Nationale Tragödie – der Brand des Nationaltheaters vor 140 Jahren
Der Bau des Nationaltheaters in Prag war eine weltweit einmalige Aktion: Er wurde fast ausschließlich aus Spenden finanziert. 30 Jahre lang sammelten die Menschen dafür „Kreuzer für Kreuzer“. Auch deswegen war der Brand des bereits eröffneten Theaters am 12. August 1881 ein großes Unglück.
Noch am Nachmittag des schicksalhaften Tages brachten Klempner auf dem Dach kupferne Blitzableiter an. Dafür benutzten sie auch Lötsteine, also Ammoniumchlorid. Um 16.30 Uhr waren sie fertig und schütteten drei Handvoll heiße Kohlen in die Dachrinne. Um 17 Uhr begann es zu regnen, und das Wasser lief die Rinne herunter. Mehrere Augenzeugen bemerkten zu diesem Zeitpunkt bereits Rauch, später stiegen meterhohe Flammen auf.
Zu den Ersten, die das Feuer auf dem Dach löschten, gehörte der Bildhauer Bohuslav Schnirch (das von ihm geschaffene Dreigespann ziert das Theater noch heute). Doch schon nach ein paar Minuten versiegte das Löschwasser. Der Eiserne Vorhang war nur teilweise heruntergelassen, da unter ihm noch das Gerüst für die Stuckateure stand. Das Feuer konnte sich dadurch ungehindert im Zuschauerraum ausbreiten. Außerdem wehte draußen ein starker Wind, der das Feuer zusätzlich anheizte. Auch das Restgas in den Leitungen entzündete sich. Es gab eine ganze Reihe ähnlicher unglücklicher Zufälle. Auch deswegen tauchten viele Spekulationen auf – unter anderem, dass die Prager Deutschen hinter dem Brand gesteckt haben könnten.
Das Feuer zerstörte die gesamte Dachkonstruktion, die Bühne und den Zuschauerraum – einschließlich der Dekoration für Smetanas „Libuše“, mit der das Nationaltheater zwei Monate zuvor eröffnet worden war. Die Eingangshalle, das Foyer, die Loggia und eine Reihe von Räumen wie das Archiv, die Garderobe und das Theaterbüro blieben hingegen erhalten. Die Feuerwehrleute konnten auch viele Kunstwerke retten. Die „Erste Böhmische Wechselseitige Versicherungsgesellschaft für Brand- und Hagelschäden“ zahlte eine Entschädigung von fast 300.000 Gulden. Heute entspräche das einer Summe von etwa drei Millionen Euro.
Doch dieser Betrag deckte nicht den gesamten Schaden ab, sodass sich die Nation einmal mehr selbst behalf. Innerhalb von vier Wochen kamen über eine Million Gulden zusammen, und zwei Jahre erstrahlte die „Goldene Kapelle“ wieder in ihrer ganzen Pracht, sogar mit elektrischer Beleuchtung. Mit dem Wiederaufbau wurde der Architekt Josef Schulz betraut, der später auch das Nationalmuseum und Kunstgewerbemuseum in Prag entwerfen sollte. Josef Zítek, der den ursprünglichen Bau projektiert hatte, lehnte den Auftrag aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit dem Bauausschuss ab und betrat das Gebäude danach nie wieder. Die zweite Eröffnung des Nationaltheaters fand am 18. November 1883 statt – erneut mit einer Aufführung von Smetanas „Libuše“.