Identität und Motiv des Polizisten-Mörders in Prager Metro ist ermittelt
Der Schock saß tief, als sich am vergangenen Freitag gegen 18 Uhr in der Prager Metrostation Muzeum ein erschreckendes Blutbad ereignete, bei dem ein 39-jähriger Polizist getötet und ein 74-jähriger Rentner schwer verletzt wurden. Auch in unserer Redaktion, die nur einen Steinwurf vom Tatort im oberen Bereich des Wenzelsplatzes entfernt liegt, war das Entsetzen groß. Umso mehr, da sowohl die Identität des Täters als auch dessen Motiv lange Zeit nicht bekannt waren. Doch am Dienstag konnte die Prager Kriminalpolizei endlich Näheres dazu vermelden. Lothar Martin fasst zusammen.
Doch was war schon normal an jenem Freitag, als ein russisch sprechender Mann zunächst Knallkörper in den Schacht der Prager Metro warf, worauf er von einem 74-Jährigen zur Rede gestellt wurde. Doch anstatt eine Antwort zu geben, zog der Täter sein überlanges Messer und stach den Rentner nieder. Alle anderen Fahrgäste hatten nach den ohrenbetäubenden Feuerwerksexplosionen und erst Recht nach der ersten Bluttat den Stationsbereich fluchtartig verlassen. Ein herbeigeeilter Polizist der Polizeiabteilung der Prager Metro wollte sich des Vorgangs annehmen, doch leider zu unprofessionell. Anstatt rechtzeitig von seiner Dienstwaffe Gebrauch zu machen, verstrickte er sich in eine überflüssige Diskussion mit dem Täter und wurde in einem unaufmerksamen Augenblick, als er sein Diensthandy für die Anforderung von Verstärkung gebrauchte, ebenso vom Täter niedergestochen.
"Wenn sich solch eine Situation in Amerika abgespielt hätte, wäre sie nicht so katastrophal ausgefallen. Dort hätte der Polizeibeamte auf solch einen Burschen gleich geschossen." Diese Worte gab der 24-jährige Eishockeyspieler Jaroslav Ceský von sich, nachdem er den Täter mit einem mutigen Sprung zu Boden gestreckt und dann überwältigt hatte. Ceský war gerade von einem Studienaufenthalt aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt und wusste, wovon er sprach. Der niedergestochene Polizeifähnrich Ján Mato erlag leider seinen Verletzungen. Sein Tod warf einmal mehr die Frage nach Bewaffnung und Ausbildung der Prager Stadtpolizei und andere Ordnungshüter, wie eben die Abteilung der Metropolizei auf. "Dieser Fall zeigt, in welchem Zustand sich die Polizei befindet. Falls nämlich ein gewöhnlicher Polizist auf einen bewaffneten Täter trifft, dann machen seine katastrophale Ausbildung und Ausrüstung ihn zu einem Schaf, das zur Schlachtbank geht," lautet das niederschmetternde Urteil, das Experten zu diesem Thema abgaben. Der Prager Polizeidirektor gab inzwischen bekannt, dass man die Abteilung der Metropolizei in Zukunft mit anderer Munition sowie mit Schutzwesten ausstatten wolle. Und der Täter selbst. Der schwieg die ersten Tage beharrlich zu seinem Tatmotiv und zu seiner Identität. Bis er von einer Nachbarin seines Prager Aufenthaltsortes im Fernsehen erkannt wurde. Daraufhin gab die Sprecherin der Prager Polizei, Eva Brozová, am Dienstag bekannt: "Es handelt sich um einen 53-jährigen Bürger aus Russland, der seit 1994 legal in der Tschechischen Republik lebte, seit dem Jahr 2000 aber illegal. Er war als Bauarbeiter beschäftigt. Aus dem Verhör des Täters und aus Beweisen geht hervor, dass es sich von seiner Seite um keinen terroristischen Angriff handeln sollte." Und was war dann sein Tatmotiv? Dazu Eva Brozová: "Zum Motiv des Täters wird angeführt, dass er auf die Probleme bei der Legalisierung des Aufenthaltes von Ausländern in der Tschechischen Republik aufmerksam machen wollte."Den 39-jährigen Polizisten zog dieses Motiv in den Tod, der 74-jähriger Rentner überlebte nach geglückter Operation die Wahnsinnstat des Russen.