Leichtathletik-WM: Tschechien hat lediglich eine Goldmedaille im Gepäck

Zuzana Hejnová (Foto: ČTK)

Die Leichtathletik-WM in Peking ist seit Sonntag schon wieder Geschichte. Die tschechischen Sportler haben von ihr – wie auch bei fünf Weltmeisterschaften zuvor – nur eine Medaille mit nach Hause gebracht. Doch diese glänzt golden und wurde von Zuzana Hejnová über 400 Meter Hürden gewonnen.

Tomáš Dvořák  (Foto: Adam Kebrt,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Vor dem Championat in Peking war der Cheftrainer der tschechischen Mannschaft, Ex-Zehnkämpfer Tomáš Dvořák, ziemlich optimistisch. Er glaube daran, dass man bei der WM so erfolgreich sein werde, wie schon einige Male in der Vergangenheit, sagte der 43-Jährige. Er meinte damit die Titelkämpfe von 1997 bis 2001, bei denen Tschechien jeweils zwei WM-Titel holte und er selbst stets dazu beitrug. 1999 in Sevilla und vor zwei Jahren in Moskau kam zudem noch je eine Bronzemedaille hinzu. Diesmal aber gab es nur einmal das goldene Edelmetall: Es wurde von Zuzana Hejnová in beeindruckender Manier auf der mit zehn Hürden bestückten Stadionrunde erlaufen. Dabei sprach noch zu Saisonbeginn sehr wenig dafür, dass die Läuferin aus Liberec / Reichenberg, die bei Dukla Prag unter Übungsleiter Dalibor Kupka trainiert, tatsächlich wieder so richtig in Schwung kommt. Der Grund dafür waren langwierige Verletzungen, die ein intensives Training monatelang verhinderten und sie somit weit zurückwarfen. Nach ihren Siegen auf den internationalen Meetings in Paris und Stockholm im Juli aber kamen Form und Selbstvertrauen rechtzeitig bei ihr zurück. Auch in Peking steigerte sich Hejnová von Lauf zu Lauf, und das Finale gewann sie dann sogar in der Jahresweltbestzeit von 53,50 Sekunden. Sie kam mit zwei, drei Metern Vorsprung vor der zweitplatzierten Amerikanerin Shamier Little ins Ziel, das Rennen hatte ihr jedoch alles abverlangt:

Zuzana Hejnová  (Foto: ČTK)
„Das sieht nur so leicht aus, war es aber nicht. Ich habe mir gesagt, dass ich nur auf meine Bahn achten muss. Die Gegnerinnen habe ich daher kaum wahrgenommen, sondern mich nur auf mich und meine Schritte konzentriert. Denn ich wusste, wenn ich keinen Fehler mache, dann sollte auch der Titel herausspringen.“

Dieses Vorhaben hat Hejnová in die Tat umgesetzt und damit als eine der ganz wenigen Sieger von Moskau ihren Titel erfolgreich verteidigt. Nach Speerwerfer Jan Železný und dem bereits erwähnten Tomáš Dvořák ist sie unter ihren Landsleuten erst die dritte Athletin, der dies gelungen ist. Der Triumph von Peking aber freue sie ganz besonders, so die Wahl-Pragerin:

Hejnová: „Dieser Titel war sicher schwerer zu gewinnen, denn die Konkurrenz war sehr ausgeglichen. Zudem musste ich fast das gesamte letzte Jahr wegen meiner Verletzung pausieren.“

„Dieser Titel war sicher schwerer zu gewinnen, denn die Konkurrenz war sehr ausgeglichen. Zudem musste ich fast das gesamte letzte Jahr wegen meiner Verletzung pausieren, daher habe ich nicht so recht geglaubt, dass ich zum Saisonhöhepunkt wieder ganz oben stehen werde.“

Ihren Sieg feierte Hejnová am vergangenen Donnerstag, am fünften der insgesamt neun Wettkampftage. Bis dahin hatte noch keiner aus dem tschechischen Team das Siegerpodest bestiegen – auch nicht Speerwerfer Vítězslav Veselý, der wie Hejnová als Titelverteidiger angereist war. Veselý bestritt seinen Wettkampf am gleichen Tag wie die Hürdenläuferin, die daher auch mitbekommen hatte, dass ihr Landsmann nicht seinen besten Tag hatte:

Julius Yego  (Foto: ČTK)
„Mir tat Vítězslav Veselý sehr leid, als ich ins Stadion kam und an der Anzeigetafel feststellen musste, dass er nicht unter den besten Drei ist. Umso mehr wollte ich eine Medaille gewinnen, und für mich stand dabei außer Frage, dass ich um Gold laufe.“

Mit der Weite von 83,13 Metern belegte Veselý, dessen persönliche Bestleistung bei 88,34 Meter steht, diesmal nur den achten Platz. Allerdings in einem Wettkampf, der die Zuschauer förmlich von den Sitzen riss. Der neue Weltmeister Julius Yego aus Kenia schleuderte den Speer auf sagenhafte 92,72 Meter, der Ägypter Abdelrahman El-Sayed und der Finne Tero Pitkämäki, die Silber und Bronze gewannen, erzielten mit knapp 89 Metern beziehungsweise 87,64 Meter ebenso hervorragende Weiten.

