Nicht wie – sondern was man hört ist entscheidend
Auch heute wollen wir wieder in der Postmappe blättern, aus Ihren Briefen zitieren sowie auf die von Ihnen gestellten Fragen eingehen. Unter anderem wird über den so genannten Codex gigas berichtet. Wir stellen die Klöster in Böhmen vor, in denen diese Bibel aufbewahrt wurde.
Gleich am Anfang möchten wir uns für alle Briefe, E-Mails und Empfangsberichte bedanken, die wir in der letzten Zeit erhalten haben. Unser Dank geht unter anderen an: Hans Gosdschan aus Cottbus, Franz Schanza aus Schrems, Sascha Scholz aus Bad Arolsen und Gerhard Schreier aus Wiesloch.
Mit Freude konnten wir feststellen, dass unsere Hörerinnen und Hörer uns immer häufiger davon berichten, dass sie sich nach der Abschaltung der Kurzwelle allmählich an die neuen Möglichkeiten gewöhnt haben, unsere Sendungen zu empfangen. Nach und nach finden manche sogar Gefallen daran:
„Zwar empfange ich jetzt die Programme über Satellit, aber dies ist für mich eher eine Verbesserung als ein Nachteil. Denn der Empfang auf Kurzwelle war doch oft gestört.“Soweit unser Hörer Achim Kissel aus Duisburg. Ein anderer Hörer, Sandro Blatter aus Schwerzenbach in der Schweiz schrieb:
„In der Zwischenzeit habe ich mich an die Sendungen über Satellit gewöhnt und höre Ihre Programme wieder so regelmäßig wie früher über Kurzwelle.“
Klaus Köhler aus Probstzella bezieht sich in seinem Brief auf das Jubiläum, das Radio Prag im August gefeiert hat:
„Wenngleich auch sehr verspätet, möchte ich mich den zahlreichen Hörerfreunden aus dem deutschsprachigen Raum anschließen und Ihnen allen dazu recht herzlich gratulieren. Verbunden mit dem Wunsch, Radio Prag auch weiterhin klar und deutlich empfangen zu können - der Empfangsweg spielt hierbei für mich eine untergeordnete Rolle. Das Hören an sich ist wichtig, um auch weiterhin über ein mir sehr ans Herz gewachsenes Nachbarland aktuell informiert zu werden!“Und im Zusammenhang mit der Sendereihe Musik Czech lobt Peter Vaegler das Medium Internet:
„Ich fand es gut, dass die Gruppe Kryštof mit mehreren Titeln vorgestellt wurde. So erhält man einen besseren Überblick über die musikalische Vielfalt einer Band, als wenn man nur einen Titel spielt. Ich muss sagen, durch das Internet ist die Verständlichkeit bei Musikaufnahmen natürlich auch viel besser.“
Wie wir vor zwei Wochen versprochen haben, wollen wir heute eine ausführliche Frage von Klaus Köhler aus Probstzella beantworten. Er hat im Fernsehen eine Dokumentation über den so genannten Teufelscodex – Codex Gigas gesehen. In diesem Zusammenhang wurden auch drei Klöster in Böhmen genannt: Podlažice, Sedlec und Břevnov. Herr Köhler bat uns, diese Stifte kurz vorzustellen. Bevor wir dies tun, möchten wir kurz auf den „Codex Gigas“ eingehen.
Der „Codex Gigas“, der dank einer Zeichnung des Teufels auch als „Teufelsbibel“ bezeichnet wird, gilt heute als die größte Handschrift der Welt. Die Bibel ist fast einen Meter hoch und einen halben Meter breit. Das Buch ist im 13. Jahrhundert in Böhmen entstanden, wird heute aber in der königlichen Bibliothek in Stockholm aufbewahrt. Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde es nämlich – wie viele andere Schätze Prags – von schwedischen Truppen erbeutet und nach Schweden gebracht. Auch auf dem böhmischen Gebiet hat das Buch mehrere Male seinen Aufbewahrungsort gewechselt. Entstanden ist der „Codex Gigas“ in dem Benediktinerkloster im ostböhmischen Podlažice. Und da sind wir schon bei dem ersten Kloster, das Herr Köhler erwähnt hat.
