Langes Warten auf Schengenerweiterung

Foto: Europäische Kommission

Am Donnerstag dieser Woche haben die EU-Innenminister definitiv die Erweiterung der Schengen-Zone um neun neue Länder bestätigt. Ab 21. Dezember werden nun die Passkontrollen innerhalb des EU-Raumes auch an den tschechischen Grenzen entfallen. Für Jitka Mladkova war dies Anlass zu einer Betrachtung im nun folgenden Radiofeuilleton.

Foto: Europäische Kommission
Auf diesen historischen Tag habe ich persönlich viele Jahre, ja ganze Jahrzehnte gewartet! Sie werden es mir kaum glauben, wenn ich Ihnen verrate, was - genauer gesagt wen - ich mir in Erinnerung gerufen habe, als die Meldung über den endgültigen Beschluss der EU-Innenminister zur Schengenerweiterung aus Brüssel in Prag eingetroffen war: einen Mann in Soldatenuniform am deutsch-französischen Grenzübergang in Straßburg! Es ist eine Geschichte, die sehr weit zurückliegt, als es noch gar keinen Schengenraum gab.

Ich reiste damals mit einem Turnverein nach Frankreich. Der erwähnte Mann stand auf seinem Grenzposten wie angenagelt, vielleicht auch etwas gelangweilt, und machte unentwegt eine kleine Handbewegung – er schwenkte seinen Daumen hin und her, von rechts nach links und zurück. An ihm vorbei schlich fließend eine Autoschlange, ohne dass ein Fahrzeug angehalten und kontrolliert wurde. Ausnahme: das rare Vehikel aus dem fernen Osten, in dem unsere Gruppe saß.

Das Bild des unbekannten Mannes, der den Verkehr zwischen zwei Staaten mit einem bloßen Daumen regulierte, war für mich faszinierend. Schließlich hatten wir nur wenige Stunden davor eine andere Staatsgrenze überquert: die mit Stacheldraht markierte und von bewaffneten Soldaten bewachte Trennlinie zwischen zwei Welten - die tschechisch-deutsche Grenze. Das flaue Gefühl im Magen habe ich auch nicht so leicht vergessen.

Als dann im Jahr 1990 tschechische Politiker gemeinsam mit ihren deutschen und österreichischen Kollegen den Stacheldraht an den Grenzen symbolisch durchschnitten, war das ein köstlicher Anblick und Grund zur Freude. Ich habe jedoch auch damals an die für mich ebenfalls symbolträchtige Handbewegung von Straßburg gedacht. In der Hoffnung, dass bald auch die Tschechen über Grenzen reisen werden, die nicht einmal durch Passkontrollen zu erkennen sind. Es hat aber noch 19 Jahre nach der Grenzöffnung gedauert, bis auch die Schengenerweiterung kommen konnte. Wenn jemand sagt, dass es „viel zu früh“ geschieht, kann ich diese Meinung nicht teilen. Für viele kommt es viel zu spät, trotzdem kann man sich freuen, dass es kommt. Ein schönes Weihnachtsgeschenk auf jeden Fall!