„Living Large“ von Kristina Dufková im Rennen um Europäischen Filmpreis
Am Samstag wird in Luzern der Europäische Filmpreis vergeben. Im Rennen um einen der „europäischen Oscars“ ist auch ein tschechischer Film, und zwar „Život k sežrání“ („Leben XXL“ / „Hungrig aufs Leben“ / „Living Large“) von Kristina Dufková.
Der Animationsfilm „Život k sežrání“ ist in tschechisch-slowakisch-französischer Koproduktion entstanden. Er erzählt vom zwölfjährigen Ben, der eine Band hat, sich zum ersten Mal verliebt und der vor allem sehr, sehr gerne isst. Deswegen ist er dick und wird von seinen Mitschülern gemobbt. Die Vorlage für den Stop-Motion-Film bot das Buch „La Vie, en gros“ des französischen Schriftstellers Mikaël Ollivier (auf Deutsch in Übersetzung von Rosemarie Griebel-Kruip unter dem Titel „Liebe, Quark und Schokotorte“ erschienen). Kristina Dufková ist die Regisseurin der tschechischen Verfilmung und erläuterte gegenüber Radio Prag International:
„Als ich dieses Buch gelesen habe, wusste ich gleich, dass ich damit arbeiten möchte. Denn mir gefiel die Stimmung und die Energie, und dies wollte ich gern filmisch umsetzen.“
Wie Dufková weiter ausführt, habe sie auch ein persönlicher Blick dazu gebracht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen:
„Es geht bei der Geschichte darum, seinen Körper kennenzulernen und ihn mit allen Mängeln zu akzeptieren. Ich habe das Buch zusammen mit meiner Tochter gelesen, die jedoch nicht fettleibig war, sondern sehr zierlich. Damals schossen mit einem Mal alle um sie herum in die Höhe, nur sie nicht. Das war bei uns zuhause ein großes Thema. An der Geschichte mag ich, dass sie Kindern aufzeigt, dass sie nicht alleine sind. Denn jeder hat mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen, auch wenn es zunächst nicht so aussehen mag.“
Bis aber aus dem Buch ein Film wurde, verging viel Arbeit. Denn Dufková musste die literarische Vorlage zunächst in Absprache mit dem Autor erweitern, um ein Drehbuch für einen abendfüllenden Film zu erstellen. Die Dreharbeiten mit den Silikonfiguren hätten anschließend ganze 120 Wochen gedauert, so Dufková im Interview. Anschließend arbeiteten sechs Animateure an dem aufgenommenen Material. Warum aber hat sich Dufková für einen Animationsfilm entschieden und das Thema nicht eher einem Spielfilmregisseur überlassen?
„Als ich auf dieses Buch gestoßen bin, wusste ich, dass ein Animationsfilm großes Potential hätte. Denn darin kann man viel mehr mit Übertreibungen und Humor arbeiten, was das Thema ein wenig auflockert. Ich wollte einen Film machen, in dem sich die Kinder mit Ben identifizieren können, ohne dass es ihnen unangenehm ist. Deshalb eignen sich Figuren, denn eigentlich ist Ben ja gar kein richtiger Mensch.“
Seine Premiere hatte „Život k sežrání“ im Juni beim Internationalen Animationsfilmfestival in Annecy und erhielt dort prompt einen Jurypreis. Auch bei vielen weiteren Festivals wurde der Film gezeigt, so etwa beim Schlingel in Chemnitz, wo er zwei Auszeichnungen erhielt.
Nun tritt „Život k sežrání“ im Rennen um den Europäischen Filmpreis an. Ob sich diese tschechische Produktion gegen die 14 Konkurrenten durchsetzen kann, wird am Samstag feststehen, wenn die Preise in Luzern überreicht werden. Die Auszeichnung wird insgesamt bereits zum 37. Mal verliehen. „Život k sežrání“ kämpft um den Hauptpreis in der Kategorie „Bester europäischer Film“, in der zum ersten Mal auch Animationsfilme antreten durften. Gleichzeitig ist das Werk aber auch in der gesonderten Animationsfilmsektion nominiert. Bei der feierlichen Gala werden zudem die Preise in weiteren Wettbewerbskategorien übergeben wie etwa „Beste Darstellerin“ oder „Bester Dokumentarfilm“.