Lieder auf Gedichte aus dem KZ Theresienstadt – Lenka Lichtenbergs neues Album

Lenka Lichtenberg

Lenka Lichtenberg ist die erste Musikerin, die mit einem tschechischsprachigen Album den wichtigsten kanadischen Musikpreis gewinnen konnte – den sogenannten Juno Award. Die Platte heißt „Thieves of Dreams: Songs of Theresienstadt’s Secret Poetess“ (Traumdiebe: Songs von Theresienstadts geheimer Poetin). Sie enthält 16 Lieder, die auf Gedichten basieren, die Lichtenbergs Großmutter im Konzentrationslager Theresienstadt geschrieben hat.

Lenka Lichtenberg ist eine kanadische Musikerin aus einer tschechisch-jüdischen Familie. Geboren wurde sie 1955 in Prag. Schon als Kind trat sie im Theater „Divadlo Semafor“ auf. Mit 18 Jahren emigrierte sie nach Dänemark und Ende der 1980er Jahre dann nach Kanada. Da sie sich bereits in Prag ihrer jüdischen Wurzeln bewusst geworden war, konzentriert sie sich auf jiddische und tschechische Musik.

Foto: Thieves of Dreams,  Zloději snů/Conseil des arts du Canada z

Das neue Album entstand, nachdem Lenka Lichtenberg die Gedichte ihrer Großmutter Anna Hana Fries aus dem Konzentrationslager Theresienstadt entdeckt hatte – und zwar in den Hinterlassenschaften ihrer Mutter. Die Verse schrieb ihre Großmutter in der Zeit zwischen 1942 und 1945.

Die Familie Fries wurde Ende 1942 aus Jaroměř / Jermer in Ostböhmen deportiert, sie kamen am 23. Dezember des Jahres ins KZ Theresienstadt. Während Lenka Lichtenbergs Mutter und Großmutter den Holocaust überlebten, wurde der Großvater in Auschwitz ermordet.

„Ich wollte dich verfluchen…“

In den Gedichten der Großmutter geht es unter anderem um ihre verzweifelte Lage, sowie die schwere Situation für ihre Familie und alle anderen Juden. Einer der Songs heißt „Chtěla jsem tě proklít, hořká země“. Der Text geht so: „Ich wollte dich verfluchen, bitteres Land, weil du so komisch umgegangen bist mit meinem Glauben und meinen Hoffnungen, weil du gelogen, komplett gelogen hast…“ Das Ende des Songs lautet aber: „Ich wollte dich verfluchen, aber ich hab es nicht getan.“

Lenka Lichtenberg | Foto: Jana Šustová,  Tschechischer Rundfunk

In einem weiteren Song ist die Stimme von Lenka Lichtenbergs Mutter zu hören. Die Aufnahme stammt von einem späteren Besuch in der Heimatstadt Jaroměř. Die Mutter steht da im Gang des früheren Hauses, in dem die Familie gewohnt hat und schildert den Moment, als sie von den Nazis deportiert wurden. Sie sagt: „Das ist wirklich der traurigste Hausgang meines Lebens, weil er zur Tür führt, hinter der ich glückliche Momente in der Familie verlebt habe. Dort war das Namensschild Richard Fries angebracht. Wir haben zum letzten Mal am 17. Dezember 1942 die Türe geschlossen – mit dem Befehl, die Schlüssel nach Hradec Králové zu bringen, wo sie alle Juden aus dem Kreis zusammenführten. In jedem Transport waren eintausend Menschen. In Hradec Králové mussten wir alles auf einen Tisch legen und abgeben, auch die Schlüssel.“

Autor: Till Janzer
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