Vítězslav Veselý  (Foto: ČTK)
„Solch einen starken Wettkampf, bei dem 86 Meter nicht einmal zum sechsten Platz reichten, habe ich noch nicht erlebt“, bekannte Veselý.

In der Finalkonkurrenz hatte der Tscheche zunächst Mühe, überhaupt unter die besten Acht zu kommen. Das schaffte er erst im dritten Durchgang und sicherte sich damit drei weitere Würfe. Doch auch die konnte er nicht nutzen, um sich entscheidend zu verbessern:

Jakub Holuša  (2. von links). Foto: ČTK
„Ich habe den schnellen Anlauf nicht gemeistert. Ich hatte Angst, die Abwurflinie zu übertreten, daher habe ich mich am Ende des Anlaufs bei allen Würfen fallengelassen, was nicht gut ist. Vermutlich war ich im Kopf etwas blockiert, ich habe mich wirklich schlecht orientiert.“

Ebenfalls mit großen Hoffnungen war Mittelstreckler Jakub Holuša zur WM gereist. Bei der Hallen-Europameisterschaft Anfang März in Prag hat er etwas überraschend den Titel über die 1500 Meter gewonnen, später hat er beim Meeting der Diamond League in Stockholm den 32 Jahre alten Landesrekord auf dieser Distanz verbessert. Deshalb hatte sich der 27-Jährige auch in Peking einiges ausgerechnet, doch zu seiner großen Enttäuschung scheiterte er bereits im Vorlauf.

Barbora Špotáková  (Foto: ČTK)
„Als wir auf die Zielgerade einbogen, war ich Dritter und auch innerlich gelöst. Doch dann ging auf einmal gar nichts mehr. Ich bin fest geworden, mehrere Konkurrenten zogen an mir vorbei und ich konnte mich nicht mehr aus dieser Zwickmühle befreien.“

In seinem Vorlauf wurde Holuša nur Achter und schied so früh aus. Im Speerwerfen der Frauen überstand Doppel-Olympiasiegerin Barbora Špotáková die Qualifikation zwar mühelos, doch umso schlechter war ihre Leistung im Finale am Sonntag. Der erste Wurf misslang ihr völlig, der zweite Versuch lag ebenso unter 60 Meter, und im dritten Durchgang brachte es sie gerade einmal auf 60,08 Meter. Das war zirka ein halber Meter zu wenig, um zumindest auf Platz 8 und so noch in den Showdown mit drei weiteren Versuchen vorzustoßen.

Špotáková: „In diesem Jahr ist meine Technik leider nicht stabil, zudem war ich nach der Qualifikation schrecklich müde. Noch gestern fühlte ich mich miserabel und dachte mir bereits, dass ich keine Wunder vollbringen werde.“

„In diesem Jahr ist meine Technik leider nicht stabil, zudem war ich nach der Qualifikation schrecklich müde. Noch gestern fühlte ich mich miserabel und dachte mir bereits, dass ich keine Wunder vollbringen werde“,

kommentierte die Weltmeisterin von 2011 ihre dürftige Vorstellung. Und sie nannte auch den Grund dafür, warum sie so instabil sei – es ist der fehlende Trainer. Im Vorjahr hatte sie sich von ihrem langjährigen Trainer Jan Železný getrennt, auch weil sie mehr Zeit mit ihrem jetzt zweijährigen Sohn verbringen wollte. Die Wettkampfvorbereitung in Eigenregie aber erwies sich nicht als optimal, konstatiert die 34-Jährige heute:

„Wegen der Pleite in Peking geht die Welt nicht unter. Ich werde mich nicht lange grämen, sondern vielmehr eine Strategie für das nächste Jahr suchen, um besser in Form zu sein. Als ich mich für eine Fortsetzung meiner Karriere entschieden habe, dachte ich schon an Rio. In diesem Jahr wollte ich es etwas ruhiger angehen, doch das ist nun dabei herausgekommen.“

Jaroslav Bába  (Foto: ČTK)
Zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro will im nächsten Jahr auch noch Hochspringer Jaroslav Bába antreten. In Peking stand er bereits zum sechsten Male in einem WM-Finale, mit der bewältigten Höhe von 2,29 Meter landete er auf dem siebten Platz. Das Ergebnis sah er anschließend realistisch:

„Ich dachte, dass ich auch die 2,33 Meter meistern werde, und es ärgert mich, es nicht geschafft zu haben. Ein Versuch war indes sehr knapp. Doch selbst diese Höhe hätte nicht gereicht. Für eine Medaille hätte ich 2,36 Meter überqueren müssen.“

In zwei Jahren finden die Weltmeisterschaften in London statt. Dort könnte er den Rekord an Finalteilnahmen weiter ausbauen, doch das ist für Bába derzeit noch kein Thema:

„Soweit blicke ich nicht nach vorn. Ich wage momentan nicht zu sagen, ob ich in zwei Jahren noch dabei sein werde oder nicht. Mein erstes Ziel ist Olympia. Danach wird man sehen. Im kommenden Jahr werde ich 32, da wird sich zeigen, ob mein Körper noch mitmacht.“

Die nächste große Herausforderung für die tschechischen Leichtathleten sind also die Spiele in Rio. Zur Weltmeisterschaft 2017 in London werden dann wohl schon einige neue und jüngere Athleten aus Böhmen und Mähren an den Start gehen.

Autor: Lothar Martin
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