Landkreisen sind nun grellorange eingefärbt: Die Sozialdemokraten (ČSSD) liegen überall auf Platz eins, die Bürgerdemokraten (ODS) verlieren alle ihre bisher zwölf Kreishauptmänner. Tschechiens Premierminister und ODS-Parteichef Mirek Topolánek gab sich entsprechend zerknirscht

„Ich sehe diese Niederlage als sehr schmerzlich an. Aber trotzdem ist sie nicht so stark wie die Niederlage der Sozialdemokraten vor vier Jahren. Es kommt jetzt zu einer Umfärbung der regionalen politischen Landkarte nicht aber der gesamtstaatlichen.“

Jiří Paroubek mit Ehefrau Petra  (Foto: ČTK)
Sozialdemokraten-Chef Jiří Paroubek zeigte sich erfreut und auch ein klein wenig überrascht über die Deutlichkeit des Wahlsieges. An seiner Partei liegt es nun, in den dreizehn Landkreisen die Regierungsverhandlungen zu beginnen. Was die möglichen Koalitionsvarianten betrifft, äußerte Paroubek klare Präferenzen:

„Vorzugsweise mit den Christdemokraten oder auch mit den Kommunisten. Wir suchen vor allem nach inhaltlicher Übereinstimmung. Die zu finden ist jetzt Aufgabe unserer Kreisorganisationen. Am wenigsten wahrscheinlich ist natürlich, dass wir eine Koaltion mit der ODS eingehen.“

Für die Christdemokratische Volkspartei KDU-ČSL kommt das Wahlergebnis ebenfalls einer Niederlage gleich. Den einzigen Kreishauptmann in Brünn verlor man an die Sozialdemokraten und die Stimmenanteile gingen im Landesdurchschnitt um rund vier Prozent zurück. Parteichef und Vizepremier Jiří Čunek zeigte sich im Tschechischen Fernsehen dementsprechend enttäuscht:

Jiří Čunek  (Foto: ČTK)
„Das ist kein Erfolg. Fakt ist aber, wenn wir auf die Gesamtzahl der Stimmen schauen, zeigt sich, dass wir fast gleich viele bekommen haben wie vor vier Jahren. Unsere Stammwähler, die uns damals ihre Zustimmung gegeben haben, haben uns auch diesmal unterstützt.“

Der Misserfolg der Christdemokraten ist also auf die gestiegene Wahlbeteiligung zurückzuführen. Kam 2004 nicht einmal ein Drittel der Wahlberechtigten zu den Urnen, nahmen diesmal gut 40 Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Auch die Kommunisten sehen dies als Grund für ihre leichten Stimmenverluste. Parteichef Vojtěch Filip:

Premier Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
„Das liegt ganz sicher auch an der höheren Wahlbeteiligung. Aber andererseits haben wir in absoluten Zahlen mehr Stimmen bekommen als 2004. Und vor allem ist das eine deutliche Steigerung gegenüber den Parlamentswahlen von 2006.“

Schwer geschlagen geben mussten sich auch die Grünen. Sie kamen auf landesweit nur rund drei Prozent und sind in keinem Regionalparlament vertreten. Ein hörbar enttäuschter Parteichef und Umweltminister Martin Bursík sucht nach den Ursachen:

„Wir haben erwartet, in allen Kreisen erfolgreich zu sein. Das Ergebnis überrascht uns. Ich denke, viele unserer Sympathisanten sind erst gar nicht zur Wahl gekommen. Die aufgeheizte Atmosphäre im Wahlkampf war nicht zu unserem Vorteil. Wir konnten uns nicht als Konkurrenz zu den großen Parteien positionieren.“

Die Sozialdemokraten haben die Regionalwahlen stets als Referendum über die Regierung Topolánek betrachtet. Nach ihrem Wahlerfolg sehen sie nun den Sturz der Koalition als ihren Auftrag an. Jiří Paroubek forderte Permier Topolánek unmittelbar nach der Wahl zum Rücktritt auf, dieser lehnte jedoch ab.

Mit Spannung erwartet wird nun das von den Sozialdemokraten bereits vor den Wahlen beantragte Misstrauensvotum im Abgeordnetenhaus. Angesichts der äußerst knappen Mehrheitsverhältnisse und einiger fraktionsloser Abgeordneter ist das Schicksal des Kabinetts Topolanek völlig offen.