Bei Podlažice muss es sich damals um ein bedeutendes Benediktinerkloster gehandelt haben, von dem aber heute nichts mehr erhalten ist. Es wurde 1150 gegründet, aber ziemlich früh, 1421 durch hussitische Truppen vernichtet. An stelle des Klosters wurde später eine Barockkirche der heiligen Margarethe erbaut, die dort bis heute steht. An den früheren Ruhm des Klosters erinnern der „Codex Gigas“ sowie ein Taufbecken aus dem Jahr 1406, das sich heute in der Kathedrale des Hl. Geistes in Hradec Králové / Königgräz befindet. Dass das Buch gerade in Podlažice entstanden ist, weiß man, weil sich im letzten Teil des Folianten ein großes so genanntes Nekrologium befindet, ein Kalender, in dem eine ganze Reihe von Mönchen dieses Klosters aufgeführt ist.
1245 wurde der Codex dem Zisterzienserkloster in Sedlec / Sedletz in der Nähe von Kutná Hora / Kuttenberg verpfändet. Dabei handelte es sich um die älteste Zisterzienserabtei im Königreich Böhmen. Sie wurde 1142 gegründet und erlebte im 13. Jahrhundert ihre Blütezeit. Damals war sie eines der bedeutendsten Klöster in Böhmen. Auch dieses Stift traf das gleiche Schicksal, wie viele Kirchendenkmäler hierzulande – im 15. Jahrhundert wurde es durch Hussiten erobert und in Brand gesetzt. Trotzdem blieb die gotische Konventskirche bis heute erhalten – allerdings mit Baulichen Änderungen aus der Barockzeit, an denen sich unter andrem der berühmte Architekt Giovanni Santini beteiligte. Die Kathedrale steht zusammen mit bedeutenden Bauten im nahen Kuttenberg sogar auf der Weltkulturerbeliste der Unesco.
Die Teufelsbibel ist in Sedlec aber nicht lange geblieben. Ihr Weg führte 1295 in das Benediktinerkloster in Břevnov / Breunau, das heute auf dem Gebiet Prags liegt. Es ist das älteste Männerkloster in Böhmen. Gegründet wurde es 993 von Fürst Boleslav II. und dem heiligen Adalbert. Die heutigen Barockgebäude wurden im 18. Jahrhundert nach den Plänen von Christoph Dientzenhofer gebaut, die Ausschmückung der Basilika wurde von seinem Sohn Kilian Ignaz entworfen. Das Kloster verdient beim Prag-Besuch sicher eine Visite – sei es wegen seiner Barockschätze, seiner romanischen Krypta, oder seinem Barockgarten aus dem 18. Jahrhundert.Aus Břevnov / Breunau wanderte die Teufelsbibel nach Broumov / Braunau, in ein Benediktinerstift in Ostböhmen, bis Kaiser Rudolf II. es 1594 nach Prag übertragen ließ. Und das weitere Schicksal, nämlich das es von Schweden erbeutet und nach Stockholm gebracht wurde, ist Ihnen bereits bekannt.
Hoffentlich hat die kurze Beschreibung der Klöster im Hörerforum Ihre Erwartung erfüllt, Herr Köhler. Jedes der erwähnten Stifte würde sicher eine selbständige Sendereihe verdienen. Wir werden Ihr Interesse unserer Kollegin Martina Schneibergová übermitteln, und wahrscheinlich erfahren Sie im Reiseland Tschechien oder Spaziergang durch Prag in der Zukunft noch mehr über diese Kirchendenkmäler.Für heute sind wir am Ende unserer Sendung angelangt. In zwei Wochen gibt es eine neue Ausgabe. Bis dahin schreiben Sie uns bitte auch weiterhin an die bekannten Adressen! Per Post an Radio Prag – Deutschsprachige Redaktion, Vinohradská 12, 120 99 Prag 2, Tschechische Republik, oder per Email an: [email protected]. Wir freuen uns auf ihre Zuschriften. Machen Sie es gut!